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Walter Krawitz und Oliver Gampper im Gespräch „Die Eiswette stellt die Freundschaft heraus“

Zwei Generationen Eiswett-Genossen an einem Tisch: Walter Krawitz ist seit 37 Jahren dabei, Oliver Gampper zum zweiten Mal. Sie sprechen über den besonderen Charme des Stiftungsfestes.
19.01.2018, 17:15 Uhr
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„Die Eiswette stellt die Freundschaft heraus“
Von Nina Willborn

Herr Krawitz, Ihre erste Eiswett-Feier als Genosse war 1981. Da waren Sie, Herr Gampper…

Oliver Gampper: … zwölf Jahre alt!

Walter Krawitz: 1981 wurde das Eiswettfest noch in der Glocke gefeiert. Die wurde irgendwann zu klein. Deshalb sind wir ins Congress Centrum umgezogen. Erst waren nicht alle begeistert davon, einige dachten: ,Ach, so groß, und so unpersönlich.‘ Aber die Skepsis hat sich schnell gelegt.

Herr Krawitz, wie hat sich die Eiswett-Gesellschaft im Lauf der Jahrzehnte verändert?

Krawitz: Eigentlich gar nicht. Das Publikum ist im Grunde genommen ähnlich wie vor 37 Jahren. Also Tagenbaren und Bremer, die ihre Gäste einladen.

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Was bedeutet die Eiswette für Sie?

Krawitz: Der Kontrast zwischen Besinnlichkeit und dem ,Freut euch des Lebens’ ist bemerkenswert. Das setzt sich auch in den Reden fort. Die Eiswette ist ein Brückenschlag zwischen Witz und der Freude an einem solchen Fest und der Vergänglichkeit, dem ,Memento mori'. Das ist das Kernstück und in all den Jahren so geblieben.

Gampper: Für mich ist es die Gemeinschaft. Das geht schon im Novizenjahr los. Man bekommt die Aufgabe, sich vor dem Präsidium vorzustellen und dadurch einen tollen Freundeskreis bekommt, in vielen Fällen sogar fürs Leben. Man sagt ja, dass die Eiswette eine große, private Kohlfahrt ist. Das stimmt, finde ich.

Krawitz: Und wenn man die Gäste fragt, sind alle begeistert. Die Eiswette ist auch eine Botschafts-Angelegenheit.

Gampper: Man pflegt den Freundeskreis. Und über die Gäste, die man idealerweise von außerhalb einlädt, macht man nicht nur Bremen bekannt, sondern schafft auch ein Netzwerk.

Wie ist das Verhältnis der Generationen bei den Eiswett-Genossen?

Krawitz: Bei den Novizen guckt man natürlich immer: Wer ist das denn in diesem Jahr? Kennt man die, oder kennt man die nicht? Jung und Alt feiern zusammen. Bei uns gibt es keine Probleme zwischen den Generationen.

Gampper: Das stimmt, da gibt es völlige Offenheit einander gegenüber.

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Was sind für Sie die Highlights des Festabends?

Gampper: Ein besonderer Punkt ist die Spende an die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger. Jeder ist gespannt, wie viel zusammen kommt.

Krawitz: Die Kunst des Schatzmeisters ist es, den Gästen und Genossen vor Augen zu führen, dass es unwichtig ist, was man mit ins Grab nimmt. Wichtig ist, was jetzt gespendet wird. Es wird ein Film gezeigt mit einem Seenot-Rettungskreuzer auf hoher See. Da meint man, man wird selbst nass. Das gab’s früher in der Glocke noch nicht.

Welche Reden haben Sie besonders beeindruckt?

Krawitz: Ich erinnere mich noch bestens an einen Pater Augustinus. Meist sind auch die von hochrangigen Politikern gut, ich denke da an Roman Herzog oder zuletzt Norbert Lammert. Es kam aber auch schon mal vor, dass der Gastredner ausgepfiffen wurde.

Gampper: Ach, wirklich?

Krawitz: Das Publikum kann sehr kritisch sein. Und wenn sich vorher einer nicht richtig informiert und das dann nicht so bringt, wie man es erwartet… Kommt aber selten vor. Die meisten Reden sind aber hervorragend.

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Pflegen Sie ein spezielles Ritual zum Fest?

Gampper: Es gibt einige Genossen, die vorher zum Empfang einladen, um sich einzustimmen. Vergangenes Jahr waren wir bei Dr. Günther Eisenführ. Wir sind wieder eingeladen, mein ganzer Novizen-Jahrgang erscheint also um 12 Uhr. Danach geht man gemeinsam los.

Krawitz: Bei Dr. Eisenführ bin ich auch eingeladen. Da sehen wir uns dann wieder. Mein Novizen-Jahrgang nimmt am Tag nach der Eiswett-Feier um 11 Uhr immer den ,Bullenschluck'. Magenbitter, Bier und Rollmops.

Gampper: Was an diesen Abenden erstaunlich ist: Es wird ja viel getrunken, Bier, Rotwein, Weißwein und der eine oder andere Eiswett-Korn. Ich habe es aber noch nicht erlebt, dass da einer abstürzt.

Krawitz: Ich auch nicht. Alle gehen auf zwei Beinen und senkrecht wieder raus. Alles ganz zivil!

Gibt es die Eiswette in 100 Jahren noch?

Krawitz: Ich bin fest davon überzeugt. So lange die Weser fließt und Bremen eine Handelsstadt ist mit Beziehungen nach außen. Ich glaube, dass eine solche Veranstaltung sogar eher noch an Bedeutung gewinnt. Weil sie das Thema Freundschaft herausstellt. Das wird es immer geben.

Gampper: Das sehe ich genauso. Auslösendes Element war im Jahr 1829 die Frage nach der zugefrorenen Weser, aber eigentlich ist das irrelevant. Es geht um das Schauspiel am Punkendeich und den vergnüglichen Abend. Selbst viel beschäftigte Leute, die sich schwertun, überhaupt Termine zu vereinbaren, schaffen es, an diesem Tag in Bremen zu sein. Es ist ein gesetzter Termin, wie der 24. Dezember.

Herr Krawitz, Sie sind Tischältester. Wie wird man das?

Krawitz: Man wird gefragt, ob man das machen möchte. Der Tischälteste trägt Frack, die anderen Smoking. Ich begrüße die Gäste am Tisch und sorge für gesittetes Verhalten. Bei uns fehlt ein langjähriger Genosse, da muss ich an ihn denken und danach mal anrufen und vom Fest erzählen. Ach so, ganz wichtig ist die Sammlung. Mit den Tellern herumgehen. Immer die eigene, nie die Visitenkarte des Nachbarn nehmen! Dann geht man nach nebenan, wo Sie, Herr Gampper, dann ja sitzen…

Gampper: Genau. Zählen müssen die Novizen des Vorjahres, und das auch zügig. Ich habe schon gesagt, dass ich eigentlich zählen lassen sollte. Als Wirtschaftsprüfer bin ich besser im Kontrollieren…

Wie klingt so ein Eiswettfest-Abend aus? Immer noch wie vor 37 Jahren?

Krawitz: Eigentlich schon. Man verabschiedet sich, an der Garderobe ist immer Wuling, Wuling, Wuling (Durcheinander, d. Red.). Ein Teil geht dann ins Parkhotel und der andere fährt mit der Straßenbahn in die Deutsche Bank, früher war es die Bremer Bank. Da gibt’s dann noch ein Bier und 'ne Knackwurst, dann ist Schluss. Und dann reicht’s auch.

Das Gespräch führte Nina Willborn .

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