Der Senat plant für das laufende Jahr ein 1,2 Milliarden Euro schweres Programm zur Bewältigung der Corona-Krise. Das kreditfinanzierte Maßnahmenpaket soll im Wesentlichen die Kosten der Pandemiebekämpfung decken und die Wirtschaft des kleinsten Bundeslandes stabilisieren. Für die Senatssitzung an diesem Freitag liegt nach Informationen des WESER-KURIER ein erstes Arbeitspapier vor, in dem die Konturen des sogenannten Bremen-Fonds in groben Strichen skizziert sind.
Dass die Hansestadt trotz Schuldenbremse überhaupt ein milliardenschweres Krisenpaket beschließen und über Schulden finanzieren kann, wird durch eine Bestimmung in der Landesverfassung ermöglicht. Artikel 131a sieht ausdrücklich vor, dass im Fall einer Naturkatastrophe vom Verbot neuer Kredite abgewichen werden kann. Diese Voraussetzung hält der Senat für erfüllt.
Auf welche Aufgabenfelder verteilen sich die 1,2 Milliarden Euro? Ein erstes wichtiges Stichwort sind die unmittelbaren Ausgaben für die Bekämpfung der Corona-Pandemie. Dabei geht es unter anderem um die Beschaffung von Ausrüstung, Kostensteigerungen in der Bremer Verwaltung – etwa beim Gesundheitsamt – oder beispielsweise den häufigeren Einsatz von Sicherheitsdiensten.
Abgedeckt sind ferner die Kosten für bereits angelaufene Unterstützungsprogramme des Landes, etwa die Hilfszahlungen, die angeschlagene Kleinbetriebe in Anspruch nehmen können. Der Bremen-Fonds soll es zudem ermöglichen, einen Rettungsschirm für öffentliche Unternehmen aufzuspannen. Beispielsweise für die Bremer Straßenbahn AG, die 2020 im schlimmsten Fall einen Verlust von bis zu 35 Millionen Euro einfahren könnte.
Weitere Elemente des Hilfspakets sind Liquiditätshilfen für Privatunternehmen, Programme zur Stimulierung des Arbeitsmarktes und ausdrücklich auch mögliche staatliche Beteiligungen an Bremer Firmen, die in Schieflage geraten sind. Andere Bundesländer haben bereits Gelder für diesen Zweck bereitgestellt, unter anderem Bayern. Konkrete Kandidaten für einen Einstieg der öffentlichen Hand in den Privatsektor gibt es für Bremen aber offenbar noch nicht. Ein letzter, wichtiger Spiegelstrich in dem Senatspapier ist der schulische Bereich. Auch dort geht es darum, die Folgen der Corona-Krise zu mildern.
Was im Einzelnen unternommen werden soll – zum Beispiel bei der Verbesserung der digitalen Ausstattung – ist offen. Überhaupt gibt es bei der konkreten Ausgestaltung des Bremen-Fonds dem Vernehmen nach noch reichlich Spielraum. Schon vor einigen Tagen hatte Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne) klar gemacht, welche Prioritäten aus ihrer Sicht für staatliche Corona-Krisenprogramme gelten müssen. Sie sieht den Akzent auf Themen wie Klimaschutz und Digitalisierung sowie auf Maßnahmen, die die Robustheit der Gesellschaft gegenüber Pandemien erhöhen. Ob Geld für bestimmte Vorhaben ausgegeben werden soll, entscheide sich an der Frage, „ob sie zukunftssicher sind“, so Schaefer.
Die zusätzlichen finanziellen Lasten, die sich das kleinste Bundesland mit dem Bremen-Fonds aufbürdet, sind enorm. Eine ganze Generation wird sie abstottern müssen, der Tilgungsplan sieht einen Abbau der Kredite über 30 Jahre vor. Die 1,2 Milliarden Euro bilden aber nicht die Gesamtsumme für die Kosten zur Bewältigung der Corona-Krise. Aktuell rechnet die Finanzbehörde für das Jahr 2020 mit Steuerausfällen in Höhe von rund 500 Millionen Euro.
Die Steuerschätzung im Mai könnte einen ersten Anhalt liefern, ob sie damit ungefähr richtig liegt. Wie dieses Loch gestopft werden soll, weiß noch niemand. In dem Papier für die Senatssitzung am Freitag steht außerdem, dass eine weitere Aufstockung des Bremen-Fonds im Jahr 2021 erforderlich werden könnte.
Einarbeitung in das Etatwerk
Ob der Bremen-Fonds Realität wird, muss der Haushaltsgesetzgeber entscheiden, also die Bürgerschaft. Das Parlament soll eigentlich ab Mai den normalen Haushalt des Bundeslandes für 2020/21 beraten, eine Beschlussfassung ist für die Woche unmittelbar vor der Sommerpause vorgesehen. Die Finanzpolitiker der Fraktionen werden sich nun mit der Frage befassen müssen, wie der Bremen-Fonds in das Etatwerk eingearbeitet werden kann.
Der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel hält den Weg, den der Senat jetzt einschlagen will, für richtig. „Die Maßnahmen, die der Rettung der Wirtschaft dienen, werden sich zum Teil später über vermehrte Steuereinnahmen refinanzieren“, glaubt Hickel. Und er hofft, dass Bremen letztlich nicht auf den Corona-Kosten sitzen bleibt. „Der Bremen-Fonds sollte in einem vom Bund aufgelegten Deutschland-Coronafonds aufgehen“, finanziert durch eine Vermögensabgabe. Auch Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hatte kürzlich bereits für einen Lastenausgleich plädiert, über den „die Wohlstandsverluste solidarisch getragen werden“.