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Verstärkte Kontrollen Der Waffenberg schmilzt

Seit Anfang des Jahres führt das Stadtamt Bremen verstärkt Kontrollen bei Waffenbesitzern durch. Seither geht deren Zahl und damit die der im Umlauf befindlichen Waffen rapide zurück, vermeldet die Innenbehörde.
18.09.2014, 19:00 Uhr
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Der Waffenberg schmilzt
Von Ralf Michel

Seit Anfang des Jahres führt das Stadtamt Bremen verstärkt Kontrollen bei Waffenbesitzern durch. Seither geht deren Zahl und damit die der im Umlauf befindlichen Waffen rapide zurück, vermeldet die Innenbehörde. In der Statistik steht aber auch eine ebenso kuriose wie beunruhigende Zahl: Bei 18 Prozent der unangemeldeten Kontrollen wusste der Besitzer nicht mehr, wo sich seine angemeldete Waffe befindet.

Anfang der Woche wurden die Kontrolleure in der Neustadt fündig. Im Haus eines Sammlers stießen sie auf 40 Schusswaffen sowie Dutzende Säbel, Schwerter, Bajonette und Dolche. Insgesamt 76 Waffen wurden gefunden. Auf den Sammler registriert waren lediglich 22, von denen sich ganze fünf unter den 76 befanden. Das Stadtamt erließ ein allgemeines Waffen- und Munitionsverbot gegen den Mann. Die Waffen wurden eingezogen, ebenso seine Waffenbesitzkarte.

Ein extremer Fall, der aber eine Entwicklung unterstreicht, die die Innenbehörde registriert, seit das Stadtamt verstärkt kontrolliert. Zwischen Februar und August 2014 wurden 814 unangekündigte Kontrollen durchgeführt – bei einem guten Drittel gab es Beanstandungen. Eine ganze Reihe von Besitzern gab bei dieser Gelegenheit freiwillig ihre Waffen ab, bei etwa fünf Prozent der Kontrollierten wurden sie laut Innenbehörde zwangsweise eingezogen.

Was seinen Niederschlag in der Statistik findet: 2010 gab es in Bremen etwa 6500 Waffenbesitzer mit geschätzt etwa 20 000 Waffen. Ende August 2014 waren es 3072 Besitzer mit 14 401 Waffen. Allein in diesem Jahr hat sich die Zahl der registrierten Waffenbesitzer um 1007 reduziert, die ihrer Waffen um 1294. Bundesweit sind derzeit 5,56 Millionen Waffen und 1,45 Millionen Besitzer registriert.

Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) freut der Rückgang der Zahlen: „Jede Waffe erhöht das potenzielle Risiko, dass sie in falsche Hände gerät.“ Dazu komme die Unfallgefahr: In dem Haus in der Neustadt wurde auch ein Vorderlader gefunden. Ein Museumsstück zwar, aber ein mit scharfer Munition geladenes Museumsstück.

Der Amoklauf von Winnenden im März 2009, als ein 17-Jähriger 15 Menschen und sich selbst erschoss, führte zu einem neuen Waffengesetz in Deutschland. Erst seitdem gibt es die Möglichkeit, ohne konkreten Verdacht Waffenbesitzer daraufhin zu kontrollieren, ob sie ihre Waffen ordnungsgemäß, das heißt sicher verschlossen, aufbewahren. Zudem führte das neue Gesetz zu einem nationalen Waffenregister.

