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Bibliothek will neue Standorte Die Bücherei-Pläne für Blumenthal

1997 ist die ehemalige Stadtbibliothek an der Landrat-Christians-Straße geschlossen worden. Danach haben Bürger eine ehrenamtliche Bücherei eröffnet. Jetzt soll die Stadtbibliothek zurückkehren.
18.07.2018, 17:18 Uhr
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Von Albrecht-Joachim Bahr

Blumenthal. Rund zwanzig Jahre musste es ohne sie gehen, jetzt aber ist sie plötzlich wieder im Gespräch: eine Blumenthaler Filiale der Stadtbibliothek. Zusammen mit einem Standort in Obervieland soll die Präsenz in den Stadtteilen verstärkt werden. Das ist Ergebnis der aktuellen Diskussion über den Kulturförderbericht, der Zukunftsperspektiven für die kulturellen Angebote in Bremen aufzeigen soll. Im Oktober sollen entsprechende Schritte von der zuständigen Deputation beschlossen werden.

Zur Erinnerung: Anfang 1997 ist die Stadtbibliothek Blumenthal geschlossen worden. Opfer einer Radikalkur. Hatte es zu Spitzenzeiten rund vierzig Standorte gegeben, waren es in den Neunzigerjahren noch zweiundzwanzig. Viele jedoch davon zu klein und der Ausstattung nach und dem Erscheinungsbild nicht das, was sich die damalige Bibliotheksleitung und die damalige Kultursenatorin (Bringfriede Kahrs, SPD) als kulturstützendes Element vorstellten.

Steigende Nutzerzahlen

Besser weniger und gute Standorte, so lautete die Devise, als flächendeckende Präsenz. Und in diese Richtung wurde, was Bremen-Nord betraf, über die Blumenthaler Schließung gar noch weiter gedacht: Es gab Überlegungen, auch die Filialen Vegesack und Lesum zu schließen beziehungsweise die im alten Gefängnis in Lesum zu bündeln. Was aber schnell verworfen wurde: die Standorte Hindenburgstraße und – nach einigem Hin und Her – auch am Aumunder Heerweg blieben.

Während sich Blumenthaler Bürger daranmachten, eine ehrenamtlich und in Eigenregie geführte Bibliothek Blumenthal zu gründen (und bis heute zu betreiben), versuchte die Stadtbibliothek und damit auch die Kulturbehörde selbst, den Trennungsschmerz zu lindern: Ab Mitte desselben Jahres steuerte ein Bücherbus den Marktplatz Blumenthal an. Und für jugendliche Bibliotheksnutzer sollte am Lüssumer Ring eine Schul- und Jugendbibliothek eingerichtet werden, ein Vorhaben, das allerdings vier Jahre später schon ein auslaufendes Modell war. Der Bücherbus hingegen steuert immer noch – wenn inzwischen auch nicht mehr den Blumenthaler Marktplatz – so doch die Blumenthaler Ortsteile Farge, Rekum und Rönnebeck an.

Aktuell ist die Stadtbibliothek noch mit sechs festen Zweigstellen präsent: in der Vahr wie auch in Osterholz, Lesum, Vegesack, Gröpelingen und in Huchting. Und als unerschütterliche Feste thront über allen die Zentrale am Wall, von der man sich bei Eröffnung 2004 eine Strahlkraft in die Fläche hinein versprach. Inzwischen aber keimte offensichtlich die Erkenntnis: Strahlkraft ja, aber reicht die gegebenenfalls auch über die knapp 30 Kilometer bis nach Farge hinaus?

Offensichtlich nicht. Der Meinung sind inzwischen jedenfalls die Leitung der Stadtbibliothek und die Staatsrätin für Kultur, Carmen Emigholz. Auch der Senatsbeauftragte für Bremen-Nord, Martin Prange. Natürlich auch mit Ortsamt und Beirat die Blumenthaler Politik. Zudem habe das Team der ehrenamtlich geführten Bibliothek Blumenthal immer wieder die Notwendigkeit einer öffentlichen Bibliothek betont, meint Lucia Werder, stellvertretende Direktorin der Stadtbibliothek. "Die haben sich mit ihrer Initiative und mit sehr, sehr viel Engagement immer dafür eingesetzt, einen Standort Blumenthal zu erhalten beziehungsweise einen Ableger der Stadtbibliothek zurückzubekommen." Irgendwie sind sich also nun alle einig: Blumenthal soll wieder eine Stadtbibliothek bekommen.

