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Zum Nachlesen Die Reden der Bremer Schaffermahlzeit 2023 im Wortlaut

Die Schaffermahlzeit ist eine jahrhundertealte Tradition in Bremen. Die Öffentlichkeit hat dort keinen Zutritt. Doch Sie können sich die Reden der Schaffer und Schafferinnen im Wortlaut durchlesen.
10.02.2023, 16:30 Uhr
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Von wk
Inhaltsverzeichnis

Das älteste Brudermahl der Welt steht am Freitag mit der 479. Schaffermahlzeit der Stiftung Haus Seefahrt bevor. Zu dieser bedeutenden Traditions- und Netzwerkveranstaltung werden Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) und rund weitere 300 Gäste erwartet. Der Ehrengast ist Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur. Mit Spannung erwartet werden traditionell die Reden der drei Schaffer und Schafferinnen. Hier finden Sie die drei Reden im Wortlaut.

Rede der 1. Schafferin Janina Marahrens-Hashagen

Auf Handel, Schiffahrt und Industrie

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste,

Sie haben soeben das Seefahrtsmalz probiert, auf das ich Sie in meiner Begrüßung sicherlich neugierig gemacht habe. Die Tradition sagt, dass nun die 1. Schafferin eine Rede auf Handel, Schifffahrt und Industrie hält. Und womöglich werden Sie sich jetzt fragen: auf Handel, Schifffahrt und Industrie? Und was ist mit all dem anderen Knowhow, das Bremen und Bremerhaven – das die freie Hansestadt Bremen – ausmacht? Aber keine Sorge, ich werde Ihnen zeigen, dass es auf den für unsere Wirtschaft unverändert wichtigen Säulen von Handel, Schifffahrt und Industrie noch so viel mehr in unserer Stadt gibt.

Dass wir Tradition vor allem als Grundlage für Innovation und Zukunft verstehen, habe ich eingangs gesagt. Und daher will ich diese Rede vor allem dazu nutzen, um Ihnen wichtige Aspekte unseres Wirtschaftsstandortes vor Augen zu führen, die in früheren Jahrhunderten das Handeln der Bremerinnen und Bremer ausgemacht haben und dies auch heute noch tun - stellvertretend neben vielen weiteren Aspekten wie der Wissenschaft, innovativen Dienstleistungen und vielem weiteren mehr.

Es ist nicht überraschend, dass sich Bremen in unmittelbarer Nähe der Nordsee als eine Hafen- und Handelsstadt entwickelt hat. Die Maritime Wirtschaft mit ihren zahlreichen Facetten – mit Handel, mit Logistik, mit Produktion und entsprechender wissenschaftlicher Forschung – prägt unseren Standort unverändert. Bremen ist weltweit bekannt für großartige Leistungen im Schiffbau - im marinen Sektor wie auch auf dem imageträchtigen Feld der Luxusjachten, deren Auslieferung durch die internationalen Medien gehen.

Die bremischen Häfen sind für den gesamten Produktionsstandort Deutschland ein essenzielles Scharnier im Handel mit der Welt. 

Schifffahrt und Handel waren und sind der Motor für Entwicklungen, die von ihr angetrieben werden oder auf sie bauen. Die Häfen sind das Herz unseres Wirtschaftsstandortes. Und zugleich sind sie Nukleus des industriellen Erfolgs in Deutschland.

Viele weitere hochattraktive Bereiche sind entstanden, die außerhalb unserer Stadt nicht sofort mit uns verbunden werden. Dazu gehört beispielsweise, dass die Stadt Bremen seit vielen Jahren kontinuierlich mit ihrer industriellen Exportquote an der Spitze der deutschen Wirtschaftsregionen steht. Diese Aspekte will ich Ihnen näherbringen. In der Hoffnung, Sie davon zu überzeugen, wie zukunftsorientiert, flexibel und im besten Sinne auch unkonventionell wir in Bremen denken und handeln.

Ein guter Teil der bremischen Wirtschaftsgeschichte besteht darin, dass wir sehr darin geübt sind, strukturelle Veränderungen nicht einfach nur anzunehmen und die jeweiligen Hürden zu überwinden. Wir sind vor allem gewohnt, dies in aussichtsreiche neue Entwicklungen umzumünzen.

Ich habe erwähnt, dass unser Bundesland stark ist im Außenhandel und in der maritimen Wirtschaft. Auch unsere geografische Lage führt dazu, dass Bremen einen wichtigen Knotenpunkt internationaler Warenströme darstellt. Gäbe es unsere Stadt heute nicht, dann müsste man beim Betrachten der deutschen, europäischen und globalen Warenströme die Nadel ziemlich genau an dieser Stelle in die Karte stechen. Hier müssten wir eine Metropole gründen, die in der Lage ist, sämtliche Chancen zu nutzen, die sich aus einem solchen Knotenpunkt ergeben. Wie gut, dass es diese Metropole längst gibt!

