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Nächste Bürgerschaftswahl 2019 CDU Bremen sucht den Siegertypen

Die Bürgerschaftswahl 2019 wirft ihre Schatten voraus. Die CDU hofft, die jahrzehntelange Dominanz der Sozialdemokraten brechen zu können, doch die Frage nach dem Spitzenkandidaten ist noch offen.
15.10.2017, 18:45 Uhr
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CDU Bremen sucht den Siegertypen
Von Jürgen Theiner

Die Ausgangslage war noch nie so günstig. Anderthalb Jahre vor der nächsten Bürgerschaftswahl spürt die Bremer CDU erstmals eine realistische Chance, die Sozialdemokraten aus der Regierungsverantwortung zu verdrängen. Bräuchte es dafür noch einen Beleg, die Bundestagswahl hätte ihn geliefert. Ganze 1,6 Prozent betrug der Abstand zwischen SPD und CDU noch auf Landesebene, in der Stadt Bremen lagen die beiden großen Parteien sogar fast gleichauf. Auch die übrigen Vorzeichen stehen günstig: Das rot-grüne Regierungsbündnis funktioniert zwar noch, das Feuer der Leidenschaft zwischen den Partnern hat aber schon mal stärker gelodert. Der finanzielle Spielraum des amtierenden Senats bleibt wegen der Schuldenbremse noch bis 2019 sehr eingeschränkt. Und schließlich: SPD-Bürgermeister Carsten Sieling ist nicht die Persönlichkeit, die mit ihrem Charisma die Probleme des kleinsten Bundeslandes überstrahlen könnte, so wie das manchen seiner Vorgänger gegeben war.

Aus solch einer Konstellation muss die Opposition eigentlich etwas machen. In der CDU gäbe es durchaus jemanden, der diesen Ehrgeiz besitzt. Die Frage ist nur, ob seine Partei ihn lässt. Jens Eckhoff hat schon in jungen Jahren wichtige Partei- und öffentliche Ämter bekleidet. Er war Fraktionschef in der Bürgerschaft und Bausenator in der Zeit der Großen Koalition. Er ist stellvertretender Landesvorsitzender der CDU und Chef des Kreisverbandes Bremen-Stadt. Eine wirkliche Hausmacht, die ihn zu einer Spitzenkandidatur bei der nächsten Bürgerschaftswahl tragen könnte, hat sich der 51-Jährige im Landesverband jedoch nie aufbauen können. In Bremerhaven kriegt er kein Bein an Deck, und auch im eigenen Kreisverband hat er zahlreiche Kritiker, die ihn ihre Abneigung spüren lassen. Genannt sei nur der Abgeordnete Heiko Strohmann, der kürzlich in der Bürgerschaft über Eckhoffs Innenstadtkonzept urteilte, es sei „auch nicht so falsch“. Bereits vor der Wahl 2015 stand Jens Eckhoff in den Startlöchern, doch seine innerparteilichen Widersacher sorgten dafür, dass er dort nicht herauskam.

Mit Eckhoff wäre Jamaika möglich

Einen unschätzbaren Vorteil kann Eckhoff nach wie vor für sich reklamieren: Unter seiner Führung wäre eine sogenannte Jamaika-Koalition am leichtesten herstellbar. Als Präsident der Stiftung Offshore-Windenergie ist er anschlussfähig zu den Grünen, auch die Liberalen würden einem Bürgermeister Eckhoff wohl keine Steine in den Weg legen. Doch was nützt die Zuneigung potenzieller Koalitionspartner, wenn ihn die eigene Partei nicht will? Dort überwiegt die Einschätzung, die Bürgerschafts-Fraktionschef Thomas Röwekamp vertritt und der wohl auch Landeschef Jörg Kastendiek zuneigt: Wenn die CDU nach 70 Jahren SPD-Herrschaft einen Neuanfang für Bremen propagieren will, dann braucht es dafür ein neues Gesicht.

