Egal was die Bremer tun, Klischees haften an ihnen genauso, wie die Liebe zu den Grün-Weißen. Alles dumm Tüch oder doch harte Realität? Wir haben diverse Eigenheiten der Hanseaten zusammengetragen.
Bremer gehen zum Lachen in den Keller, so heißt es. Stimmt aber nicht. Bremer sind nur anspruchsvoll. Sie lachen nicht über jeden Schietkram. Nicht umsonst heißt es, wer es in Bremen schafft, schafft es überall.
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Während andere Fußball-Klubs ihre Stadien an die Autobahnen Deutschlands verlegen, spielt Werder mitten in der Stadt. Direkt an der Weser im Marschgebiet muss man hier zwar mit Hochwasser und auch Fahrverboten am Osterdeich rechnen, aber hey, dafür ist das Weserstadion einzigartig.
Karsten Klama
Und was soll man sagen, die grün-weiße Liebe geht so weit, dass wir das Weserstadion nie umbenennen lassen wollten.
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Typisch bremisch sind die traditionellen Kohl-und-Pinkel-Touren. Gleich nach dem ersten Frost kann es losgehen. Dann kommt der Braunkohl - ja, bei uns heißt es Braunkohl und nicht Grünkohl - auf den Teller. Ok, eigentlich heißt es in Bremen nur Kohl und Pinkel. Dazu gibt es leckere Kochwurst, Kasseler, Kartoffeln und natürlich Pinkel. Alles gut gemanscht schmeckt es besonders gut.
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Und was bei der Tour selbst nie fehlen darf, ist das Schnapsglas um den Hals und der Fressbeutel für unterwegs.
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Typisch bremisch sind auch die vielen anderen Traditionen. Es gibt zum Beispiel die Eiswette. Alljährlich versucht ein Schneider am Tag der Heiligen Drei Könige die Weser zu überqueren, um zu prüfen, ob sie "geht oder steht".
Frank Thomas Koch
Auch die Schaffermahlzeit ist in Bremen einzigartig. Kaum eine Bremer Tradition ist älter als die der Schaffermahlzeit. Nach Bestätigung der Stiftungsurkunde durch den Rat der Stadt Bremen wurde die erste Schaffermahlzeit 1545 ausgerichtet. Sie findet jedes Jahr im Rathaus statt und ist das älteste Brudermahl der Welt. Sie dient traditionell als Verbindung zwischen der bremischen Schifffahrt und den Kaufleuten.
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Ja, was soll man sagen, es stimmt: Die grün-weiße Liebe in Bremen ist riesig. Die Hanseaten sind ihrem Verein treu. Komme, was wolle.
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Wir haben es ja schon des Öfteren erwähnt: Bremer sind sturmfest. Was für die meisten Sturm ist, ist für uns eine steife Brise, bei der man die Nase vergnügt in die Luft hält.
Frank Thomas Koch
Typisch bremisch ist es auch, zu den Sixdays zu gehen. Sechs Tage lang rasen Radprofis durch die ÖVB-Arena oder besser: sechs Nächte. Tausende Menschen gehen zum Staunen und vor allem Feiern zu der traditionellen Veranstaltung. Regelmäßig treten Musiker wie Mickie Krause oder Jürgen Drews auf und sorgen für ausgelassene Bremer Stimmung.
Frank Thomas Koch
Typisch bremisch ist es auch, die Domtreppen zu fegen, wenn man bis zum 30. Lebensjahr nicht geheiratet hat. Die Damen dürfen hingegen die Klinken putzen. Lediglich im Schaltjahr wechseln sich die Aufgaben von Männern und Frauen ab.
Jochen Stoss
Bremer lieben ihren Freimarkt so sehr, dass die Zeit direkt zur fünften Jahreszeit auserkoren wurde. Was für die Bayern das Oktoberfest ist, ist für die Hanseaten der Freimarkt. Und da Bremer eh wetterfest sind, werden Schmalzkuchen, Liebesapfel, Rossbratwurst und Zuckerwatte auch bei jeder Lage geschlemmt. Ein Muss sind auch Mandeln, Kreuzbonbons oder ...