In dieser Hinsicht ist es nicht verwunderlich, dass wir in den vergangenen Jahrzehnten ein starkes Gewicht auch auf unsere Entwicklung als Wissenschaftsstandort gelegt haben. Allein acht Universitäten und Hochschulen prägen unser Bundesland sowie mehr als 20 wissenschaftliche Forschungseinrichtungen mit Schwerpunkten beispielsweise in den angewandten Materialwissenschaften, in der marinen Mikrobiologie und – ganz stark – in der künstlichen Intelligenz. Das Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven ist eine dieser führenden Institutionen. In der Klimaforschung steht das AWI, wie es kurz genannt wird, weltweit in einem allerbesten Ruf – sehr erfolgreich geleitet von einer Frau im Übrigen. So wie auch wir bei der Schaffermahlzeit zunehmend sehen werden, wie wichtig weibliche Führung in der Wirtschaft längst ist.

Erst vor kurzem wurde im Technologiepark der Universität der Digital Hub Industrie eingeweiht, ein bundesweit einmaliges Projekt, an dem Wissenschaft und private Wirtschaft eng miteinander kooperieren, um dort miteinander - räumlich und organisatorisch - innovativer arbeiten zu können als dies in herkömmlichen Mustern der Fall ist. Der Grundgedanke dieses Projektes ist, dass Innovation nicht nur in unseren Köpfen entsteht, sondern auch durch die gezielt herbeigeführte Konstellation unterschiedlicher Fähigkeiten. Die Chance der gezielt herbeigeführten Zufälligkeiten sozusagen.

Und Bremen ist eines der wichtigsten deutschen Zentren in der Luft- und Raumfahrt. Wie auch in der Lebensmittelproduktion, im Schiffbau, in der Logistik und all den hochspezialisierten Bereichen, die mit diesen Sektoren eng verbunden sind. Gerade darin sehen wir für unseren Standort eine große Entwicklungschance. Wo sich internationale Warenströme treffen, dort befindet sich zugleich der richtige Ort für den Ausbau der Produktion. Häfen sind herausragende Befeuerungsorte für die Industrie. Und umgekehrt.

An der bremischen Wirtschaftsstruktur und an ihrer Entwicklung lässt sich bei genauerem Hinsehen sehr schön ablesen, welche Kraft sich aus traditionellen Stärken auch für neue Tätigkeitsfelder entfalten kann, wenn in den bestehenden Feldern innovativ gedacht und gearbeitet wird.

Nehmen wir beispielsweise die künstliche Intelligenz. Hätten wir vor wenigen Jahrzehnten damit gerechnet, dass sich Bremen zu einem der deutschen Zentren in der Robotik entwickeln würde? Im April vergangenen Jahres hat B-Human, das Roboterfußball-Team der Universität Bremen und des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz zum wiederholten Male den RoboCup German Open gewonnen. Das mag spielerisch wirken, zeigt aber auf populäre Weise das außergewöhnliche Knowhow in unserer Stadt. Künstliche Intelligenz ist längst in der Wirtschaft, in den Produktionsprozessen und Anwendungen angekommen. Und Bremen spielt hier in der 1. Liga mit.

Das ist eines der vielen Beispiele, die zeigen, was sich aus den traditionsreichen Feldern des Handels, der Schifffahrt und Industrie entwickelt hat und immer weiter vorangebracht wird. Ohne, dass die ursprünglichen Felder ihre Bedeutung verloren hätte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Gäste!

Heute werden wir – weltweit – auf eine Weise gefordert, wie wir uns dies wohl nie haben vorstellen können. Die Welt ist aus den Fugen geraten. Wir leben in einer Zeit der großen Krisen. Neu ist an dieser Situation, dass so viele große Krisen zur gleichen Zeit aufeinandertreffen. Wir erfahren eine nie dagewesene globale Unsicherheit; sie hat uns aus unserer vermeintlichen Sicherheit gerissen.

Erst die Corona-Pandemie, dann der Ukraine-Krieg, dazu die Energiekrise mit dramatischen Kostensteigerungen, die Inflation, die gestörten Lieferketten, der demografische Wandel mit dem Fachkräftemangel, politische Spaltung und Radikalisierungstendenzen an vielen Orten dieser Welt. Und über all diesem: die Klimakrise. Nichts davon ist zweitrangig. Allen diesen Krisen ist gemeinsam, dass sie uns zum Handeln drängen und ungemein fordern werden.

Der Krieg in der Ukraine hat aber auch, und das stimmt mich wieder optimistisch, eine riesengroße Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft ausgelöst. In der Welt, in Deutschland und gerade auch in Bremen. Es gab und gibt viele Hilfs- und Spendenaktionen. Auch das ist – wie Stockfisch, Frack oder Schaffermahlzeit – typisch bremisch.

In Bremen verbinden wir soziales Engagement mit einer besonders charmanten Eigenheit: Wir feiern und spenden zugleich. Dafür stehen zum Beispiel die Bremer Eiswette oder das Stiftungsfest des Ost-Asiatischen Vereins. Bestehende und neue Freundschaften werden genutzt, um neben der Vertiefung der Kontakte auch Gutes zu tun. Das beste Beispiel hierfür ist die Schaffermahlzeit.

Und mit diesem kleinen Wink will ich Sie, verehrte Gäste, nun bitten, sich zu erheben:

Auf Handel, Schifffahrt und Industrie!

(Hepp, hepp, hepp!)

