Die Äußerungen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), die Impfzentren wieder zu öffnen und sein Aufruf, möglichst jedem eine dritte, sogenannte Booster-Impfung zukommen zu lassen, berühren Bremen im Prinzip nicht. „Wir haben längst alle notwendigen Alternativen zum großen Impfzentrum aufgebaut“, sagt Lukas Fuhrmann, Sprecher des Gesundheitsressorts. Eine Wiedereröffnung in Halle Sieben auf der Bürgerweide stehe daher nicht zur Debatte.
Fuhrmann verweist auf die bislang zwei und demnächst drei Impfstellen im Stadtgebiet. „Hier kann man sechs Monate nach der letzten Impfung eine dritte Impfung erhalten, unabhängig von den Empfehlungen der Stiko“, betont Lukas Fuhrmann, Sprecher des Gesundheitsressorts. Anmeldungen für diese Auffrischungsimpfungen sind unter www.impfzentrum.bremen.de jedem möglich, der in Bremen lebt oder arbeitet. Parallel plane Bremen, die von der Stiko-Empfehlung erfassten Altersgruppen erneut anzuschreiben: so wie zu Beginn der Impfkampagne, angefangen mit den ältesten Jahrgängen. Dabei werden auch wieder Impfcodes verschickt, die einen schnellen Termin versprechen. Daneben impfen auch die niedergelassenen Ärzte die von der Stiko empfohlenen Gruppen. Anders als zu Beginn des Jahres bremst kein Mangel an Impfstoff die Möglichkeiten. Die Entscheidung, die betroffenen Altersgruppen anzuschreiben, sei bereits vor dem Wochenende gefallen, an dem Spahn ähnliche Überlegungen geäußert hat.
Scharfe Kritik vom Hausärzteverband
„Mit den drei Impfstellen haben wir in Bremen ab Mitte November wieder die gleiche Kapazität für Impfungen außerhalb der Arztpraxen, wie bislang im großen Impfzentrum in Halle 7“, betont Fuhrmann. Eine vierte Impfstelle ab Dezember im Bremer Süden sei zudem weiterhin in der Planung. Zusätzlich seien mobile Teams sowie die Impftrucks unterwegs. „Bislang wurden in den zwei Wochen seit Öffnung der ersten beiden Impfstellen 2400 Spritzen gesetzt, weitere insgesamt 4900 Impftermine sind bereits vereinbart“, sagt Fuhrmann. In Niedersachsen sind dagegen vor allem die niedergelassenen Ärzte und Ärztinnen gefragt, ergänzt durch mobile Angebote der Kommunen. Dabei orientieren sich sowohl die Praxen als auch die mobilen Teams an den Empfehlungen der Stiko. Der in der Impfverordnung vorgesehene Anspruch der Booster-Impfung für jeden ist im Bremer Umland daher praktisch zurzeit nur schwer einzulösen.
Und auch bei den Gruppen, für die eine Empfehlung zur Drittimpfung von der Stiko vorliegt, sieht die niedersächsische Sozial- und Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) noch Luft nach oben. „Die Hauptlast der Impfkampagne liegt nach der Schließung der großen Impfzentren bei den Praxen in Niedersachsen“, sagt Behrens. Hier erwarte sie in den kommenden Wochen einen deutlichen Aufwuchs bei den durchgeführten Impfungen. „Die Impfdynamik ist mir derzeit zu gering.“ Behrens kündigte an, Gespräche mit der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) darüber zu führen, welche Maßnahmen es noch braucht, um sich unkompliziert erst- oder nachimpfen zu lassen.
Der Deutsche Hausärzteverband hat Spahns Einlassungen zu Booster-Impfungen ohne Beschränkungen generell scharf kritisiert. Der Bremer Arzt und Bundesvorsitzende Ulrich Weigeldt sagte der „Welt“, er sehe keinen Grund, warum die Praxen, die Booster-Impfungen nicht leisten können sollten, soweit sie sich auf die Empfehlungen der Stiko beschränken. Zugleich gibt es eine neue schwedische Untersuchung, die als Vorabpapier vom renommierten britischen Medizinjournal „Lancet“ veröffentlicht wurde. Demnach schwächt sich der Impfschutz sechs bis sieben Monate nach der zweiten Impfung deutlich von zunächst 89 auf 43 Prozent ab. Davon sind demnach alle Altersgruppen betroffen. Ältere und Patienten mit Immunschwäche sind allerdings stärker berührt. Ähnliche Erkenntnisse gibt es auch aus Großbritannien und Israel. Die dritte Impfung verbessere in dieser Phase den Schutz gegenüber zweifach Geimpften demnach um den Faktor zehn bis 20.