Bremen. Geht die Ära des Jakobushauses als Notunterkunft für Obdachlose zu Ende? "Wir suchen eine Alternative, aber es ist noch unklar, ob wir eine finden", sagte Bertold Reetz von der Inneren Mission, die das Haus betreibt. Ein Auszug müsste offenbar nicht auch das Aus für das Gebäude bedeuten, Bei wachsender Wohnungsnot insgesamt ist die Riege derer, die einen Abriss wollen, kleiner geworden. Im Gespräch ist eine preisgünstige Sanierung.
Die Debatte hat an Dynamik gewonnen und lässt sich grob auf einen Nenner bringen: Weniger Klarheit über die Zukunft des Hauses, das wegen der bunten Fassadenfarben auch Papageienhaus genannt wird, und mehr Klarheit über den künftigen Kurs in der Betreuung von Obdachlosen.
Die Zukunft des Gebäudes an der Hochstraße nicht weit vom Hauptbahnhof ist seit Monaten in der Diskussion, auch weil der Zahn der Zeit an dem Gebäude nagt. Das Hochhaus steht auf städtischem Grund und Boden und wird über einen langfristigen Pachtvertrag von der Inneren Mission genutzt. "Im Übergangswohnheim Jakobushaus stehen 32 Einzelzimmer für Männer zur Verfügung, die aufgrund ihrer körperlichen und psychischen Verfassung nicht in der Lage sind, ein selbstständiges Leben zu führen," heißt es unter anderem auf einer Informationsseite der Inneren Mission. Auf den acht Etagen gebe es den "Jakobustreff" mit Cafeteria sowie die Notunterkunft mit 45 Übernachtungsplätzen.
"Wir hängen nicht am Jakobushaus", betonte gestern der Leiter Bertold Reetz. Er sei bereits auf der Suche nach einer Alternative für Notunterkünfte. Noch aber sei es unklar, ob dies zum Erfolg führe.
Möhle gegen Abriss
Falls die Innere Mission fündig wird, ist damit aber offenbar das Schicksal des Papageienhauses nicht zugleich besiegelt. Es würde wieder in die Obhut der Stadt kommen und müsste – wenn es nicht abgerissen wird – saniert werden. Auch vor dem Hintergrund der Probleme auf dem Wohnungsmarkt hat der Sprecher der Sozialdeputation und SPD-Abgeordnete Klaus Möhle seine Position verändert: "Ich bin inzwischen gegen einen Abriss."
Parallel hat die politische Debatte über den künftigen Kurs bei der Betreuung von Wohnungslosen Fahrt aufgenommen. Dies schlägt sich in einem Text nieder, der die Unterschriften von Möhle und der grünen Abgeordneten Susanne Wendland trägt. Das Papier soll zum Ende des Jahres in die Bürgerschaftsberatung eingespeist werden und in ein Konzept zum Umgang mit Wohnungslosigkeit münden. Zu den Maßgaben gehöre es, dass die Zahl der Frauen und Männer, die in Notunterkünften leben, "verstärkt abgebaut" wird. Ziel sei es stattdessen, dass die Betroffenen "normalen Wohnraum" nutzen können.
Gemüse putzen, Kartoffeln schälen – dies gehörte jüngst im Jakobushaus zum Tagwerk von Klaus Möhle. Er war vor Ort, um sich in Gesprächen über die Situation der Betreuung von Obdachlosen auf den neuesten Stand zu bringen. Für ihn habe sich bestätigt, dass es weiter stationäre Betreuung geben müsse. Er halte es für eine Illusion, dass Obdachlose, womöglich ambulant im Stadtgebiet verteilt, eigenständig in Wohnungen leben könnten – wie es aus den Reihen der Grünen zu hören war. "Manche Obdachlose schaffen dies nicht."
Bei Bertold Reetz fand Möhle gestern Unterstützung. Es sei gut, so Reetz, wenn die "akademische Debatte" über ambulant und stationär überwunden werde: "Viele sind schon mehrfach gescheitert und mussten eine Wohnung verlassen – da muss man nicht noch einen Misserfolg hinzufügen."
Bernd Schneider, Sprecher des grün-geführten Sozialressorts, sagte, zur Zukunft der Immobilie – ob Abriss oder Sanierung – gebe es keine konkrete Planung. Zudem hob er hervor, dass in dem rot-grünen Antrag ambulante Angebote in der Obdachlosenbetreuung betont würden. Dies entspreche dem Koalitionsvertrag.