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Zwischen Burg und Vegesack Deutsche Bahn lässt 2500 Bäume in Bremen-Nord fällen

Rund 2500 Bäumen werden zu beiden Seiten der Gleisstrecke zwischen Burg und Vegesack gefällt. Die Deutsche Bahn will dadurch Zugfahrten bei Sturm sicherer machen.
02.02.2018, 07:00 Uhr
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Von Klaus Grunewald

Ihre knorrigen Äste wurden zwar erheblich gestutzt. Aber insgesamt hat die rund 100 Jahre alte Eiche an der Straße Am Radeberg die Radikalkur überstanden. Im Gegensatz zu rund 2500 Bäumen, die in diesen Tagen zu beiden Seiten der Gleisstrecke zwischen Burg und Vegesack gefällt wurden oder noch werden. Die Deutsche Bahn (DB) spricht von einem „Aktionsplan Vegetation“, der Zugfahrten sturmsicherer machen soll.

Zwischen den Bahnhöfen Burg und Lesum fahren die Regionalbahnen durch einen tiefen Geländeeinschnitt. An den Hängen zu beiden Seiten der Gleise hatte sich in den vergangenen Jahrzehnten eine üppige Baum- und Buschlandschaft entwickelt. Davon kann jetzt keine Rede mehr sein. Viele mächtige Bäumstämme liegen an den Abhängen und werden nach den Worten von Tobias Stützer einer industriellen Nutzung zugeführt oder schlicht als Brennholz für den Kamin verkauft.

Bahn betreibt „Fahrwegpflege“

Stützer ist Leiter des Servicebetriebs Bremen der Fahrdienstwege GmbH, einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn. „Fahrwegpflege“ nennt sich denn auch das, was 16 seiner Mitarbeiter in diesen Tagen vor allem auf dem Streckenabschnitt zwischen Burg und Schönebeck den Schweiß auf die Stirn treibt. Wobei sie ohne Maschinenkraft aufgeschmissen wären.

Wenn die Äste abgesägt und die Baumstämme gefällt worden sind, tritt der Zweiwege-Bagger in Aktion. Ein massiges Fahrzeug, das neben Gummireifen für die ­Straße auch über eine Schienenfahreinrichtung verfügt. Seine Greifzangen führen Äste und Zweige in einen Großhäcksler, der schnelle Arbeit leistet und nur noch Sägespäne an den Abhängen hinterlässt. Die Regionalbahnen können die Bahnhöfe in Lesum, St. Magnus und Schönebeck zurzeit nur auf einem der beiden Schienenstränge bedienen, weil der andere von zwei Zweiwegebaggern ­blockiert wird. Das hat Auswirkungen auf den Fahrplan. Bis zum 18. Februar komme es zwischen Vegesack und Burg zu Einschränkungen und einzelnen Ausfällen im Zugverkehr, heißt es seitens der Bahn.

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Im Detail: Bis zum 4. Februar verkehren die Züge ab Bremen-Burg in Richtung Bremen-Farge tagsüber bis zu 16 Minuten später als im Fahrplan ausgewiesen. Und ab dem 5. bis einschließlich 18. Februar machen sie ab Bremen-Farge bis Bremen-Burg tagsüber bis zu 16 Minuten früher an den einzelnen Bahnhöfen halt. Zudem werde der 15-Minuten-Takt während der „Vegetationsarbeiten“ tagsüber von „etwa 9 bis etwa 17 Uhr“ nur zwischen Bremen Hauptbahnhof und Burg eingehalten. Zwischen Burg und Vegesack in dieser Zeit also nicht.

Die „Durchforstungsarbeiten“ der Deutschen Bahn in Bremen-Nord mit dem Schwerpunkt im Lesumer Tal ist den Stürmen im Herbst 2017 und im Januar geschuldet. Sie legten den Zugverkehr auch auf Regionalstrecken lahm und sorgten für Ärger unter den Fahrgästen. Um die Bahn sturmsicherer zu machen, sei der Aktionsplan Vege­tation entwickelt worden, erläutert ­Angelika Theidig von der DB-Pressestelle in Hamburg. Extremwetterlagen mit Auswirkungen auf das System Schiene hätten deutlich zugenommen und nicht nur für Zugausfälle und Verspätungen, sondern auch für Schäden an Gleisen und Anlagen in Millionenhöhe gesorgt.

1000 Mitarbeiter im Einsatz

Rund 100 Millionen Euro hat die Deutsche Bahn nach eigenen Angaben seit 2007 für die „Vegetationspflege und -kontrolle“ ausgegeben. In den nächsten fünf Jahren sollen zusätzlich 125 Millionen investiert werden. Rund 1000 Mitarbeiter sind zurzeit für das sogenannte DB-Vegetationsmanagement im Einsatz, in diesem Jahr sollen weitere Förster und „Fahrwegpfleger“ engagiert werden. Das hat Auswirkungen auf das Landschaftsbild in Gleisnähe, wie die Fällaktion beim Lesumer Bahnhof zeigt. An neuralgischen Stellen im Bahnnetz sollen laut DB künftig auch weiter vom Gleiskörper entfernt stehende Bäume gefällt werden.

Die magische Grenze lag bislang bei sechs Metern links und rechts von den Schienensträngen. Insgesamt gehe es darum, die Waldbestände stabiler zu machen, damit sie Stürmen trotzen können, sagt Angelika Theidig. Im Übrigen müsse jeder Eingriff in die Natur, der mit Baumfällungen einhergehe, von der zuständigen Naturschutzbehörde im jeweiligen Bundesland genehmigt werden. Zudem sei die jeweilige Baumschutzsatzung zu beachten.

„Wir sind nicht beteiligt worden“, erklärt Martin Rode, Bremer Geschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) auf Anfrage. Und leider zeige die Erfahrung, dass auf wetterbedingte Schäden nicht selten überreagiert werde. Kahlschläge im Baum- oder Waldbestand, so Rode, seien jedenfalls nicht akzeptabel.

Kritik aus der Bevölkerung an den Fällarbeiten, die von der Brücke Oberreihe/­Bördestraße gut zu beobachten sind, hat es nach den Worten von Ortsamtsleiter Florian Boehlke bislang nicht gegeben. Wohl aber Anregungen, einmal das Astwerk der ­Bäume zu inspizieren und eventuell zu lichten, die unmittelbar an der Wohnstraße Am Radeberg stehen. Das allerdings sei nicht ­Aufgabe der Fahrdienstwege GmbH sagt Tobias Stützer und verweist auf die Zuständigkeit der Stadtgemeinde Bremen.

Und auch für die Durchforstungsarbeiten entlang der eingleisigen Strecke zwischen Vegesack und Farge ist die Bahn-Tochter nicht zuständig. „Wir ziehen das einmal im Jahr im Herbst durch“, erläutert ein Mitarbeiter der Farge-Vegesacker Eisenbahngesellschaft auf Anfrage. Während der Fäll- und Schnittarbeiten ruhe dann der Eisenbahnverkehr komplett.

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