Rede des 2. Schaffers Jens Lütjen

Auf den Bundespräsidenten und das Vaterland

Meine Damen, meine Herren, vieles ist nicht mehr so, wie es war. Wir blicken auf ein für die Nachkriegszeit historisches, ungemein herausforderndes Jahr zurück. Weichenstellungen sind in Deutschland in Teilen getätigt – unter höchstem Druck, höchster Anspannung und von einer Politik, die im Tagesgeschäft gefordert ist wie selten zuvor. Dieses gilt auch für Familien, Unternehmen und unser Vaterland insgesamt. Das Wort des Jahres 2022 lautet Zeitenwende.

Wir erleben aktuell, wie sich die weltpolitische Balance umfassend neu justiert und mit dem Aufstieg Chinas die fast 500 Jahre währende Vorherrschaft des Westens relativiert wird. Wie entwickelt sich Indien? Wie entwickelt sich Europa im Spannungsfeld zwischen Amerika und China? Und welchen Preis werden wir in Deutschland für die geopolitische Entwicklung im Vaterland zu zahlen haben? Viele Dinge werden nach einem Jahr des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs auf die Ukraine auch für uns im Land mehr denn je ablesbar. Deutschland bangt in Teilen um seine Geschäftsgrundlage–eine drohende Deindustrialisierung muss mit aller Macht und Kraft verhindert werden. Eine große Herausforderung! Wir stehen am Beginn eines Jahrzehnts, in dem wir den wohl radikalsten Umbau der Wirtschaft gestalten müssen, den die Menschen seit der Industrialisierung bei uns im Land erleben.

Dieser Vorspann, sehr verehrte Gäste der 479. Schaffermahlzeit, soll ein wenig die Präambel bilden, gleichermaßen unsere Chancen und Perspektiven im Land aufzeigen, aber auch einen Ausblick zum Verständnis von Politik und Wirtschaft sowie der Gesellschaft geben. Gelingt es uns intelligent, mit hoher Kompetenz und mit einem neuen Wir zu einem Schulterschluss und langfristig einer starken strategischen Aufstellung zu gelangen? Schaffen wir es, eine neue nachhaltige Geschäftsgrundlage für Deutschland zu entwickeln?

Wir sind uns vermutlich alle einig, dass wir aktuell in Deutschland mittel-und langfristig mehr Chancen als Risiken erkennen –und diese hervorragenden Chancen gemeinsam entwickeln können. Aber wie schaffen wir es, die Zeit so zu überbrücken, dass die Gesellschaft im Bewusstsein „beieinander“ bleibt und wir im Kontext einer Vertrauenskultur und eines neuen Wir agieren? Wie gelangen wir zu einer neuen energie-und geopolitischen Stabilität für uns und vor allem für eine generationsübergreifende Perspektive für unser Vaterland?

Politik – ja, sie ächzt unter Tagesarbeit. Wie können Spitzenvertreter und Experten für Energie, Bildung und künstliche Intelligenz, sowie Teams insgesamt aus Wirtschaft und Wissenschaft auf Politik und Gesellschaft wirkungsvoller Einfluss nehmen? Verantwortung, Bezogenheit zur Gesellschaft aber auch zum Beruf eines jeden Einzelnen, verbunden mit hoher Interdisziplinarität, sind unerlässliche Stabilisatoren und Grundlagen dafür. Mein Eindruck ist, dass wir die wichtigsten Weichenstellungen seit Jahrzehnten in diesem und in den kommenden zwei Jahren zu tätigen haben, um den erreichten Wohlstand, die Rechtsstaatlichkeit und vor allem unser demokratisches Verständnis zu verteidigen sowie neu zu stärken – und um mit neuer Kraft in die Zukunft blicken zu können. Die spürbare Anspannung liegt bei Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gleichermaßen – und die Zeit drängt.

Eine mutige Haltung und eine klare Orientierung brauchen unsere Gesellschaft und unser Vaterland, aber ebenso jeder Unternehmer, um den historischen Umbruch gemeinsam zu meistern. Wir brauchen Persönlichkeiten, die uns plausible Leitbilder aufzeigen und Führung geben. Denn Lösungen und Gemeinsinn brauchen Vorbilder und Motivatoren.

Hanns Goeldel hat vor wenigen Wochen im Handelsblatt formuliert: „Neue Zeiten brauchen neue Führungsqualitäten.“ Für den Deutschlandchef der Personalberatung Egon Zehnder sind erfolgreiche Führungspersönlichkeiten offen für Neues, bereit zuzuhören und gleichermaßen orchestrieren sie. So zitiert er wörtlich: „Basta war gestern.“ Führungskräfte der Zukunft müssen nach vorne blicken, nicht nur verteidigen. Vielmehr müssen sie auch begeistern und über die Kommunikation intern wie extern agieren und überzeugen können. Führung muss Innovationsfähigkeit, Resilienz und gleichermaßen Flexibilität für die Organisation umsetzen können – flankiert durch ein Verständnis in Politik und Gesellschaft. Führungskräfte müssen mehr denn je unterschiedliche Perspektiven zusammenbringen, strategisch klug und in interdisziplinären Teams agieren.

