Seit Anfang August sind die 70 deutschen Industrie- und Handelskammern, darunter auch die Bremer, im Internet nur noch eingeschränkt erreichbar. Experten der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen ermitteln wegen möglicher Computersabotage. Insgesamt hat die Zahl der Attacken über das Internet auf Institutionen, Firmen und auch auf öffentliche Verwaltungen zugenommen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will deshalb das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik nach dem Vorbild des Bundeskriminalamtes zu einer Zentralstelle umbauen, die eng mit den Landesbehörden zusammenarbeiten soll. Bislang ist die Abwehr von Cyberattacken Ländersache.
Gestiegene Risiken
Den Faeser-Vorstoß nimmt die Fraktion der Bremer FDP zum Anlass, beim Senat den aktuellen Stand beim Schutz der Bremer Verwaltung und der kritischen Infrastruktur vor Hackerangriffen abzufragen – eine Neuauflage einer Großen Anfrage aus dem Jahr 2018. "Seitdem hat sich in Sachen Digitalisierung viel getan", sagt Birgit Bergmann, Sprecherin der Fraktion für Inneres, "und auch die politische Weltlage hat sich verändert". Zum einen gehörten Onlineshopping, Videokonferenzen und Homeoffice in der Pandemie zum Alltag vieler Menschen, entsprechend seien die Risiken für Lebens- und Arbeitswelt gestiegen, was sich zum Beispiel in den zuletzt stark gestiegenen Zahlen der Internetkriminalität in der Polizeilichen Kriminalstatistik ablesen lasse. Das andere sei der Schutz der kritischen Infrastruktur, sagt die Bürgerschaftsabgeordnete. "Durch den Angriffskrieg von Russland auf die Ukraine ist noch einmal deutlich geworden, dass es Attacken geben kann."
Eine von insgesamt 26 Fragen der Großen Anfrage der Liberalen lautet deshalb, von wie vielen Cyberattacken zwischen Januar 2019 und Juni 2022 der Senat Kenntnis hat und welche Behörden oder Infrastrukturen betroffen waren. In der Antwort auf die Anfrage von 2018 hatte der Senat von "mindestens einer" gezielten Attacke auf die Verwaltung berichtet, die aber keinen Schaden angerichtet habe. "Wir wollen wissen, was seitdem passiert ist", sagt Bergmann, "und welche zusätzlichen Präventionsmaßnahmen eingeführt worden sind". Im Jahr 2019, so schreibt es die Fraktion in ihrer Anfrage, sei "weder die Ortspolizeibehörde Bremen, noch die Feuerwehr Bremen im Besitz entsprechender Notfallpläne" für ein "Worst-Case-Szenario" gewesen. "Inwiefern gibt es im Land Bremen weiterhin Behörden, die keine entsprechenden Abwehr- und Einsatzpläne haben?"
Thema Sicherheit und Datenschutz
In Bezug auf die mögliche Verschiebung von Kompetenzen in Richtung Bund und einer neuen Aufteilung der Zuständigkeiten habe ihre Fraktion die Sorge, "dass sich in einer Übergangsphase der eine auf den anderen verlässt und dadurch Sicherheitsrisiken entstehen", sagt Bergmann. "Es ist wichtig, zu wissen, wer wann wofür zuständig ist, denn es kann im schlimmsten Fall um unsere gesamte Versorgung gehen."
Ein weiteres Thema der Großen Anfrage sind die einander teilweise ausschließenden Bereiche Sicherheit und Datenschutz. Hierzu will die FDP die Haltung des Senats abklopfen und wissen, wo SPD, Grüne und Linke einerseits Grenzen und andererseits Handlungsbedarf sehen. An einem Unteraspekt dieses Themas, nämlich Quellen-Telekommunikationsüberwachung und Online-Durchsuchung, arbeitet die Verwaltung bereits: Die Grünen hatten hierzu vor Kurzem eine Große Anfrage eingereicht, um, wie Fraktionschef Björn Fecker erklärte, darauf hinzuweisen, "welche Gefahren davon für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ausgehen".