Große Teile des Bremer Einzelhandels dürfen von Montag an wieder die Pforten öffnen. Das hat der Senat am Freitag entschieden. Für Geschäfte mit bis zu 800 Quadratmetern gilt das uneingeschränkt, größere Läden können eine Verkaufsfläche bis zu 799 Quadratmeter zugänglich machen, wenn der Rest gesperrt bleibt. Das ermöglicht auch den mehrstöckigen Warenhäusern und Textilisten in der Innenstadt eine Wiederaufnahme des Betriebs. Die Erlaubnis gilt sogar für größere Einkaufszentren wie die Waterfront und den Weserpark. Sofern sie der Innenbehörde ein Sicherheitskonzept vorlegen, das bestimmte hygienische Standards garantiert, können auch sie ihre Shops wieder öffnen. Verweil- und Gastro-Bereiche müssen allerdings geschlossen bleiben. Insgesamt kehren zu Wochenbeginn etwa 3200 Bremer Einzelhandelsgeschäfte auf den Markt zurück.
„Erster Schritt zurück zur Normalität“
Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) sprach bei der Vorstellung dieser und weiterer Lockerungen der Corona-Bestimmungen von einem „ersten Schritt zurück zur Normalität“. Ihm könnten weitere folgen, wenn sich die Menschen diszipliniert zeigten und die Entwicklung der Infektionsrate dies erlaube. Bovenschulte rief die Bürger auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. So gelte etwa der „dringliche Appell“, in öffentlichen Verkehrsmitteln und in Geschäften einen einfachen Mundschutz zu benutzen. „Dass wir jetzt überhaupt über Lockerungen reden können, haben wir uns hart erarbeitet“, sagte Bovenschulte. Es gelte, das Erreichte nicht zu gefährden. Falls die Entwicklung nun in eine falsche Richtung laufe, seien Verschärfungen der Hygienevorschriften möglich, etwa ein Schutzmaskenzwang in bestimmten Bereichen. Auf keinen Fall könne Bremen schon jetzt „uneingeschränkt zum Zustand vor Ausbruch der Epidemie zurückkehren“.
Auch Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt appellierte an das Verantwortungsbewusstsein der Verbraucher, wenn die wochenlange Zwangspause am Montag für große Teile des Einzelhandels endet. „Jetzt geht es darum, dass überall die Abstandsregelungen eingehalten werden“, sagte die Linken-Politikerin. Sie zeigte sich erleichtert über das Ende der Geschäftsschließungen. Die vergangenen Wochen hätten „viele Betriebe und auch deren Beschäftigte an die Grenzen gebracht“.
Bau- und Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne) richtete den Blick in die Zukunft. Die jetzt beschlossenen Lockerungen und die geplanten oder schon aufgelegten Konjunktur- und Investitionsprogramme müssten darauf überprüft werden, „ob sie zukunftssicher sind“. Soll heißen: Der Akzent muss aus Sicht der Grünen-Politikerin auf Themen wie Klimaschutz und Digitalisierung liegen, außerdem auf Maßnahmen, die die Robustheit der Gesellschaft gegenüber Pandemien erhöhen. Für völlig überflüssig und fehlgeleitet hält Schaefer die Forderung nach einer Abwrackprämie für Kfz, wie es sie nach der Finanzkrise 2007/8 gab.
Die aktuelle Sitution in den Kliniken war ein weiteres Thema der Pressekonferenz nach der Senatssitzung. Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) berichtete, dass Bremen am Donnerstag ein größere Lieferung an Beatmungsgeräten erhalten habe. Vor mehreren Wochen hatte die Gesundheitsbehörde beim Bund eine Bestellung über 176 Geräte aufgegeben. Bisher war nur ein einziges davon in der Hansestadt angekommen. Die jetzt eingetroffenen 49 Beatmungsmaschinen sollen nach einem Schlüssel, der mit den Kliniken im Vorfeld bereits vereinbart wurde, an die einzelnen Häuser ausgeliefert werden. Aktuell werden in Bremen elf Personen wegen einer Covid-19-Erkrankung beatmet. Insgesamt stehen für Corana-Patienten derzeit 40 Betten mit Beatmungseinrichtung zur Verfügung.
Auch bei der sonstigen medizinischen Ausrüstung sieht die Gesundheitssenatorin eine „leichte Entspannung“. Das betreffe zum Beispiel die Verfügbarkeit sogenannter FFP-2-Masken, die medizinisches Personal zum Schutz vor Infektionen trägt. Derweil sollen die vorhandenen personellen Kapazitäten zur Nachverfolgung von Kontakten coronainfizierter Menschen deutlich ausgebaut werden. Claudia Bernhard bestätigte mit dieser Ankündigung entsprechende Berichte des WESER-KURIER. Die bei der Gesundheitsbehörde angesiedelte Einsatztruppe soll die Kontaktpersonen ausfindig machen, Corona-Tests bei ihnen durchführen und so entscheidend dazu beitragen, dass Infektionsketten identifiziert und möglichst schnell unterbrochen werden. Wie ihre Senatskollegen warnte auch Claudia Bernhard vor verfrühtem Optimismus bei der Eindämmung der Corona-Seuche. „Es ist offensichtlich, dass die Pandemie noch nicht durchgestanden ist und wir die Gesundheitsversorgung deswegen darauf ausrichten müssen, mit einem weiteren oder auch erhöhten Anfall von Infektionen umzugehen“, sagte Bernhard.
Für die Gastronomen hatte der Senat am Freitag noch keine guten Nachrichten. Restaurants und Kneipen dürfen vorerst keine Gäste bewirten, auch nicht in Außenbereichen. Eine Ausdehnung der Lockerungen auf die Gastro-Betriebe könne frühestens in zwei Wochen ein Thema sein, wenn die Ministerpräsidenten zu ihrem nächsten Treffen mit der Bundeskanzlerin zusammenkommen.