„Unglaubliche Lässigkeit“

Bremen hat hierauf mit einer personellen Aufstockung im Stadtamt reagiert. 13 Mitarbeiter beschäftigen sich dort inzwischen im Innen- und Außendienst mit der Waffenkontrolle. Sieben davon sind fest angestellt, unterstützt werden sie stundenweise von sechs pensionierten Polizisten. „Die verstärkten Kontrollen machen Sinn, im Laufe der Jahre hatte sich eine unglaubliche Lässigkeit im Umgang mit Waffen entwickelt“, erklärt Mäurer. Zu den Folgen gehört, dass 19 Prozent derjenigen, die in diesem Jahr unangemeldet kontrolliert wurden, schlicht und einfach nicht mehr wussten, wo die unter ihrem Namen registrierten Waffen waren. „Diese Waffen werden zur Fahndung ausgeschrieben.“

Dass eine große Zahl der kontrollierten Besitzer bei dieser Gelegenheit reinen Tisch mache, Waffen und Besitzkarte freiwillig zurückgebe, liege zum einen an den gestiegenen Sicherheitsanforderungen zur Aufbewahrung von Waffen und Munition. Es könnte zum anderen aber auch daran liegen, dass für jede Kontrolle eine Gebühr von 139 Euro zu berappen ist, vermutet Mäurer, der sich mit seinen Bemühungen um möglichst wenig Waffen in Bremen noch lange nicht am Ende sieht. „Noch 14 400 Waffen – das sehe ich als Herausforderung“, erklärt der Innensenator und formuliert als Ziel, dass bis 2015 jeder Waffenbesitzer zumindest einmal Besuch von Kontrolleuren bekommen hat. „Und von da an regelmäßig einmal im Jahr.“

Um eine Waffe zurückzugeben, müsse aber niemand auf diesen Besuch warten, betont Mäurer. Ein Anruf beim nächsten Polizeirevier genüge, und die Waffe werde umgehend abgeholt. Und niemand müsse fürchten, im Nachhinein Ärger wegen eventueller Versäumnisse zu bekommen. „Wir sind froh über jeden, der sich von seiner Waffe trennt.“

Verwaltungsgericht: NPD-Funktionäre nicht zuverlässig genug für Waffenbesitz

Funktionsträger der rechtsextremen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) haben nicht die erforderliche Zuverlässigkeit, eine Waffe zu besitzen. Dieses Urteil hat das Verwaltungsgericht Bremen getroffen und damit eine Entscheidung des Stadtamtes bestätigt, das die acht Jagdwaffen des ehemaligen Vorsitzenden des NPD-Kreisverbandes Bremen einkassiert und ihn selbst mit einem Waffenverbot belegt hatte.

„Über diese Entscheidung freuen wir uns natürlich sehr“, kommentiert Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) das Urteil. Zumal man mit diesem Vorstoß juristisches Neuland betreten habe. „NPDlern die Eignung zum Waffenbesitz abzusprechen, hat vorher noch keiner versucht.“

Der Betroffene hatte die Erlaubnis zum Besitz von acht Jagdwaffen. Das Stadtamt widerrief diese Erlaubnis, zog Waffen und Munition ein und erteilte zusätzlich ein Verbot, erlaubnisfreie und erlaubnispflichtige Waffen zu besitzen. Dagegen klagte der Mann, wurde jedoch vor dem Verwaltungsgericht abgewiesen. Der Kläger habe sich durch seine Tätigkeit als Vorsitzender des Kreisverbandes Bremen-Stadt der NPD als waffenrechtlich unzuverlässig erwiesen.

Dass die NPD eine zugelassene, nicht verbotene Partei ist, ist nach Auffassung des Gerichts unerheblich. Für die Annahme einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit reiche das verfassungsfeindliche Bestreben einer Partei aus. Und die Aktivitäten der NPD seien ohne Zweifel verfassungsfeindlich. Dies sei abzugrenzen von einem verfassungswidrigen, kämpferisch-aggressiven Bestreben, das Voraussetzung für ein Parteiverbot ist.

Insgesamt hatte das Stadtamt die Waffen von sechs Mitgliedern der NPD eingesammelt. Einer davon legte Widerspruch ein. Dem musste laut Innenbehörde stattgegeben werden, weil der Betroffene kein Funktionsträger der rechtsradikalen Partei war.

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