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Kolumne 0421 Zurück in den Sommer 2006: Muito obrigado für dieses Bremer Märchen!

In der Kolumne „0421“ schreibt Oliver Matiszick über große und kleine Themen, die manchmal erst auf den zweiten Blick miteinander, immer aber mit Bremen zu tun haben. Heute: Schulden, ein Sommermärchen, Diego.
22.03.2025, 05:31 Uhr
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Zurück in den Sommer 2006: Muito obrigado für dieses Bremer Märchen!
Von Oliver Matiszick

Als Lesende – ob nun männlich, weiblich oder in dieser neuerdings sehr vertrackten Sache unentschieden – einer geschätzten Qualitätszeitung dürfen Sie sich selbst verständlich darauf verlassen, dass Ihnen keine Märchen aufgetischt werden. Von denen haben Sie in einem Jahr, dessen erste Wochen vom Wahlkampf auf Bundesebene bestimmt waren, schließlich genug gehört. So wundern Sie sich nun womöglich darüber, mit welcher Leichtigkeit der Fuß von der Schuldenbremse genommen worden ist und die Republik stattdessen Vollgas beim Ausgeben von Geld geben will, das eigentlich nicht da ist.

Doch darüber freut sich schließlich auch das traditionell klamme 0421-Land, weshalb es per Zustimmung im Bundesrat am Freitag zugesehen hat, einen möglichst großen Teil der Milliarden aus dem unverhofften Füllhorn im Zuge der Regierungsbildung abzubekommen. Wo all das Geld auf den Bäumen wächst und – viel entscheidender – wer es irgendwann mal wem auch immer zurückzahlen soll? Herrje, wer wird denn da so kleinlich nachfragen wollen? Das können unsere Kinder später immer noch klären.

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Denen erzähle ich an diesem Wochenende aus gegebenem Anlass lieber ein ganz anderes Märchen: das eines Fußballers namens Diego. An den erinnert sich mein spätgeborener Nachwuchs zwar nicht, doch wenn die Stadt an diesem Sonnabend rund um sein Abschiedsspiel im Weserstadion in besseren, ja glänzenden Werder-Zeiten schwelgt, dann bin ich direkt zurück im Sommer 2006. Da wurde das deutsche WM-Sommermärchen uraufgeführt und durch allen Aberwitz, den das Schicksal im Repertoire hat, zählte ich damals zum Kreis der Fußballreporter dieser Zeitung. Als solcher begleitete ich Mitte Juni eine Vorrundenpartie zweier Gruppengegner der Klinsmannschaft des DFB, die mit 3:0 für Ecuador gegen Costa Rica endete. Völlig berechtigt haben diese 90 Minuten (und mein Bericht darüber) keinen besonderen Platz in der Geschichte des Weltfußballs eingenommen.

Was jene sommermärchenhafte Dienstreise ins – ganz tapfer sein, liebe Bremer – so überaus wunderbare Hamburger Stadion daher viel interessanter machte, war das Drumherum. Etwa vor Anpfiff das Gespräch mit João, einem 18-jährigen Brasilianer aus São Paulo. Der hatte sich nach einem Jahr als Austauschschüler in Achim als freiwilliger WM-Helfer beworben, um für vier Wochen nach Deutschland zurückzukehren. Wir unterhielten uns – was sonst – über Fußball. „Glückwunsch zu Diego“, gab mir João angesichts der Bremer Neuverpflichtung jenes Märchensommers mit auf den Heimweg, „an dem wird Werder richtig Freude haben.“

Ich hielt solche Erwartungen an einen 21-jährigen Zehner – so viel zum Thema meiner Fußballexpertise – für recht übertrieben. Und bis heute freue ich mich über das, was er uns in den folgenden Jahren bis 2009 nicht nur im Weserstadion aufgetischt hat. Muito obrigado, Diego Ribas da Cunha! Was für ein Märchen.

Tagebucheintrag: Können Sie „Seven Nation Army“, zu einem der zehn besten Gitarrenstücke aller Zeiten gekürt, von The White Stripes hören, ohne dass Sie zu dem phänomenalen Riff automatisch in den Choral „Dii-iiii-eeee-go!“ einstimmen? Ich seit vielen Jahren nicht mehr.

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