Wir müssen auch die junge, stark in Richtung Zukunft blickende Generation mitnehmen. Die Generation, die mehr Sinnerfüllung, mehr verantwortungsvolles Handeln und in Teilen auch mehrsozial induziertes Investment erwartet. Nach meiner Wahrnehmung ist unser Vaterland im Grunde auch bereit dafür. Die junge Generation, die über Jahre im Wohlstand aufgewachsen ist, ist irritiert und stellt gegenwärtig in dieser multiplen Krise sehr viel in Frage. Wie schrieb der Journalist Christoph Neßhöver im managermagazin jüngst zu einer Studie über das Verhalten von Familien: „Gerade die jüngste Erbengeneration will sich keineswegs vor der Debatte um mehr soziale Gerechtigkeit drücken.“ Dieses sollte nur keinesfalls selbst ermächtigte Aktionen von Klimaaktivisten legitimieren, die Flughäfen sperren oder Kunstwerke beschädigen unter Nutzung hoher medialer Aufmerksamkeit.

Deutschland lebt in einem Boot, auf einer Welt mit mittlerweile 8 Milliarden Menschen verteilt auf 193 Länder – nennen wir es heute Abend gerne ein Boot mit 193 Kabinen. An Bord kämpfen wir für eine offene Gesellschaft mit klarem Zielbild. Wir wünschen uns dabei individuelle Freiheit, Autonomie sowie Verantwortung. Die individuelle Freiheit ist eine der wichtigsten Errungenschaften der westlichen Kultur und gleichermaßen auch ein Beitrag zur Moderne. Heute ist die Verteidigung der Demokratie viel gegenständlicher geworden – sicher auch für unseren amtierenden Bundespräsidenten Steinmeier–und als Beitrag für die Welt gefährdeter denn je. Nach einer jüngsten Aussage der Bertelsmann Stiftung sind von 137 untersuchten Ländern nur noch 67 Demokratien, die Zahl der Autokratien stieg auf 70.

Kommen wir noch einmal zu Perspektiven. Welche Chancen gilt es jetzt zu ergreifen? Eine Krise – und damit auch ein neuer Entscheidungs-und Gestaltungsraum – kann zusammenschweißen. Eine Krise kann auch trennen. Eine klare Orientierung und eine starke Führung, ich sprach eingangs bereits darüber, ist für den gemeinsamen Weg notwendig. Verbunden mit Empathie, Bezogenheit und Intellektualität. Das führt mich zwangsläufig zu dem Thema Bildung.

Deutschland ist die größte Volkswirtschaft Europas und momentan noch die viertgrößte der Welt. Im Bereich der Bildung sind wir nach Auffassung vieler Experten, aber auch vieler Familien und vermutlich ebenso aus dem Blick der Festgesellschaft hier heute Abend in der oberen Rathaushalle alles andere als langfristig gut aufgestellt. Bildung ist in letzter Konsequenz nichts anderes als die Ermöglichung von Zukunft mit hoher Selbstwirksamkeit, so Autor Florian von Schreitter in seinem Werk ‚Die Macht der Bildung‘. Es ist unabdingbar, hohe Budgets und hohe Kompetenz in den Bereich Bildung zu investieren – zugunsten angemessener Schulgebäude, motivierter Lehrkörper sowie innovativerer Fächerstrukturen.

Unterstützung bedürfen ferner jene, die bereit sind, in unserem Vaterlandmutig und kreativ Unternehmen zu gründen und damit verbunden eigene wirtschaftliche Risiken einzugehen. Hier gilt es angemessene Konzepte und Achtsamkeit zu entwickeln, um jene Unternehmensgründer mit ihrer Freude und Leidenschaft zu einem eigenen Unternehmen zu flankieren und zu fördern – losgelöst der jetzt restriktiveren Bankenhaltung.

Neue Zukunftschancen setzen Mut, Offenheit und Diskussionskultur voraus, die auf Politik einwirken muss. Die Politik darf hier nicht aus Angst vor Transparenz und vermeintlicher Verletzlichkeit im eigenen Kokon agieren – häufig mit fehlender Bereitschaft für klar definierte Ziele. In dem Zusammenhang ist es äußerst bemerkenswert, dass nach einer Studie des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung die Anzahl und Größe von Staatsunternehmen in den vergangenen 14 Jahren stark zugenommen hat. Die aktuellen Krisen dürfen nicht dazu führen, dass Privatisierungen aus den 80er bis 2000er Jahren rückgängig gemacht werden. Es ist ein Warnsignal, wenn zwischen 2008 und 2019 die Anzahl öffentlich dominierter Unternehmen von ca. 14.700 auf 19.000 und somit um über 4.000 neue Unternehmen gewachsen ist.

Wir müssen versuchen das interdisziplinäre Wissen aller Bürgerinnen und Bürger in Deutschland einzubeziehen. Das fällt schwer, wenn das Allensbach-Institut im Frühjahr 2022 feststellte, dass 31 Prozent der Deutschen der Meinung sind, in unserer Demokratie „nichts zu sagen zu haben“. Für einen gemeinsamen Konsens und für eine zukünftig neue Motivation ist das ein Alarmzeichen, welches wir ernst nehmen müssen! Innere Kündigungen von größeren Teilen der Bevölkerung darf es nicht geben! Jene, die wir verlieren oder verloren haben, müssen wir gelegentlich ziehen lassen – denn es gilt, das große Ganze neu zu positionieren, die gesellschaftliche Mitte – die „Stammkunden Deutschlands“ – zu stärken und nicht zu schwächen durch eine hohe Aufmerksamkeit für Randgruppen. Dabei gilt es eine sensible Hand zu wahren.

