- Wo steht Bremen in der Infektionswelle?
- Hat Bremen bereits den Höhepunkt der Omikron-Welle erreicht?
- Sind Öffnungsschritte bereits vertretbar?
- Welche Lockerungen sind denkbar?
Mitten in der Omikron-Welle und bei bundesweit stark steigenden Infektionszahlen wird über die Lockerung von Maßnahmen diskutiert. Bremen war das erste Bundesland, in dem seit Weihnachten ein deutlicher Anstieg der Infektionszahlen verzeichnet wurde. Mit einem Anteil von deutlich über 90 Prozent dominiert Omikron das Infektionsgeschehen. Der einfachen Logik zufolge könnte Bremen eines der ersten Bundesländer sein, das auf eine Trendumkehr zusteuert – einiges deutet darauf hin. Wie Experten und Politiker die Lage bewerten und was dies für Lockerungen bedeutet.
Wo steht Bremen in der Infektionswelle?
Die Sieben-Tage-Inzidenz bei den Infektionen liegt mit einem Wert von fast 1400 in der Stadt Bremen weiter auf einem hohen Niveau. Die Hospitalisierungsinzidenz befindet sich ebenfalls nach wie vor im zweistelligen Bereich, am Montag lag sie knapp über 15. Seit Kurzem schlüsselt die Gesundheitsbehörde diese Inzidenz auf: nach Patienten, die mit Corona und jenen, die wegen Corona stationär behandelt werden.
Die Unterscheidung zeigt: Der Anteil der Patienten "mit Corona" ist deutlich höher, die Inzidenz liegt bei 10,59 – die Hospitalisierungsrate der Menschen, die "wegen Corona" stationär behandelt werden, beträgt 4,94. "Damit bekommen wir einen Einblick in die Kliniksituation", sagt Lukas Fuhrmann, Sprecher der Gesundheitsbehörde. "Das weist darauf hin, dass sich die sehr hohen Infektionszahlen nicht entsprechend in den Kliniken niederschlagen."
Die Zahl der Menschen, die wegen Covid-19 auf der Intensivstation behandelt werden, hat sich laut dem Sprecher auf einem Niveau "um die 15 Patienten" eingependelt. Im früheren Verlauf der Pandemie sei sie teilweise deutlich höher gewesen.
Hat Bremen bereits den Höhepunkt der Omikron-Welle erreicht?
Laut dem Infektionsepidemiologen Hajo Zeeb hat Bremen eine Plateauphase in der Omikron-Welle erreicht. "Wir haben einen sehr starken Anstieg hinter uns. Derzeit befinden wir uns in einer unbestimmten Lage, in der noch nicht klar sichtbar ist, ob es nach dem Plateau auf diesem hohen Niveau mit einem starken Anstieg oder einem Rückgang der Infektionen weiter geht", so der Wissenschaftler vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie. Wie lange die Plateauphase anhält, sei nicht auf den Tag voraussagbar. "In zwei bis etwa drei Wochen sollte das absehbar sein."

Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie.
Auch in der Gesundheitsbehörde wird die aktuelle Lage als "schwierig zu bewerten" eingeschätzt, wie Fuhrmann sagt. "Aber: Ja, wir befinden uns auf einem Art Plateau mit im Schnitt um die 1400 täglichen Neuinfektionen." Ein klarer Aufwärts- oder Abwärtstrend sei derzeit nicht absehbar.
Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) gibt sich vorsichtig optimistisch: "Mit Blick auf die Intensivstationen sehen wir einen Silberstreifen in der Entwicklung. Dort sind, trotz stark steigender Inzidenzen, die Belegungszahlen in den vergangenen Wochen stabil", sagt die Senatorin dem WESER-KURIER. "Trotzdem müssen wir die Entwicklung auch in den kommenden Tagen und Wochen erst noch abwarten. Ich habe aber schon die vorsichtige Hoffnung, dass die Situation jetzt besser ist als noch im Herbst.“
Sind Öffnungsschritte bereits vertretbar?
Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) sagte am Montag im Deutschlandfunk, man könne und müsse über Öffnungen nachdenken, insbesondere wenn die Lage auf den Intensivstationen stabil bleibe und sich bei den Normalbetten zeige, dass "da ganz wesentlich auch Menschen mit Corona und nicht nur wegen Corona liegen". Für den Infektionsexperten Zeeb ist die Lage in den Kliniken ebenfalls ausschlaggebend. Generell sieht er Bremen auf einem guten Weg, insbesondere auch, was die Booster-Quote (59 Prozent) betrifft. "Es scheint, dass der Impfstatus entscheidend für den Covid-19-Verlauf und die Intensivbelegung ist. Wenn es uns gelingt, die Belastung der Kliniken gering zu halten, kann man bremenspezifisch schon über Lockerungen diskutieren."
Die Bundesregierung stellt eine schnelle Lockerung momentan noch nicht in Aussicht: Aktuell sei es „noch ein bisschen verfrüht“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag. Der Höhepunkt sei noch nicht erreicht.

Impfwerbung an der Haltestelle in der Innenstadt.
Welche Lockerungen sind denkbar?
Für den Einzelhandel hält Bovenschulte eine bundesweite konsequente Maskenpflicht statt der 2G-Regelung für denkbar. "Und wir müssen zu einer möglichst einheitlichen Regelung kommen, was Großveranstaltungen angeht", sagte er mit Blick auf den Sport. Dänemark hebt ab diesem Dienstag fast alle Corona-Maßnahmen auf – bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 5000. Covid-19 wird nicht mehr als „gesellschaftskritische Krankheit“ eingestuft. Die Höchstwerte hätten sich nicht so stark wie befürchtet auf den Intensivstationen niedergeschlagen, dazu kämen hohe Impfzahlen. "Dänemark hat immer eine etwas andere Corona-Politik gefahren", kommentiert Zeeb diesen Schritt.
Komplette Lockerungen nach diesem Vorbild hält er für verfrüht, "im Moment bleibt noch ein gewisses Risiko". Wenn sich eine Trendumkehr bei einer weiter stabilen Lage in den Kliniken zeige, seien Lockerungen von der 2G-Pflicht im Einzelhandel und stattdessen eine Maskenpflicht sowie Lockerungen bei Veranstaltungen auch im Kulturbereich denkbar.