Die Schaffermahlzeit ist die älteste Traditionsveranstaltung in Bremen, sie findet in diesem Jahr zum 474. Mal statt und steht für die Verbindung zwischen der Schifffahrt und den Kaufleuten. Ursprünglich war das Fest das Abschiedsmahl, das Kaufleute und Reeder alljährlich am Ende des Winters zum Abschied ihrer Kapitäne gaben.
In den ersten Jahren hat es also keine Schaffermahlzeit im heutigen Sinn gegeben. Aber wann immer damals die Schiffer zusammensaßen, ob bei Rechnungsablage oder wenn es Abschied zu nehmen galt, Essen und Trinken gehörten dazu. Aber nicht auf Kosten der Armen. Jeder zahlte selbst. Später – nach 1561 – wurde es üblich, dass die Schaffer zum Essen einluden. In den folgenden Jahrzehnten versuchten sie jedoch zunehmend, einander bei der Ausrichtung der Mahlzeit zu übertreffen.
Die Speisenfolge wurde allmählich zu üppig, es wurde kräftig getrunken, und infolgedessen ging es bei Tisch mitunter nicht sehr gesittet zu, heißt es in Überlieferungen aus dieser Zeit. Einige angesehene Bürger der Stadt distanzierten sich deshalb sogar öffentlich von der Schaffermahlzeit. In der Mitte des 18. Jahrhunderts verfolgte Bremens sittenstrenger Bürgermeister Volkhard Mindemann den Plan, das Brudermahl abzuschaffen – jedoch ohne Erfolg.
Essen fassen
Schaffermahlzeit wurde das Essen ab etwa 1756 genannt. Das Wort „schaffen“ kommt aus dem Niederdeutschen und bedeutet „Essen fassen“. Schaffer sind kaufmännische Mitglieder der Stiftung Haus Seefahrt, deren Aufgabe in der Unterstützung von in Not geratenen Seeleuten und ihrer Hinterbliebenen sowie seit einigen Jahren auch der Förderung von Studenten der Nautik besteht. Jedes Jahr werden drei neue kaufmännische Schaffer gewählt, bewerben kann man sich für diese Position nicht, man wird aufgefordert. Zusätzlich werden sechs seemännische Schaffer berufen.
Wie in jedem Jahr kommen auch dieses Mal am zweiten Freitag im Februar 100 Kapitäne, 100 kaufmännische Mitglieder sowie 100 Gäste aus den Bereichen Wirtschaft, Kultur, Politik und Verwaltung zusammen, um bei historischer Speisenfolge Spenden für den Fortbestand der Stiftung Haus Seefahrt einzuwerben und mit dem typischen Seefahrtsbier auf die Schifffahrt anzustoßen. Unter den Gästen in der oberen Rathaushalle werden an diesem Freitag Sammelbüchsen herumgereicht, der konkrete Gesamterlös bleibt jedoch, anders als bei Stiftungsfest der Eiswette, streng geheim.
Minutiöser Zeitplan
Ein strenger Zeitplan bestimmt den Ablauf des fünfstündigen Menüs, das aus einfacher bremischer Seemannskost wie Hühnersuppe, Stockfisch, Braunkohl, Kalbsbraten, Rigaer Butt und Käse besteht. Dazwischen werden Reden gehalten. Am Ende des Mahls rauchen die Anwesenden Tabak aus langen, weißen Tonpfeifen.
Ähnlich wie das Eiswettfest ist auch die Schaffermahlzeit traditionell eine Herrenveranstaltung, was jedes Jahr aufs Neue für Kritik sorgt. Anders als beim Eiswettfest sind Frauen bei der Schaffermahlzeit jedoch nicht kategorisch ausgeschlossen. Die Zahl der weiblichen Gäste, die mit an der Haupttafel sitzen dürfen, wächst langsam, aber stetig.
Auch unter den Kapitänsschaffern war im vergangenen Jahr erstmalig eine Frau: Kapitänin Barbara Massing, die 2004 zugleich die erste Frau war, die vom Haus Seefahrt überhaupt eingeladen wurde. 2007 hatte die Bundeskanzlerin Angela Merkel als erste Frau in der Geschichte der Schaffermahlzeit die Rolle des Ehrengasts bei dem 463. Festessen inne und hielt dabei als bislang einzige Frau eine der festgelegten Reden. 2015 waren zudem erstmals weitere weibliche Gäste eingeladen. Die Ehefrauen der anderen Gäste können die Schaffermahlzeit indes lediglich über einen Monitor im Kaminsaal des Rathauses verfolgen.