Unsere Medien – sie stehen in einer großen Verantwortung. Mein Eindruck ist, dass die Medien nach wie vor wenig motivierend beitragen, positive individuelle oder gemeinsame Erlebnisse zu adressieren und in den Fokus zu rücken. Schade. Eine große Chance, um Motivation und ein neues Wir zu artikulieren. Zur Rolle der sozialen Medien verbleibt heute Abend zu wenig Zeit in dieser Rede, aber wir alle wissen, welch große Macht und auch Veränderungen durch soziale Medien entstehen: Gezielte Fehlinformationen und Manipulationen bedrohen auch hier Demokratie, Meinungsbild, Wahlen und das Recht der Gesellschaft auf faire und objektive Berichterstattung und Informationen.

Bundespräsident Joachim Gauck, den ich in seiner Haltung und Rhetorik immer bewundert habe, hat es vermocht, der Gesellschaft Mut und Selbstvertrauen zuzusprechen. Stets im Glauben von Halt und Vertrauen und vor allem Bezogenheit zu unserem Land aber auch zu unserem Beruf und Tätigkeitsumfeld. Joachim Gauck war jener, der nicht aus einem Politikapparat entstammte. Vielmehr agierte er aus sich heraus mutig und authentisch. Der amtierende Bundespräsident – mit hinterlegter Machtreserve – hält sich aus meiner Wahrnehmung vergleichsweise zurück, sein großes Mantelthema aktuell zu definieren. Die Gesellschaft und unser Vaterland warten auf kraftvolle Linien –ohne die kleinen und wichtigen Themen im Detail zu vernachlässigen. Ein Spagat, der äußerst herausfordernd ist.

Bundespräsident Roman Herzog war es, der am 26.April 1997den Verlust wirtschaftlicher Dynamik und die Erstarrung der Gesellschaft attestierte. Er zeigte diese Krisenszenarien auf und forderte, dass es durch Deutschland ein Ruck geben muss. In gewisser Hinsicht wiederholt sich auf anderer Ebene ein Teil dieser Analyse. Mein Eindruck ist, dass die Erstarrung der Gesellschaft in den letzten zwölf Monaten seit Ausbruch des Ukraine-Krieges in Deutschland nicht zu attestieren ist – viel mehr kämpfen wir um die Treiber der Zeitenwende und damit für eine neue Perspektive, eine neue Zukunft. Erste Schritte dazu sind in den letzten Wochen eingeleitet worden.

Wie sieht nun die neue Vision, der neue virtuelle Gesellschaftsvertrag für Deutschland aus? Neueste Studien bestätigen die höchste Priorität einer exzellent gesteuerten Zuwanderung. Andernfalls werden wir zeitnah und langfristig keine Kompensationschance auf die demografische Entwicklung und den Fachkräftemangel haben. Wir sind gezwungen, nicht zuletzt durch stark vorhandene Forschungs-und Wissenschaftscluster, stärker Akademiker und Wissenschaftler sowie gleichermaßen Fachkräfte aus dem Ausland zu motivieren. Als rohstoffarmes Land ist es zudem essenziell, den Import zu diversifizieren und damit sicherer aufzustellen. Dasselbe gilt natürlich für den Energiesektor.

Exzellenz und Leistungsbewusstsein – auch im Bereich differenzierter Wissenschafts- und zukunftsgerichteter Bildungsangebote – aus meiner Sicht zwingend für Deutschland und seinen Anspruch in der Welt, aber auch für die Aufrechterhaltung von Demokratie und Wohlstand.

Menschen sind unterschiedlich. Da sind jene, die mit 65 Jahren noch beherzt arbeiten und aktiv bleiben möchten. Und da sind jene, die bevorzugt vier Tage oder nur 35 Stunden pro Woche arbeiten möchten. Politik und Staat sollten nicht versuchen uns zu erklären, was hier möglicherweise nur eine gesetzliche Lösung sein kann.

Leidenschaft, Mut, Individualität und Kreativität sind jetzt wichtig für unser Land. Selbstverständlich heißt Demokratie immer auch Kompromisse zu erwirken – wir sollten uns nicht an einzelnen Themenstellungen verhaken, vielmehr das große Ganze endlich definieren. Wohin wollen wir und wohin müssen wir? „Wenn man nicht weiß, welchen Hafen man ansteuern möchte, dann ist kein Wind günstig“, formulierte der römische Philosoph Seneca.

Die soziale Marktwirtschaft in Deutschland beinhaltet ein Aufstiegsversprechen. Damit verbunden gilt es aber auch, die wertfrei hinterlegte Frage zu artikulieren: wieviel schuldet die Gesellschaft dem Einzelnen und was schulden die Einzelnen der Gesellschaft?

Bundespräsident Joachim Gauck hat einmal gesagt: „Unser Herz ist weit, doch unsere Möglichkeiten sind endlich.“ Wir brauchen den Dialog auch mit jenen, die sich abwenden. Wir brauchen insbesondere aber die Kompensation eines innenpolitischen Vakuums in Strategie und Führung. Dieses kombiniert mit einem für die Freiheit verantwortungsvollen Handeln, welches sich nicht nur an spontanem Beifall ausrichtet, sondern vielmehr zugunsten einer gemeinsamen Klammer agiert für unsere Gesellschaft und unser Vaterland.

