Wenn in Bremen die Wohngeldstelle Thema ist, dann meistens im Zusammenhang mit Kritik an ausufernden Bearbeitungszeiten. Im Moment vergehen nach Angaben der Baubehörde im Schnitt rund fünf Monate vom Antrag bis zum Bescheid, es waren im vergangenen Jahr auch schon mal etwa sieben. Das ist kein bremisches Phänomen, auch in anderen großen Städten wie etwa München müssen die darauf angewiesenen Menschen oft lange auf den Zuschuss zur Miete warten. Aus Sicht der Behörden ist ein großer Teil des Problems der hohe bürokratische Aufwand, der durch komplizierte Vorgaben im bundesweit geltenden Wohngeldgesetz entsteht (wir berichteten).
Bremen will nun den Anstoß dazu liefern, das Gesetz und damit das Bearbeitungsverfahren zu vereinfachen – nicht nur mit der allgemeinen Forderung nach Bürokratieabbau, sondern konkreten Vorschlägen. Hintergrund ist, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor Kurzem eine neue Reform des Wohngeldgesetzes für das kommende Jahr angekündigt hatte. An diesem Freitag ist Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) in Bremen zu Gast und trifft dabei auch mit Bausenatorin Maike Schaefer (Grüne) zusammen, die ihr bei dieser Gelegenheit eine vierseitige Liste überreichen wird (liegt dem WESER-KURIER vor). Die Fachleute aus dem Ressort sind Paragraf für Paragraf im Wohngeldgesetz durchgegangen und haben für viele Stellen Änderungsvorschläge und jeweils ihre Begründung aufgeschrieben.
"Ziel muss es sein, die aufgeblähte Bürokratie, die sich in den vergangenen Jahren durch vermeintliche Wohngeld-Novellen ergeben hat, zu korrigieren", sagt Maike Schaefer. Nur so sei zu gewährleisten, dass Menschen, die diese staatliche Unterstützung dringend benötigten, sie auch fristgerecht erhielten. "Und genau das ist momentan in deutschen Großstädten nicht zu gewährleisten, weil den Kommunen immer wieder Vorgaben des Bundes auf die Füße gefallen sind." Auch Jörg Sowa, als Leiter der Landesbehörde Wohngeld federführend an den Änderungsvorschlägen beteiligt, sagt: "Wir sollten die Chance nutzen, dass die neue Gesetzesreform eine echte Reform wird und am Ende die Kunden profitieren."
Vorschlag zur Mitteilungspflicht
Zu den wichtigsten Reformansätzen gehört aus Sowas Sicht, die Vorgaben für die Mitteilungspflicht bei Änderungen des Einkommens zu verschlanken. Bislang gilt unter anderem, dass alle Empfänger von Wohngeld melden müssen, wenn sich ihr Einkommen um mehr als 15 Prozent verringert oder erhöht – die Bescheide müssen dann jeweils neu bewilligt werden. Bremen schlägt dagegen vor, dass das erst ab einer Veränderung von mehr als 30 Prozent geschehen soll. Gehe man von einem durchschnittlichen Einkommen der Wohngeldempfänger aus, rede man bei Einkommensänderungen um 15 Prozent oft von Beträgen im einstelligen Bereich, sagt Sowa. Lockern könnte man die Mitteilungspflicht aus seiner Sicht auch für Einkommen, die sich nur für einen kurzen Zeitraum ändern, etwa im Fall von Studenten, die Ferienjobs annehmen – von bislang zwei auf drei Monate.
Die Vorgaben für Änderungen des Einkommens seien auch deshalb in der Praxis sehr anspruchsvoll, weil Wohngeld nicht pro Person, sondern pro Haushalt beschieden werde, sagt Arne Sünnemann, Abteilungsleiter für Stadtentwicklung und Wohnungswesen. "Viele Haushalte mit mehreren Personen, bei denen sich das Einkommen geringfügig verändert, sind mit den Meldevorgaben dann schnell überfordert."
Auch für die Berechnung, welche Einnahmen zum Jahreseinkommen zählen, empfiehlt Sowa eine Vereinfachung. "Bislang ist das sehr komplex, es gibt 30 Ausnahmen und in Einzelfällen ist unklar, was wie anrechenbar ist", sagt er. Ebenso ist der Zeitraum, für den Bewilligungen gelten, aus Sicht der Bremer eine Möglichkeit, das Prozedere für Sachbearbeiter wie Kunden einfacher zu machen. "Wenn sich nichts grundlegend ändert wie in vielen Fällen bei Rentnern, können Bescheide aus unserer Sicht statt 18 Monaten auch 24 Monate gelten", sagt Sowa.
Verfahren über Sozialamt abwickeln
Wohngeld beantragen können auch Bewohner von Heimen, wenn sie diese Kosten nicht selbst tragen können, weil ihre Rente zu gering ist. Diese Gruppe macht laut Arne Sünnemann, Abteilungsleiter für Stadtentwicklung und Wohnungswesen, etwa fünf Prozent der Bremer Wohngeldempfänger aus. Sie könnte man aus der Zuständigkeit der Wohngeldstelle nehmen, so der Vorschlag, und die Verfahren über das in diesen Fällen sowieso über die Kosten der Unterkunft involvierte Sozialamt abwickeln. "Für die Kunden entsteht kein Unterschied", sagt Sünnemann.
Die grundsätzliche Sorge ist, dass angesichts der Energiekrise und der von Bundeskanzler Scholz angekündigten Ausweitung des Berechtigtenkreises die Zahl der Anträge zunehmen wird. "Wenn dann das Wohngeld nicht schnell bei den Menschen ankommt, weil sich strukturell nichts ändert, nützt auch eine weitere Erhöhung nichts", sagt Sünnemann. "Unser Ziel ist deshalb, dass unsere Vorschläge angenommen werden." Senatorin Schaefer will das Thema auch in der Bauministerkonferenz im September einbringen.