Die Corona-Krise ist auch ein Konjunkturprogramm für Betrüger aller Art: Nach Zahlen des Landeskriminalamtes Niedersachsen ist etwa der Betrug mit Fake-Shops von Januar bis August um 354 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum angestiegen. In Bremen hatte es im Frühjahr ebenfalls einige dreiste Fälle gegeben, aber in der Summe sind die Zahlen bislang nicht so dramatisch. Im Wesentlichen gibt es drei Maschen, um mit Corona illegal Kasse zu machen.
Fake-Shops: Ende März berichteten wir über vier Großkunden, die im Internet Atemschutzmasken, Desinfektionsmittel und ähnliche Artikel bestellten und dafür 200.000 Euro per Vorkasse bezahlten. Die Ware kam nie an, da die Lieferfirma gar nicht existierte. Durch eine Kontenpfändung konnte die Polizei jedoch 180.000 Euro zugunsten der Opfer sicherstellen. Mittlerweile gibt es „mehrere Betrugsverfahren mit dem Hintergrund des Handels mit Hygieneartikeln“, teilt Polizeisprecher Nils Matthiesen mit. „Zu Beginn der Pandemie gab es in diesem Bereich einen spürbaren Anstieg an Vorgängen, diese sind jedoch seit Wochen wieder deutlich rückläufig.“
Womöglich haben dazu auch die Vorbeuge-Tipps beigetragen, welche die Polizei ab Mitte April verbreitete. So sollten die Kunden niemals einem Link aus einer Spam-Mail folgen, sondern den Namen des gewünschten Händlers immer eigenhändig in den Internetbrowser eingeben. Außerdem könne man Preise vergleichen sowie Suchmaschinen und Diskussionsforen nutzen, um Erfahrungen anderer Kunden mit diesem Shop zu finden.
Falsche Hilfsseiten, erschlichene Mittel: Hier geht es um das Abschöpfen von Firmendaten oder die Aufforderung zur Rückzahlung von Fördergeldern. Betrüger nutzen gefälschte Internetseiten zur Corona-Soforthilfe, indem sie die Zahlungen an Betriebe auf ihre eigenen Konten umleiten. Das Bremer Wirtschaftsressort warnte Antragsteller schon im April vor den gefälschten Links: Demnach sehen die Seiten denen der Bremer Aufbau-Bank (BAB) täuschend ähnlich.
Geben Hilfesuchende dort ihre Daten an, kopieren die Täter diese und nutzen sie dann entsprechend für einen gefälschten Antrag bei der echten Förderbank. Dort geben sie dann die gestohlenen Daten und ihre eigenen Kontodaten an, um die Hilfszahlungen zu bekommen. „Ermittlungen haben ergeben, dass auch die Daten von arbeitssuchenden Personen missbräuchlich benutzt worden sind“, sagt Polizeisprecher Matthiesen.
80 auffällige Hilfsanträge
Für die Gewährung von Soforthilfen im Zusammenhang mit der Corona-Krise sind im Land Bremen die BAB und die Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung (BIS) zuständig. Nach Auskunft der Polizei wurden von der BAB in Bremen-Stadt rund 14.500 Anträge bearbeitet. Wegen einer Vielzahl von Dopplungen könne man von rund 11.000 tatsächlichen Anträgen ausgehen. „Von der BAB wurden hiervon bislang rund 80 Anträge als kritisch oder auffällig bewertet“, sagt Matthiesen.
„In diesen Fällen wurden unter anderem regelmäßig ausländische Konten als Empfängerkonto angegeben.“ Oberstaatsanwalt Frank Passade spricht von ungefähr 100 Verfahren. Und er betont: „In etwa 80 Prozent davon ist kein Schaden entstanden, weil das Geld wegen der verdächtigen Konten gar nicht erst ausgezahlt wurde.“
Falsche Gesundheitsbeamte oder Polizisten: Vermeintliche Kontrolleure suchen Wohnungen auf, um Wertsachen zu stehlen – oder falsche Behördenschreiben fordern die Empfänger auf, per Vorkasse für einen demnächst stattfindenden Test zu zahlen. Zielgruppe sind bevorzugt Senioren, doch die Polizei Bremen berichtet: Straftaten zum Nachteil älterer Menschen im Kontext von Corona wurden seit Beginn der Pandemie nur sehr vereinzelt begangen. Ohnehin schwankten die Fallzahlen hier stark, sagt Matthiesen. „Das hat auch etwas mit reisenden Tätern zu tun.“
Innenbehörde, Staatsanwaltschaft und Polizei betonen zudem, die Zahlen für einen so kurzen Zeitraum seien „nicht geeignet, die tatsächliche Kriminalitätsentwicklung darzustellen“. Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin des Innenressorts, verweist auf die jährliche Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie enthalte nur „Ermittlungsverfahren, die abgeschlossen sind und an die Staatsanwaltschaft abgegeben wurden“. Würde man während des Jahres Zahlen veröffentlichen, gäbe dies ein völlig schiefes Bild, denn: „Ermittlungen werden ja auch eingestellt, wenn sich die Vorwürfe nicht erhärtet haben.“