Mit diesem bekannten Zitat von Winston Churchill möchte ich zum Abschluss meiner Rede kommen: „Erfolg ist nichts Endgültiges, Misserfolg nichts Fatales: was zählt, ist der Mut weiterzumachen.“

Die Kraft der Krise – Deutschland braucht einen neuen Weg, ein neues Wir, nicht nur eine neue plausible Energieversorgung zu marktgerechten Preisen.

Die Kraft der Krise – sie muss parallel zu den großen Aktivitäten jetzt im Tagesgeschehen den Fokus auf Innovationen und Budget im Bereich Bildung, Digitalisierung, Technologie und Exzellenzlegen. Ferner auf dringend zu beschleunigende Genehmigungsverfahren und Agilität für notwendige Infrastrukturen. Deutschland braucht eine neue Bezogenheit zum Land unter Integration aller Menschen mit ihrer Individualität, ihren jeweiligen Begabungen und Talenten.

Meine Damen, meine Herren, ökologischer Patriotismus kann nur auf Basis einer starken, zukunftsfähig neu ausgerichteten Wirtschaft entstehen – und nicht allein aus sich heraus. Sinnerfüllung und Toleranz mit einer gemeinsamen emotionalen Mitte, einem gemeinsamen Zielbild in der Gesellschaft gilt es jetzt neu zu definieren. Dieses auch mit politischer und gesellschaftlicher Akzeptanz des Unternehmertums zugunsten einer zukünftig angepassten sozialen und ökologischen Marktwirtschaft mit den besten Köpfen und Motivatoren, um unser Vaterland zu Gunsten einer überzeugenden Zeitenwende zu gestalten.

Ich bitte Sie nun, sich von den Plätzen zu erheben. Auf unseren Bundespräsidenten und auf unser Vaterland, ein dreifaches ...Hepp -Hepp -Hepp -Hurra!

Rede des 3. Schaffers Christoph Klosterkemper

Auf Bremen und den Senat

Meine Damen, meine Herren,

in welche Zeit kommen wir? Vor welchen Herausforderungen steht Bremen? Vor welchen Herausforderungen steht unsere Gesellschaft?

Wir erleben die Gleichzeitigkeit von großen internationalen Problemen, von Angriffen auf unsere westlichen Demokratien - und das - von Innen und Außen. Radikale Kräfte gewinnen an Einfluss und versprechen einfache Antworten auf komplexe Fragen. Offensichtlich kann die Stabilität von Staat und Demokratie heute nicht mehr wie erhofft als gegeben angesehen werden. Der gesellschaftliche Zusammenhalt steht auf dem Prüfstand.

Das alles liefert den Rahmen, in dem sich Bremen in den nächsten Jahren bewähren muss; und hinzu kommen wirtschaftspolitische Herausforderungen. Mit unserer Exportwirtschaft und starken Logistik ist unsere Hansestadt ein Gewinner der Globalisierung Dennoch müssen wir uns fragen: Welche Auswirkungen hat die Systemauseinandersetzung mit China? Was bedeutet es für die Bremer Wertschöpfung und zukünftige Lieferketten?

Worauf können wir aufbauen, verehrte Damen und Herren, wo liegen Bremens größte Potenziale? Wo wird in Bremen mittel- und langfristig das Geld verdient? Und was sollten deshalb unsere Prioritäten sein? Politik und Staat sind zunehmend überstrapaziert. Das liegt an langsamen Entscheidungsprozessen, an bürokratischen Strukturen und den eben skizzierten Herausforderungen.

Fakt ist: Unsere derzeitigen Anstrengungen werden nicht mehr reichen. Mein Ansatz lautet daher: Wir brauchen Anstrengungen aller gesellschaftlicher Akteure, um die Handlungs- und Steuerungsfähigkeit des Staates und unserer demokratischen Gesellschaft insgesamt zu stärken.

Zunächst aber - Bremen hat beste Voraussetzungen und Stärken! Wir sind: Zentrum einer Metropolregion mit Potenzial; unsere Geschichte und die Traditionen der Hanse bieten ein starkes Fundament, an das sich auch in Zukunft anknüpfen lässt; wir verfügen über eine reichhaltige Kunst- und Kulturlandschaft, - darunter der Dom, das Weltkulturerbe Bremer Rathaus, in dem wir uns heute befinden, dessen Fassade errichtet wurde - als einer meiner Vorfahren - Arendt Gröning - gerade Bürgermeister war; die Böttcherstraße und der Schnoor, die Kunsthalle und das Gerhard-Marcks-Haus, und natürlich die Musik, so prominent vertreten durch die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen.

Dazu kommt unsere Wirtschaftskraft aus Industrie und robustem Mittelstand, die uns zum siebtgrößten deutschen Wirtschaftraum macht und das alles bei gleichzeitig kurzen Wegen einer Stadt. Stolz sind wir auf die exzellenten Universitäten und ihr innovatives Umfeld; - Stolz sind wir darauf ein Bundesland zu sein - mit den entsprechenden Gestaltungsräumen; -Stolz sind wir auf den Emotionsmagneten Werder: Stolz sind wir auf die herausragende Lebensqualität unserer so grünen Stadt mit offenen Straßen und fließendem Verkehr - zumindest bis vor kurzem - vielleicht könnten Sie da..., Herr Bundesminister...?