Christian Walter
... Kluten. Ja, die Bremer haben ihren eigenen Geschmack. Und sie haben viele Leckereien selbst kreiert oder verfeinert. Es gibt Bremer Klaben, Bremer Kaffeebrot oder gute Hachez Schokolade. Yummy.
Rosige Zeiten - Bremen und mehr
Bremer Babbeler ist ein sehr beliebtes, wohlschmeckendes Hustenbonbon und eine Lutschstange. Babbeler besteht aus Zucker, aus dem auch Lebkuchen hergestellt wird, Wasser, Sirup und Pfefferminz. Erinnerung an die Kinderzeit: Wer die längste Spitze am Babbeler gelutscht hatte, war Sieger. Babbeler ist übrigens der Mund, auf den man beim Genuss von Babbeler nicht verzichten kann.
fr
Apropos eigener Geschmack: Das Gericht hier sieht aus wie ausgekotzt? Blödsinn. Das ist schmackhafter Labskaus. Hierbei handelt es sich um ein Kartoffelgericht mit gepökeltem Rindfleisch und Roter Bete. Dazu gibt es meist einen Rollmops (eingelegter Hering), saure Gurken und, na klar, ein Spiegelei.
FR
Bremer Knipp schlägt in die gleiche gewöhnungsbedürftige Kerbe. Knipp ist eine mit der Pinkel verwandte Grützwurst. Schön kross angebraten mit Bratkartoffeln schmeckt das Bremer Traditionsgericht besonders gut.
Jochen Stoss
Bremer fahren viel Fahrrad. Und das ist nicht nur ein Klischee, sondern das Zweirad steht in der Hansestadt wirklich hoch im Kurs. Es gibt mehr als doppelt so viele Fahrräder in Bremen, als es Autos gibt. Laut Verkehrsentwicklungsplan kommen 916 Fahrräder auf 1000 Einwohner. Bei 569.352 Einwohnern wären das 521.526 Fahrräder.
Philipp Hannappel
Bremer haben keinen Sinn für Mode, stimmt so nicht. In Bremen liebt man es eher praktisch. Unbequeme Stöckelschuhe und Weltmode, nicht mit uns. Wir müssen schließlich noch eine Runde durch die Stadt radeln. Hauptsache, es ist bequem und warm.
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Hier verleiht Barack Obama dem Sänger Bruce Springsteen die „Medal of Freedom“. Bremer hingegen haben es nicht so mit Orden. Denn nach dem hanseatischen Ordensverbot ist es meist bei Senatoren, Bürgerschaftsabgeordneten und Mitarbeitern im öffentlichen Dienst verpönt, Auszeichnungen anzunehmen – auch nach ihrer Pensionierung. Als einziges Bundesland stimmte Bremen auch gegen die Stiftung des Bundesverdienstkreuzes. Nicht unter die Rubrik Orden fallen diverse Medaillen.
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Lediglich das Hanseatenkreuz wurde zwischen 1915 und 1920 für den Einsatz im Ersten Weltkrieg geprägt, im Verbund mit den anderen selbstständigen Hansestädten Hamburg und Lübeck.
Karsten Klama
Ok, es stimmt, Bremer sind eher einsilbig. Sie konzentrieren sich halt auf das Wesentliche.
dpa
"Umzu" ist auch so eine Eigenart im Sprachgebrauch. Was andere als Sprachfehler sehen, ist hier fest verankert im Wortschatz. Drum herum oder in der Umgebung wird kurzerhand mit "umzu" betitelt - Bremen und umzu eben.
Karsten Klama
Und um ehrlich zu sein, ist mit "umzu" meist Bremens Speckgürtel gemeint. Also die Gemeinden in der Nähe.
Karsten Klama
Die Bremer Flagge wird hingegen als Speckflagge betitelt. Warum hier alles mit Speck zu tun hat? Gute Frage.
Karsten Klama
Sie sprechen liebevoll von ihrer Stadt von "Brem", statt von Bremen. Und es heißt auch "Gröpeling" und nicht Gröpelingen. Endungen werden einfach überbewertet. Unserem bekannten Stadtoriginal Heini Holtenbeen ging allerdings schon das eine oder andere Mal ein kecker Spruch über die Lippen.
