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Ärger vor der Mai-Kundgebung "Die Forderung ist absurd"

In einem Doppelinterview nehmen der Gdp-Vorsitzende Lüder Fasche und Vertrauensmann Michael Birkhan Stellung zur Forderung einer Initiative, die Polizei aus der Gewerkschaft auszuschließen.
26.04.2018, 18:23 Uhr
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Von Patricia Brandt

Herr Fasche, Herr Birkhan, was halten Sie von der Forderung, keine Polizei bei der DGB-Kundgebung in Bremen zuzulassen?

Lüder Fasche : Die ist kaum ernst zu nehmen. Es handelt sich um die Forderung einer vergleichsweise kleinen Splittergruppe im Dachverband DGB. Die Forderung ist zudem absurd und in sich auch nicht schlüssig. Sie richtet sich nämlich gegen Polizisten als solche und vernachlässigt völlig, dass wir über Mitglieder der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sprechen. Die GdP setzt sich wie andere Gewerkschaften auch für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder ein. Das sind übrigens auch mehrere Hundert Tarifbeschäftigte, die mit klassischen Vollzugshandlungen nichts zu tun haben.

Michael Birkhan : Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft, ihres Glaubens oder ihrer Berufswahl auszugrenzen, halte ich für falsch. Wir leben glücklicherweise in einem demokratischen Rechtsstaat. Meine Kolleginnen und Kollegen in der GdP schützen täglich aus Überzeugung die Bürger und die Integrität der Rechtsordnung. Dabei riskieren Polizeibeamte ihre Gesundheit und manchmal sogar ihr Leben.

Polizisten werden hier nur als Befehlsempfänger, nicht als Arbeitnehmer gesehen. Macht Sie das wütend?

Birkhan : Polizeibeamte klären Straftaten auf. Sie ermitteln gegen Mörder, Pädophile, Räuber, Terroristen, beraten Opfer, kümmern sich um die Verkehrserziehung, wehren Gefahren ab. Die Politiker beschließen die Gesetze und wir sorgen dafür, dass diese Vorschriften – im Interesse der Allgemeinheit – eingehalten werden. Ich bin nicht ­wütend, eher verwundert.

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Der GdP wird von der Initiative unter anderem vorgeworfen, den „hundertfachen Rechtsbruch durch die Staatsorgane während des G20-Gipfels“ zu verteidigen ...

Fasche : Die GdP verteidigt niemals Rechtsbrüche. Wenn der Verdacht besteht, dass es anlässlich des G20-Gipfels nicht nur zu offenkundigen Rechtsbrüchen von kriminell linken Gewalttätern, sondern auch von Polizisten gekommen sein sollte, wird dies ebenso Gegenstand eines rechtsstaatlichen Verfahrens. Die GdP stellt dar, unter welch schwierigen und zum Teil lebensgefähr­lichen Bedingungen Polizeibeamte damals ihren Dienst versehen mussten. Es gab
eine hohe Anzahl verletzter Polizeibeamter. Gefährliche Arbeitsbedingungen darzu­stellen, ist Aufgabe einer Gewerkschaft wie der GdP, aber auch zum Beispiel der IG ­Metall.

Es ist völlig absurd, die Ereignisse beim G20-Gipfel in irgendeinen Zusammenhang zur hiesigen Mai-Kundgebung sehen zu wollen. Kritik an polizeilichem Handeln muss erlaubt sein. Aber die Gewerkschaft der Polizei darf nicht für polizeiliches Handeln verantwortlich gemacht werden.

Birkhan : Friedlich und unbewaffnet dürfen sich Menschen versammeln, demonstrieren und ihre Meinung äußern. Wir Polizeibeamte gewährleisten, dass die Bürger dieses Recht wahrnehmen können, egal ob uns die Meinung der Demonstranten gefällt oder nicht. Nun zum G 20: Demonstranten ziehen plündernd durch Hamburg und richten Millionenschäden an, sie setzen beispielsweise die Kleinwagen von Krankenschwestern und Altenpflegerinnen in Brand, werfen die Scheiben von Geschäftsleuten ein und versetzen die Bevölkerung in Angst und Schrecken. Was hat das mit freier Meinungsäußerung zu tun? Meine Kolleginnen und Kollegen werden mit Stahlkugeln beschossen, mit Pflastersteinen beworfen und in Hinterhalte gelockt. Die hohe Zahl der verletzten Polizeibeamten spricht für sich.

