Walle. 10 274 Geflüchtete kamen im Jahr 2015 nach Bremen. Ein Jahr später waren es noch 3185 und im Jahr 2017 schließlich noch 1565 Personen. „Das heißt, es gibt einen ganz schönen Rückgang“, sagt Lena Kemker vom Referat Zuwanderungsangelegenheiten im Sozialressort. Im Januar seien 133 Geflüchtete Menschen nach Bremen gekommen, schilderte sie nun dem Fachausschuss „Kultur, Sport und Migration“ des Waller Beirats. Für 2018 gehe man von rund 1500 Menschen aus, die das Land Bremen im Rahmen des „Königsteiner Schlüssels“ noch aufnehmen werde. Über diesen Schlüssel ist berechnet worden, dass Bremen 0,95 Prozent aller Geflüchteten aufnimmt, die nach Deutschland kommen. Von diesen werden wiederum 80 Prozent auf Bremen verteilt und 20 auf Bremerhaven.
„Durch den Rückgang haben wir ziemlich viel Leerstand gehabt und deshalb die Kapazitäten in den Einrichtungen verändert“, schilderte Kemker nun den Waller Ortspolitikern. So seien vielerorts aus Vier-Bett-Zimmern Drei-Bett-Zimmer gemacht worden, wodurch die Menschen mehr Platz bekommen hätten.
In Walle gibt es drei Unterkünfte für erwachsene Geflüchtete: Das „Rote Dorf“ genannte Übergangswohnheim Überseetor mit 160 Plätzen, das Porthotel mit 120 Plätzen und eine Unterkunft für traumatisierte Frauen mit 60 Plätzen.
„Die Einrichtung Überseetor ist sehr beliebt und wir haben vor, sie bis zum Ende der Nutzungsdauer zu behalten“, sagt Kemker. Konkret heißt das: Bis Oktober 2019. „Dann muss es auf jeden Fall von diesem Standort weg. Wir hätten es gern behalten und haben nachgefragt, aber das ist leider nicht möglich.“ Träger der Einrichtung ist der Verein für Innere Mission. Dort sei seit Längerem bekannt, dass die Nutzung im kommenden Jahr auslaufe, sagt Leiterin Ninja Samadzai-Scholz: „Das rote Dorf blüht und gedeiht und die Leute sind gerne da.“ Es komme regelmäßig vor, dass Menschen direkt bei ihr im Büro anfragten, ob sie in die Einrichtung einziehen könnten. Überwiegend leben ihr zufolge syrische Familien in der Einrichtung: „Wir haben den Schwerpunkt Familiennachzug. Dadurch sind bei uns viele Kinder, die meist mit beiden Elternteilen da sind. Das zeigt sich auch in der Atmosphäre, die Stimmung ist gut. Das Interesse unserer Bewohner ist es, einen Job und eine Wohnung zu finden und ein normales Leben zu führen."
Seit Juni 2015 sei das rote Dorf außerdem Konsultationseinrichtung der Bundesinitiative „Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“, ergänzt dazu Gewaltschutzkoordinatorin Carolin Bischoff, die das Projekt gerade für ein weiteres Jahr sichern konnte.
Das im April 2016 eröffnete Porthotel ist vom Sozialressort für zehn Jahre angemietet worden. Hier werde gerade über eine Umnutzung gedacht, so Kemker: „Es wird geklärt, ob das ein Studentenwohnheim werden kann. Das ist aber noch nicht entschieden.“ Auch die Einrichtung für traumatisierte Frauen sei für zehn Jahre angemietet worden und werde aller Voraussicht nach auch weiterhin für diese Zielgruppe benötigt.
In den einzelnen Einrichtungen helfen sogenannte Wohnraumvermittler den Menschen dabei, eigene Wohnungen anzumieten. Dabei gibt es einerseits eine Zusammenarbeit mit der Gewoba, andererseits suchen die Helfer auf dem privaten Wohnungsmarkt. Im Durchschnitt seien pro Monat vier Wohnungen in Walle unter den Angeboten, sagt Lena Kemker, die betont: „Viele Geflüchtete wollen gerne nach Walle, denn es liegt zentral und die Mieten sind noch vergleichsweise günstig.“ Der Anteil Geflüchteter in Walle liege dabei mit 1,14 Prozent im städtischen Durchschnitt. Zum Vergleich: In Mitte liegt er bei 2,79 Prozent, in Findorff bei 0,47 Prozent, in Gröpelingen bei 0,67 Prozent und in Oberneuland bei 1,33 Prozent.
Seit Januar gibt es in der Überseestadt außerdem eine neue Begegnungsstätte, die ausdrücklich Alteingesessenen wie Zugezogenen offen stehen soll: der vom Verein für Innere Mission eingerichtete Treff „Kaje International“ in der Energieleitzentrale, wo sich nun auch der Fachausschuss getroffen hat. Die Räumlichkeiten bieten die Möglichkeit, zu kochen und es sich in verschiedenen Gruppenräumen gemütlich zu machen oder auch zu lernen. „Wir haben allerdings keine Stelle, um das hier zu bespielen. Das heißt: Alles ist ehrenamtlich und ‚on top‘“, erklärt dazu Ninja Samadzai-Scholz. Ein Männer-Café und verschiedene Kochgruppen haben sich bereits gegründet – ein festes Programm allerdings gebe es bislang nicht. „Unsere Zielsetzung ist, dass es ein offener Raum wird. Im Moment ist es allerdings noch so, dass die Ehrenamtlichen den Schlüssel abholen, den Raum nutzen und den Schlüssel dann wieder abgeben“, sagt dazu Carolin Bischoff. Dementsprechend sei es aktuell noch schwierig, den Treff tatsächlich zu einem offenen Angebot zu machen, das spontan aufgesucht werden könne. „Deshalb wäre es schön, wenn sich noch mehr Leute finden, die sich einbringen wollen.“ Über Projektmittel soll nun versucht werden, doch noch wenigstens eine halbe Stelle einzurichten, sodass sich ein fester Ansprechpartner um die „Kaje International“ kümmern könne. Denn, so Samadzai-Scholz: „Es muss irgendjemand da sein, der das koordiniert.“