Fest steht: Unsere Stadt und Region Bremen bietet so viele Vorzüge, dass wir uns gerne - voller Überzeugung - zu unserer Heimat bekennen! Zudem profitieren wir von unserem geographischem Standortvorteil: dem Hafen - unserem Schlüssel zur Welt -, der Logistik ermöglicht und globalen Handel fördert. Bremen ist jetzt schon erfolgreich - das kann man also schonmal sagen! Aber ich denke: da geht noch mehr!

Es gibt Wege, unsere Potenziale noch besser zu heben! Ich sehe hier vor allem drei große Stellschrauben, die strukturelle Veränderungen ermöglichen können:

1. Persönlichkeitsbildung,

2. ein starkes Europa der Regionen und

3. eine neue gesellschaftspolitische Verantwortung von Unternehmen.

Meine Damen, meine Herren, ich sehe - auch als Vater von 4 Kindern - die Persönlichkeitsbildung als einen der wichtigsten Schlüssel für die Zukunftsfähigkeit unseres Stadtstaates. Kurz- und mittelfristig kann die Universitätslandschaft wesentliche Beiträge für Bremens Innovationskraft liefern, langfristig ist das Potenzial der Schulen enorm. Bei diesem bislang leidvollen Thema müssen wir umdenken und in die Offensive kommen.

Denn eine zentrale Frage muss uns umtreiben: Welche Eigenschaften und Fähigkeiten sollten junge Menschen besitzen, um ein selbstbestimmtes Leben in einer immer komplexer werdenden, in einer globalisierten Welt führen zu können? Sie müssen Fähigkeiten erlernen, um voranzugehen, um zu begeistern und Verantwortung für sich, aber auch für andere übernehmen zu können. Außerdem braucht es ein reflektiertes Selbstbewusstsein und Selbstsicherheit, aus denen Mut, Eigenverantwortung und Anstand erwachsen. Für mich kommt es vor allem auf die Haltung an, Ansprüche zunächst an sich selbst zu stellen - und so die Gemeinschaft nicht zu überfordern.

Aber... wie lassen sich diese Tugenden erwerben und einüben? Ich glaube, wir müssen weg von der ökonomischen Verzweckung von Bildung - hin zu mehr Charakterschulung! Denn Schulen sollten mehr sein als „Ausbildungsfabriken"! Stattdessen sollten junge Menschen mit ihren Entwicklungs-Möglichkeiten im Mittelpunkt stehen. Es braucht einen vertieften, humanistischen Bildungsbegriff, der die Schüler befähigt, ihre Talente und Fähigkeiten umfassend zu entfalten. Dazu gehören neben den Kernfächern auch die musische, künstlerische und philosophische Ausbildung, die wirtschaftliche Grundbildung, sowie daneben Sport, Theater und Orchester.

Schulen, die auf diesem Wege zu Lebens- und Lernorten werden, fördern den kreativen Geist des Einzelnen, schärfen seine Urteilskraft und die Autonomie, den eigenen Weg im Leben zu finden. Gleichzeitig erziehen sie zur Verantwortungsübernahme und Gemeinwohlorientierung, die wir zur Stärkung unserer demokratischen Kultur und des sozialen Zusammenhalts dringend benötigen.

Hier wünsche ich mir vom Senat, die Erkenntnis, dass die bildungspolitischen Experimente der Vergangenheit einem neuen Ansatz weichen müssen. Hier schlummert enormes Potenzial ... zu dem ich gerne in den Austausch mit Ihnen, verehrter Herr Bürgermeister, kommen würde Die zweite Stellschraube, zur strukturellen Weiterentwicklung Bremens, sehe ich in einem international kraftvollen Europa der Regionen. Es passt zu Bremens Rolle und unseren Interessen, viel Macht in den Regionen und gleichzeitig bei der EU zu konzentrieren.

Die EU sollte künftig gerade in ihrer strategisch wichtigen Außenrolle für Handel und Sicherheit deutlich gestärkt und effizienter werden. Ansonsten droht die relative Machtlosigkeit Europas in der Systemauseinandersetzung mit China und anderen autoritären Regimen wie dem aggressiven Russland.

So könnten europäische Städte intensiver kooperieren, auch um nationale Regierungen zu beeinflussen und anzutreiben. Die Städte sind es, die liberalen Geist, Vitalität und Weltoffenheit verkörpern. Hier könnte Bremen mit Leuchtturmprojekten und Städtepartnerschaften Impulse setzen. Dabei lohnt sich ein Blick auf bereits bestehende Städtenetzwerke auf internationaler Ebene, in denen Bremen Mitglied ist. Aber was machen wir daraus? … Zu wenig!

Was könnte man daraus machen? Die BMW Group und die Stadt Rotterdam bündeln momentan ihre Kräfte, damit beide Partner bis 2027 Lösungen entwickeln und testen, die Städte lebenswerter machen. Rotterdam soll zum Vorbild für Urbanität weltweit werden.