Warum aber zieht nach einundzwanzig Jahren endlich auch das Rathaus mit? Lucia Werder verweist da auf die Analysen: "Die Frage war, wie sich die Angebote unserer Bibliothek entwickelt haben. Wie werden diese Angebote angenommen?" Und hier schiebt die stellvertretende Direktorin ein, dass in den vergangenen Jahren die Besucherzahlen im Allgemeinen gestiegen seien, "teilweise um einen zweistelligen Prozentbereich". Auch die Verweildauer nehme zu. Konkret: Allein die Stadtbibliothek Vegesack verzeichnete 2017 mit rund 73 000 Besuchern gegenüber dem Vorjahr einen Zuwachs von vier Prozent. "In Lesum waren es immerhin noch 34 000 Besucher trotz Umbau, Umzug und zeitweiliger Schließung."

Der Förderbericht kommt zu dem Schluss: Blumenthal wächst und hat Bedarf an einer öffentlichen Bibliothek. Wie die aber aussehen soll, wie überhaupt dieses Projekt angegangen werden könnte, dazu erklärt die stellvertretende Direktorin, "dass es noch keine konkreten Beschlüsse gibt und sich das alles noch auf einer fiktiven Ebene befindet".

Gegeben habe es allerdings schon Gespräche mit Betreibern und Unterstützern der ehrenamtlichen Bücherei Blumenthal, auf deren Seite vertreten unter anderem von Blumenthals Beiratssprecherin Ute Reimers-Bruns. Beide Seiten können sich vorstellen, sagt Lucia Werder, sich mit ihrem jeweiligen Angebot zu ergänzen. "Wir zielen auf einen Standort ab und wollen eine Konkurrenzsituation vermeiden."

Grob umrissen, ohne vorzugreifen: Man könne seitens der Stadtbibliothek zum Beispiel Teile des Bestandes übernehmen und in den eigenen Ablauf einbinden. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter der heutigen Bürger-Bibliothek könnten sich nach und nach in Kooperation zum Beispiel um Veranstaltungen kümmern. "Damit könnte man ein erweitertes Angebotsspektrum ausbauen." Überhaupt werde man sich vor Ort nach Kooperations- und Netzwerkpartnern umschauen und selbst gucken, mit welchen Angeboten man vor Ort ergänzend aktiv werden kann.

"Auf jeden Fall werden wir uns ganz eng am Stadtteil orientieren." Die Bibliothek werde versuchen, besonders Familien anzusprechen. Vor allem wolle man die Kinder erreichen, die von Haus aus keinen Kontakt zur Bibliothek gewohnt sind. "Ich kann mir gut vorstellen, diesen unbekannten Raum als Treffpunkt anzubieten, zum Beispiel auch als Lernort."

Vergleichbar mit Lesum

Zurück zur noch fiktiven Stadtbibliothek Blumenthal: "Sie wird wohl in Größe und Angebotsumfang am ehesten der Bibliothek in Lesum entsprechen", wirft Lucia Werder einen Blick in die Zukunft. "Wir haben einen Zielbestand von gut 18 000 Medieneinheiten im Blick." Zum Standort kann die stellvertretende Direktorin nur Wünsche äußern: nicht am Ortsrand, Erdgeschosslage, transparent und im zentralen Blickfeld. Und, was ideal wäre, ausgestattet mit ausreichendem Parkplatz.

Mit Sicherheit würde wohl nur ein vorhandener Bauraum infrage kommen. Was das, bei allem Vorbehalt, kosten könnte? Lucia Werder geht von 730 000 Euro für Umbau, Einrichtung und Ausstattung aus. Nebenbei: Die laufenden Kosten einer Dependance beziffert sie mit gut 350 000 Euro pro Jahr. Wann könnte das Projekt starten? "Die Kulturbehörde geht da von 2020 plus aus." Wobei die Kulturbehörde bei diesem "plus" wohl doch schon an zehn Jahre denke.

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