Am Morgen danach herrscht Katerstimmung im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin. Im Sitz der Christdemokraten wird an diesem Montag mit den Stimmverlusten bei der Europawahl gerungen. Annegret Kramp-Karrenbauer will der versammelten Presse erklären, was da passiert ist. Doch bevor sie sich damit auseinandersetzen muss, wendet sie sich einem „uneingeschränkt positiven Ergebnis“ für ihre Partei zu. Und die Personifizierung dieses Ergebnisses steht in voller Größe am benachbarten Rednerpult – der Besuch des Bremer Spitzenkandidaten Carsten Meyer-Heder in Berlin kommt gelegen.
Noch ist es nicht offiziell, noch steht das amtliche Endergebnis aus. Die aktuellen Hochrechnungen für die Wahlen zur Bremischen Bürgerschaft zeigen, dass es knapp bleibt zwischen CDU und SPD. Und auch wenn die CDU gewinnt: Das erhoffte Wahlziel, „30 Prozent plus“, hat sie nicht erreicht. Trotzdem ist für die Christdemokraten, in Bremen und im Bund, Meyer-Heder der klare Sieger. „Er ist das richtige Angebot an Bremen“, sagt Kramp-Karrenbauer über den Zwei-Meter-Mann neben ihr. Woher sein Wahlerfolg kommt? „Das Gesamtpaket stimmt“, meint die Parteichefin. „Die CDU reicht die Hand für einen Neuanfang in Bremen.“
Neuanfang, Wechselstimmung, das sind auch Meyer-Heders Stichworte. Die CDU habe geschlossen hinter dem Projekt gestanden. Mit dem Projekt meint er sich, den „Quereinsteiger mit der schrägen Vita“, aber auch die ungewöhnliche Wahlkampagne, mit der man auch Wähler außerhalb der klassischen CDU-Klientel gewonnen habe. Das hatte Meyer-Heder auch schon vor der Wahl mehrfach betont, nun scheint er sich in dieser Einschätzung mit den Hochrechnungen bestätigt zu fühlen. Die Sozialdemokraten seien abgewählt, sagt er. „Die SPD hat den klaren Auftrag: Ihr sollt das nicht mehr machen.“ Die CDU könne das besser – vor allem, wenn sie ihre politischen Ziele in Sachen Arbeitsmarkt, Digitalisierung, Wirtschaft und Bildung mit denen der Grünen in der Klimaschutz- und Umweltpolitik kombiniere. „Wir streben Schwarz-Grün oder Jamaika an“, sagt er.
Über seine Rolle in der Bremer Politik lässt er damit keine Zweifel: Bürgermeister, das ist sein Ziel. Und wenn es nun doch in die Opposition geht für die CDU, stünde er dann als Fraktions- oder gar Parteichef zur Verfügung? Das müsse man sehen, sagt Meyer-Heder. Einen guten Fraktionschef habe die CDU in Bremen. Parteichef? „Vielleicht.“ Dann verabschiedet er sich gen Bremen, und Annegret Kramp-Karrenbauer muss zum unangenehmeren Teil des Pressegesprächs übergehen.
Am Abend nach der Wahl herrscht auch bei der Bremer CDU Katerstimmung, allerdings einer ganz anderen Art: Die Nacht war kurz, die Feierlaune groß. So machen sie weiter: Mit Kaffeebechern in der Hand haben sich zahlreiche Parteimitglieder und CDU-Sympathisanten auf dem Domshof versammelt und warten auf den Mann, der für sie der nächste Bremer Bürgermeister ist.
Auch wenn eigentlich noch unklar ist, wer Bremen künftig regieren wird und in der Pflicht stehen wird, Wahlversprechen einzulösen: Meyer-Heder will an diesem Montag doch schon eins einlösen. Den Tag nach der Wahl, das hatte er in den vergangenen Monaten immer wieder erwähnt, lade er die Bremerinnen und Bremer ins Rathaus auf einen Kaffee ein. So siegessicher war er sich, dass die CDU gewinnen könne.
Hinein in den Senatssitz geht es an diesem Nachmittag noch nicht für Meyer-Heder und seine Unterstützer. Aber er ist nah dran: Direkt vorm Eingang des Rathauses hat die CDU einen Stand aufgebaut, der Kaffee wird in wiederverwendbaren, schwarz-orangenen To-Go-Bechern ausgeschenkt. Ganz so, als wolle man nicht nur ein Zeichen an den noch amtierenden Bürgermeister, sondern auch an die Grünen senden.
Dann ist Meyer-Heder da, direkt vom Zug aus Berlin ist er auf den Domshof gekommen, schüttelt Hände, schenkt zwei bis drei Becher Kaffee für die Anwesenden aus. Dann muss er schon wieder weiter, der nächste Termin steht an. „Das nächste Mal dann drin“, sagt er mit Blick aufs Rathaus.