Die GdP soll nach den Vorwürfen des Bündnisses für massive militärische Aufrüstung der Polizei sein: Die Rede ist von Maschinengewehren. Wird es neue Waffen für Nordbremer Polizisten geben?

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Fasche : Die erste Antwort muss lauten, was hat das alles mit der Gewerkschaftskundgebung am 1. Mai zu tun? Ich sage es Ihnen: nichts!

Birkhahn: Aber zu ihrer Frage. Weder in Bremen-Nord noch sonstwo in Bremen verfügt die Polizei über Maschinengewehre. Wir haben in Bremen-Nord nur Maschinenpistolen, die noch nicht mal Feuerstöße abgeben können. Terroristen setzen Kriegswaffen ein, um unsere Gesellschaft zu zerstören. Womit sollen wir Polizeibeamte die Menschen adäquat schützen? Sollen wir die Terroristen mit Legosteinen bewerfen?

Fasche : Das Argument der Verfasser ist also nicht nur völlig unpassend, sondern auch erfunden. Die GdP fordert auch überhaupt nicht die flächendeckende Anschaffung von Kriegswaffen für die Polizei. Im Bereich der Terrorabwehr, übrigens auch des Rechts­terrorismus, müssen aber Kollegen und Kolleginnen so ausgerüstet sein, dass sie die Bevölkerung im Falle eines Falles schützen können. Dazu gehört insbesondere eine besondere Schutzausstattung, wie auch ein gepanzertes Fahrzeug. Mit dem könnten zum Beispiel Bürger aus einem gefährdeten Bereich in Sicherheit gebracht werden. Das nicht zu wollen, ist schon schlimm genug. Aber eine Gewerkschaft, die sich nicht nur für die Sicherheit ihrer Mitglieder, sondern auch der Bürgerinnen und Bürger einsetzt, ausschließen zu wollen, zeigt, wie es um die geistige Haltung der Verfasser und Unterzeichner dieses Aufrufs bestellt ist.

Unter den Unterzeichnern sind auch Vertreter der Linksfraktion der Bürgerschaft.

Birkhan : Von Volksvertretern erwarten meine Kollegen und ich eigentlich, dass für sie Begriffe wie „Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Würde, Respekt, Gerechtigkeit“ keine Fremdworte sind!

Fasche : Von der Fraktionsvorsitzenden der Linken fordern wir eine Stellungnahme.

Das Interview führte Patricia Brandt.

Zur Person

Zur Person

Lüder Fasche (54) ist Kriminalhauptkommissar und seit März Vorsitzender der Bremer Gewerkschaft der Polizei (GdP). Vorher war er stellvertretender Leiter der Mordkommission. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder.

Michael Birkhan (53) ist Polizeihauptkommissar, Vertrauensmann der Gewerkschaft und Abschnittsleiter im Einsatzdienst Bremen-Nord. Der Familien-­vater ist Mitglied im Personalrat der Polizei.

Info

Zur Sache

Streit um Maikundgebung

Unter dem Motto „Keine Polizei auf der DGB-Kundgebung!“ hat ein Bündnis aus Gewerkschaftern und Linken Unterschriften mit dem Ziel gesammelt, Dietmar Schilff vom Bundesvorstand der Gewerkschaft der Polizei (GdP) am Dienstag nicht sprechen zu lassen. Die Unterzeichner, zu denen auch Nordbremer wie Gerd-Rolf Rosen­berger und Holger Bühling gehören, fordern den Ausschluss der Polizeigewerkschaft aus dem DGB. Die Mai-Kundgebung in Bremen-Nord findet am Dienstag von 10 bis 11 Uhr auf dem Sedanplatz statt. Hauptrednerin ist hier Ina von Boetticher von der GEW. Es besteht die Möglichkeit einer gemeinsamen Anreise zur Kundgebung auf dem Domshof, die um 12 Uhr beginnt.

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