Roland Scheitz
Bremer sind vielleicht einsilbig und auch mal grummelig, aber immer höflich. Auf ein Dankeschön folgt stets "Da nich für".
dpa
Typisch bremisch ist auch der Bremer Stolz. Die Hanseaten lieben ihre Unabhängigkeit mit all ihren Konsequenzen.
Bremer haben ihre ganz eigene Sprache. Zwar sind wir nicht so schlecht zu verstehen, wie die Bayern oder Schwaben, dennoch sorgen auch wir häufig für verwirrte Gesichter. Zum Beispiel gehen wir traditionell um den Pudding. Aber diese 17 deutschen Wörter verstehen wir Bremer einfach nicht.
Schietbüdel bedeutet zum Beispiel "Mein Liebling" und wird meist als freundliche Redewendung, ursprünglich einem niedlichen Kind gegenüber, verwendet. Also nicht wundern, wenn ein Bremer mal dieses Wort auspackt.
dpa
Bremer wachsen mit Becks, Haake Beck oder Hemelinger auf. Da ist es klar, dass Kölsch am Rhein bleiben kann.
dpa
Übrigens das Bier-Mix-Getränk aus Bier und Zitronensprudel bezeichnen Bremer traditionell als Alster. In anderen Regionen ist das Getränk eher als Radler bekannt.
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Na klar, der Bremer Weihnachtsmark ist auch typisch bremisch. Nicht umsonst ziehen die beiden Bremer Weihnachtsmärkte an der Schlachte und auf dem Marktplatz mehr als doppelt so viele Besucher an wie noch vor 15 Jahren. Laut einer Auswertung ist der Bremer Weihnachtsmarkt sogar der beliebteste in ganz Deutschland.
Christina Kuhaupt
Gemessen an den Besucherzahlen gilt der Weihnachtsmarkt rund ums Rathaus in Kombination mit dem Schlachtezauber entlang der Weser inzwischen als drittgrößter Markt in Deutschland.
Frank Thomas Koch
Wann immer ein Hamburger abfällig über den kleinen Nachbarn spricht, bleiben Bremer ganz gelassen. Denn: Hamburg hat zwar das Tor zur Welt, aber das nützt ihnen gar nichts. Denn Bremen hat den Schlüssel dazu.
"Ja, Bremen wie seinen Einwohnern muss man eine Chance geben. Sollte man! Denn wir Bremer sind wie unsere Heimatstadt: auf den ersten Blick schroff, zurückweisend und unsympathisch, aber im Innersten preisverdächtig angenehm und bereit zu ewiger Treue. Sehr harte Schale, aber ein leicht schmelzender Kern aus feinster Zartbitterschokolade von Hachez!", schrieb schon der Bremer Jan Böhmermann liebevoll in dem Artikel "Eten, supen un pupen, dat mook buten" über seine Heimat.
Egal was die Bremer tun, Klischees haften an ihnen genauso, wie die Liebe zu den Grün-Weißen. Bremer sind eigensinnig, manchmal dickköpfig, eher einsilbig und gehen zum Lachen in den Keller, so heißt es.
Dumm Tüch oder doch harte Realität? Wir haben diverse Spezialitäten, wie Labskaus oder Knipp, aber auch Bremer Klaben, Bremer Kaffeebrot oder gute Hachez Schokolade, die sich als typisch bremische Geschenke eignen, Eigenheiten und Traditionen der Hanseaten zusammengetragen.
Zum Beispiel, dass ein Schneider jährlich bei der Eiswette prüft, ob die Weser zugefroren ist. Und dass Bremer unter bestimmten Voraussetzungen die Domtreppen freiwillig fegen. Und man hier braunen statt grünen Kohl genießt, sportlich aber grün-weiß bevorzugt. Dazu erklären wir Ihnen, was es mit der Einsilbigkeit der Bremer auf sich hat und wieso man in der Stadt keine Orden verliehen bekommt.