Warum sollten ähnlich ambitionierte Kooperationen nicht auch in Bremen möglich sein? Ein weiteres Beispiel ist Barcelona, das durch eine gelungene Digitalisierung der Verwaltung seine Effizienz und Bürgernähe gestärkt hat. Was kann Bremen von dieser und anderen Städten lernen? Wir müssen das Rad nicht immer neu erfinden, wir müssen nur konkreter ins Handeln und Umsetzen kommen, gerne auch mit unseren Partnerstädten Riga und Danzig - mit ihren Stärken Digitalisierung und Stadtplanung!

Das dritte Themenfeld - die gesellschaftspolitische Unternehmensverantwortung - liegt mir ebenso besonders am Herzen. Wir erleben in diesen Zeiten eindrücklich, dass der demokratische Rechtsstaat stark und wehrhaft sein muss. Seine Handlungsfähigkeit ist gerade auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt zentral. Dafür braucht es eine neue, eine unverkrampfte Form der Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft, aber letztlich aller gesellschaftlicher Akteure.

Das bürgerschaftliche Engagement ist bereits Teil der DNA unseres Stadtstaates. Die besondere Regierungsform unserer Stadt, seit Jahrhunderten frei von Fürsten, einzig auf das Gemeinwohl, die Interessen Bremens und seines wirtschaftlichen Wohlstands gerichtet, hat seit jeher bedeutet, dass wir Bremer unser Schicksal ganz selbstverständlich in die eigene Hand nehmen. Viele Zeugen dieser selbstverständlichen Haltung sind auch heute noch lebendig und leisten einen erheblichen Beitrag zum Wohle der Stadtgesellschaft.

Sie alle, verehrte Gäste, kennen Beispiele aus dem 19. Jahrhundert, wie den Bremer Kunstverein oder den Bürgerpark. Und auch die Sozialfürsorge wurde bereits von klugen Kaufleuten und Schiffern der vergangenen Jahrhunderte ernst genommen - einer der Gründe, weshalb wir heute die 479. Schaffermahlzeit feiern dürfen.

Ein weiteres Beispiel für die traditionell große Verantwortungsbereitschaft der Kaufmannschaft ist die Rolle der Handelskammer, verehrter Präses.

Dort versammelten sich über Jahrhunderte die Kaufleute, um aus ihrem Kreis den Rat der Stadt zu wählen, aus dem früher der Bürgermeister hervorging. Und auch heute noch finden sich stets exzellente Köpfe, die bereit sind, die große Mühe auf sich zu nehmen, das wichtige Amt des Präses zur Wahrung der Interessen der Kaufleute auszuführen und den Senat zu Höchstleistungen anzuspornen.

Doch merken wir alle, dass die inneren und äußeren Fliehkräfte, politischer, sozialer und technologischer Natur, den Transformationsdruck erheblich gesteigert haben. Uns Unternehmern und Bürgern kommt wieder eine größere Verantwortung zu. Es reicht nicht, nur wählen zu gehen. Unseren Unternehmen muss im aufgeklärten Eigeninteresse daran gelegen sein, positiv und deutlich demokratie- und damit freiheitsstärkend zu wirken.

Deshalb plädiere ich heute für „Public Change-Management" - anspruchsvolle Kooperationsprojekte der Stadtakteure zur Stärkung des öffentlichen Raumes. Es gab bereits Ansätze in der Vergangenheit, an die angeknüpft werden kann. Doch sind wir zu oft „Wissensriesen" - aber „Umsetzungszwerge Meiner Ansicht nach darf Politik größere Ansprüche an sich selbst stellen und alle Mitglieder des Gemeinwesens dürfen noch stärker aufeinander zugehen!

Zusammenarbeit und Konsens sind gefragt, das Fördern, Schätzen und Schützen von bürgerschaftlichem Engagement ist eine gute Voraussetzung für gemeinsamen Erfolg, ideologisch motivierte Grabenkämpfe sind es nicht!

Und was ist dafür notwendig? Die Fähigkeit, zu moderieren, Brücken zu bauen und gut zu führen. Alles Fähigkeiten, die in Unternehmen existieren und die bereits in jungen Jahren eingeübt werden könnten. Womit wir wieder beim Thema Persönlichkeitsbildung wären. Was für eine Chance für den gesellschaftlichen Zusammenhalt!

Jetzt könnten sich Unternehmenslenker fragen: Was soll denn noch alles auf unseren Schultern abgeladen werden? Wir tun doch bereits sehr viel! Die Antwort lautet aber Ohne gesellschaftlichen Zusammenhalt und eine starke rechtsstaatliche Demokratie ist alles nichts - auch in Bremen.

Meine Damen, meine Herren, lassen Sie uns aus unserer Region und unserer Stadt etwas noch Wertvolleres machen! Etwas Wertvolleres - und das auf Basis unserer freiheitlichen, hanseatischen Tradition und der besonderen Situation eines Stadtstaates.

Verehrte Gäste, ich darf Sie bitten: Tragen Sie nicht nur Ihre Eindrücke von diesem Tag, sondern auch die positiven Botschaften aus Bremen in Ihre Heimatstädte, -regionen und -länder. Bleiben oder werden Sie: ein wahrer Freund Bremens!

Bitte erheben Sie sich! Auf Bremen und den Senat, sowie seinen hier anwesenden Präsidenten, ein dreifaches Hepp-Hepp-Hepp-Hurra.

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