Als ein solch unverbrauchter, möglicher Kandidat gilt Carsten Meyer-Heder. Der 56-Jährige hat in der Überseestadt einen Internet-Dienstleister mit über 1000 Beschäftigten aufgebaut. Parteilos ist er obendrein, was ja für viele Bürger heute bereits einen Pluspunkt darstellt. Doch Meyer-Heder hält sich noch bedeckt. Seit sein Name Ende August durchsickerte, wiederholt er gegenüber den Medien die Aussage, er übernehme für die CDU „jede Rolle, die man mir zutraut“. Das würde natürlich die des Bürgermeister-Kandidaten einschließen. Meyer-Heder hütet sich (noch), diesen Anspruch zu formulieren. Wenn er den rot-grünen Senat kritisiert, klingt er aber wie jemand, der Bürgermeister Carsten Sieling den Fehdehandschuh vor die Füße wirft. „Bremen leidet unter Führungsversagen“, sagt Meyer-Heder. Das kleinste Bundesland sei überall Schlusslicht, „außer bei Kinderarmut und Kriminalität“. Dabei stecke in Bremen sehr viel mehr Potenzial. Es müsse nur gelingen, die weit verbreitete Frustration aus den Köpfen zu vertreiben.

So spricht jemand, der glaubt, es besser hinzukriegen. Und zwar nicht in nachgeordneter Position. Dazu passt ein Nachsatz, der aufhorchen lässt: „Ich bereite meine Rolle in meinem Unternehmen derzeit so vor, dass ich Zeit für politische Betätigung habe.“

Eine "erfreuliche Momentaufnahme"

Das ist also die Ausgangsposition bei der Kandidatenfindung in der CDU: Der erfahrene, aber innerparteilich umstrittene Jens Eckhoff wäre eine Option, Seiteneinsteiger Carsten Meyer-Heder die andere. Eckhoff hält sich in diesen Tagen mindestens so bedeckt wie sein möglicher Konkurrent. Das Bremer Ergebnis bei der Bundestagswahl sei eine „erfreuliche Momentaufnahme“, und nun gelte es, „die Wir-haben-fertig-mit-Rotgrün-Stimmung möglichst bis zur Bürgerschaftswahl zu stabilisieren und in ein Jamaika-Bündnis münden zu lassen“. Zu seinen persönlichen Ambitionen kein Wort.

Es ist nun am Landesvorstand, für die Kandidatenkür ein Verfahren zu präsentieren, aus dem die Partei und die möglichen Bürgermeister-Kandidaten mit möglichst wenig Schrammen herauskommen. Im Mai nächsten Jahres, also ein Jahr vor der Bürgerschaftswahl, soll der Herausforderer von Carsten Sieling proklamiert werden. In sieben Monaten also. „Da muss jetzt was passieren, sonst läuft uns die Zeit weg“, sagt ein CDU-Landesvorstandsmitglied.

Das sieht der Landesvorsitzende Jörg Kastendiek ganz anders. Zur Hast bestehe überhaupt keine Veranlassung, winkt er ab. Aus seiner Sicht wäre es ideal, wenn der Parteibasis ein Konsenskandidat vorgestellt werden könnte. Eine Mitgliederbefragung, der eine Art parteiinterner Wahlkampf mit ungünstiger Außenwirkung vorangehen würde, ist für ihn ausdrücklich „die zweitbeste Lösung“. Doch wer könnte ein solcher Konsenskandidat sein? Immer wieder zu hören ist der Name des Unternehmers und früheren Handelskammer-Präses Christoph Weiss. Wie Meyer-Heder wäre er ein Mann der Wirtschaft, aber einer, der durch seine Gremienarbeit auch politisch bestens vernetzt ist. Ein Herausforderer, der die Stolperdrähte erkennt, die Rot-Grün jedem Seiteneinsteiger spannen würde. Vielleicht gilt für die CDU-Kandidatenfindung, was sich im politischen Geschäft schon oft bewahrheitet hat: Wer als Letzter aus der Deckung kommt, hat die besten Chancen.

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