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26.000 abgehörte Gespräche Wie Telefonüberwachung bei der Aufklärung des Bunkermords half

Zwei junge Menschen fallen Ende der 1990er-Jahre einem schrecklichen Verbrechen zum Opfer. Bei der Aufklärung des Falls Bunkermord spielt die Auswertung von Telefonaten eine entscheidende Rolle.
28.01.2022, 05:05 Uhr
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Wie Telefonüberwachung bei der Aufklärung des Bunkermords half
Von Patricia Brandt

Bei der Aufklärung der Tötung von Ayse D. und Serif A. spielten vor allem Telefonate eine entscheidende Rolle. Die Ermittler werteten Telefonate aus 26.000 abgehörten Gesprächen aus, um den Totschlägern auf die Spur zu kommen.

Das war vor 20 Jahren kein einfaches Unterfangen: „Bei der Aufzeichnung von Telefongesprächen arbeitete man damals mit handelsüblichen Tonbandkassetten. Es war also nicht so leicht, mit Vor- und Zurückspulen die richtigen Stellen zu finden. Auch dauerte es länger als heutzutage“, erinnert sich Staatsanwalt Uwe Picard.

Es half, dass die Bremer Ermittlungsbehörden – Staatsanwaltschaft und die Staatsschutzabteilung der Kripo – bereits seit Frühjahr 1999 bei verschiedenen Funktionären der PKK Anschlüsse angezapft hatten. Staatsanwalt Picard erläutert: „Die Ermittlungen standen im Zusammenhang mit der Festnahme des PKK-Gründers Abdullah Öcalan am 15. Februar 1999 in Nairobi. Damals gab es in vielen Städten Deutschlands zum Teil erhebliche Ausschreitungen durch Sympathisanten beziehungsweise Unterstützer der PKK. Die Staatsanwaltschaft Bremen begann Ermittlungen gegen Funktionäre der PKK in Bremen wegen Vergehens nach dem Vereinsgesetz.“

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Die Telefon-Überwachung lief Picard zufolge auch noch zum Zeitpunkt des Bunkermords. Die Ermittlungen wurden ausgeweitet, so Picard. Dazu habe gehört, dass weitere Apparate überwacht wurden. Die an rund 40 Telefonanschlüssen gewonnenen Daten hätten sich bei den Mordermittlungen als unverzichtbar erwiesen. Denn: „Als wir im Umfeld der Bremer PKK die Zeugen nach bestimmten anderen Personen befragten, stießen wir häufig auf eine Mauer des Schweigens. Einige Zeugen gaben beispielsweise an, die eine oder andere Person, nach der gefragt wurde, nicht zu kennen oder überhaupt mit ihr in Kontakt gestanden zu haben. Hier konnten die gespeicherten Verbindungsdaten dazu dienen, die Wahrhaftigkeit solcher Angaben einzuordnen.“

Zu den Verbindungsdaten zählen zum Beispiel Telefonnummern, die zu einer bestimmten Zeit miteinander in Kontakt standen. Picard: „Es sind Zahlenketten, die zum Beispiel Aufschluss geben über die am Gespräch beteiligten Telefonnummern, über das Datum und die Gesprächsdauer.“ Namen der Inhaber der Rufnummern werden bei diesen Verbindungsdaten nicht gespeichert. Picard vergleicht Verbindungsdaten dennoch mit einem am Tatort festgestellten Fingerabdruck.

„Auch bei der heutigen Strafverfolgung spielen Telefon-Verbindungsdaten und Gesprächsinhalte eine große Rolle“, sagt Kripochef Jürgen Osmers. Der Unterschied zur Zeit des Bunkermords liegt auf der Hand: „Dass wir heute im digitalen Zeitalter mehr Inhalte als nur Telefonate haben. Ich rede von digitalen Speichermedien wie Smartphones, Computern, USB-Sticks, Festplatten. Am Prinzip unserer Vorgehensweise hat sich aber wenig geändert, nur an der Komplexität.“ Täter hinterließen oft unübersehbare digitale Spuren, „die wir aber nur nutzen können, wenn wir uns die Arbeit machen, uns mit hohem Aufwand durch den Datenwust zu wühlen.“

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