Sommer, Sonne – Stau. Ja, so ist das in Bremen. Auch in diesem Jahr wird pünktlich zum Start der Sommerferien wieder ein baustellenbedingtes Verkehrschaos angekündigt. Wer Bremen im Wortsinne erfahren muss, kann da nur resigniert mit den verschwitzten Achseln zucken. Denn Staus gehören hier in allen Jahreszeiten zum Alltag – jedenfalls solange ich Auto fahre. Und das sind schon ein paar Jährchen.
Wie viele Jahre davon ich im Stau gestanden habe, möchte ich gar nicht wissen. Eines aber weiß ich: Diese Staus sorgen dafür, dass sich bei mir stets aufs Neue Frust – ja – aufstaut. Meist baue ich den verbal unter Ausschluss der Öffentlichkeit hinterm Steuer ab. Jetzt auch mal an dieser Stelle.
Ich habe längst die Vermutung, dass es Seminare gibt, in denen die Verantwortlichen (nicht nur in Bremen) lernen, Baustellen im Stadtgebiet strategisch so einzurichten, dass sie die größtmögliche Stauwirkung entfalten.
Andererseits braucht's in Bremen solche Seminare gar nicht, weil hier sowieso jede Baustelle den Verkehr weiträumig lahmlegt. Betonung liegt auf JEDE. Umso mehr kann man sich nur wundern, dass die zur Entlastung vorgesehene A281 seit Jahren halbfertig vor sich hin dümpelt und es dank suboptimaler Planung in den Sternen steht, ob und wann die Straßenbahn bis Stuhr und Weyhe fahren wird.
Selbst ohne Baustellen bricht der Verkehr in dieser Stadt zusammen, sobald es auch nur die kleinste Störung gibt. Ein Unfall oder eine Panne auf einer Weserbrücke oder auf dem Fly Over (was für eine euphemistische Bezeichnung!) und nix geht mehr. Ausweichmöglichkeiten? Fehlanzeige. Weitere Beispiele kann ich mir sparen, der geneigte Leser wird genug vor Augen haben.
In Bremen reicht aber schon bloßes Nichtstun, um den Autoverkehr zu behindern. Ironie des Schicksals in der Radfahrerdomäne: Wegen mangelhafter Pflege der Stephanibrücke soll auf dieser auch der Drahtesel-Verkehr eingeschränkt werden! Vielleicht sollte Bremen versuchen, sich einen Namen als Fußgängerstadt zu machen. Fußgänger-Staus sind hier ja eher selten (außer, wenn Rathausdächer als Souvenirs verkauft werden). Den Slogan dafür hätte ich schon: Bremen - alles läuft.
Schuld an Staus sind aber (in Bremen wie auch sonstwo) mitnichten nur Baustellen. Schuld daran sind auch PS-Prolls, die nicht in der Lage oder willens sind, sich bei der Reduzierung von Fahrspuren vernünftig einzufädeln. Und die nervösen Spurwechsler auf der Jagd nach ein paar Zentimetern Geländegewinn. Und die notorischen Dauer-Sonntagsfahrer auf den Überholspuren. Zu erkennen am starren, ausschließlich nach vorn gerichteten Blick (und manchmal einem Wackel-Dackel auf der Hutablage). Eine ganz schlimme Form von Staumachern aber sind die Unfall-Gaffer. Hey Leute, welche abartigen Bedürfnisse befriedigt ihr damit? Und dann keine Rettungsgasse bilden, meine Güte! Es hat wohl seinen Sinn, dass in Gaffer noch ein anderes Wort steckt, wenn man nur zwei Buchstaben weglässt.
Klar – die Brummis dürfen nicht fehlen in der Liste der Stau-Macher. Es sind einfach viel zu viele von ihren unterwegs. Weil Unternehmen ihre Lager auf die Straße verlagern, weil Milch aus dem Allgäu an die Waterkant gekarrt wird, weil Transporte per Lkw immer noch zu billig sind.
Die Staustadt Bremen ist natürlich kein Einzelfall, und ich weiß, dass die Bewohner anderer Städte und Regionen in unserer Republik noch viel staugeplagter sind. Ein Hamburger wird wohl nur müde lächeln über die Situation in Bremen. Aber Hamburg ist auch kein Dorf mit Straßenbahn. Deshalb wirkt das psychologische Phänomen bei mir nicht, nach dem es einem meist besser geht wenn man feststellt, dass andere noch schlechter dran sind.
"Ich will Spaß, ich geb‘ Gas", hat ein Barde während der Neuen Deutschen Welle in den 1980er Jahren gesungen. Ein schon damals sinnfreies Lied, zugegeben. Aber ich hab‘s mir jetzt mal runtergeladen. Für den nächsten Stau. Und dann: Augen zu und träumen.
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