Grüne, große Bäume am Wegesrand. Kleine Vorgärten mit Blumen, gestutzten Sträucher und Pflanzen. Zwei weiße Herzen zur Dekoration im Fenster. In der Reihenhaus-Siedlung in Huchting herrscht ein harmonisch verklärtes, fast schon ländliches Leben. Ein kleines Idyll, das am Donnerstag in der Morgendämmerung in Sekundenbruchteilen zerstört wird. Ein heftiger Knall, eine enorme Explosion reißt die Anwohner gegen 4.30 Uhr aus ihrem Schlaf.
Ausnahmezustand an der Kirchseelter Straße und den anliegenden Straßen. Das erste von vier Reihenhäusern steht lichterloh in meterhohen Flammen. Eine riesige Rauchwolke bildet sich über dem Bremer Stadtteil. Eine 41 Jahre Jahre alte Frau und ihr siebenjähriger Sohn sterben. Das Feuer greift auf ein angrenzendes Haus über, in dem eine 70-jährige Frau ums Leben kommt.
Ein Bild des Schreckens, der Zerstörung zeigt sich am Vormittag. Die Einsatzkräfte der Feuerwehr haben den Brand gelöscht, die Ermittler nehmen ihre Arbeit auf. Das Reihenhaus liegt in Trümmern, die Straße ist übersät mit Scherben, Splittern und verschiedensten Bruchstücken. In den Vorgärten und auf der Straße liegen zersplitterte Dachziegel, Steine, Holzlatten oder Reste der Regenrinne.
Die gegenüberliegenden Häuser haben alle etwas abbekommen: Scheiben sind zerborsten, Rollläden und Fensterrahmen zerstört, ein Carport eingestürzt. In mehreren Straßen werden Autos durch herumfliegende Teile beschädigt, mindestens zwei Fahrzeugen setzen die Flammen zu. Das Entsetzen und die Trauer bei Nachbarn und Anwohnern ist groß und bedrückend.
Sie stehen in Grüppchen in den Seitenstraßen. Mit Tränen in den Augen. Sie alle müssen am Vormittag erneut ihre Wohnungen verlassen, weil es nach Gas riecht. "Das Schlimmste ist, dass hier drei Menschen gestorben sind. Alles andere kann man ersetzen", sagt eine direkte Nachbarin. Sie kann das alles noch nicht fassen.
"Ich dachte, ein Flugzeug ist abgestürzt"
Laut einem anderen Nachbarn sei die Druckwelle der Detonation so stark gewesen, dass sie durch die angrenzenden Wohnungen hindurch bis auf die Terrasse durchgeschlagen hat. "Ich dachte, ein Flugzeug ist abgestürzt", sagt ein Nachbar, der nur einige Häuser weiter wohnt. Er habe in der Woche zuvor noch mit der Mutter und der älteren Frau gesprochen.
Andere berichten davon, dass ihr Bett wackelte, die Fenster klirrten. Von Menschen, die auf die Straße rannten, seien Schreie zu hören gewesen. Immer wieder kommen Menschen aus der Umgebung vorbei und erkundigen sich nach dem Wohlbefinden, wollen Informationen von der Polizei. Zwei Jugendliche fahren mit ihren Skateboards rund um den abgesperrten Bereich. Man reicht sich gegenseitig eine Flasche Wasser.
Erst gegen 11.30 Uhr dürfen die Anwohner zurück in ihre Wohnungen. "Die Menschen hier haben sich alle vorbildlich verhalten", sagt Feuerwehrsprecher Michael Richartz. Die Brandschützer hätten am Morgen nur wenige Menschen wecken und aus ihren Wohnungen holen müssen. Der Kontaktpolizist (Kop) ist vor Ort und kümmert sich um die Menschen.
Auch für die Einsatzkräfte selbst, vor allem für diejenigen, die die Leichen bergen mussten, stehen Seelsorger parat. In den sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook gibt es umgehend zahlreiche Beileidsbekundungen, auch Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) drückt sein Mitgefühl aus. Es ist ein schrecklicher Vorfall, der an den 20. November 2000 erinnert. Bei einer Gasexplosion in der Neustadt am Geschwornenweg kamen zwölf Menschen ums Leben.
Am Vormittag wurde damals das Haus der Heilsarmee im Buntentorviertel von einer Explosion zerfetzt. Eine Druckwelle wälzte durch die Straßen und riss Türen aus den Verankerungen. Tagelang hatten bis zu 200 Helfer in dem Trümmerberg nach Verletzten gesucht. Wildfremde Menschen hatten den überlebenden Heimbewohnern und den obdachlos gewordenen Anwohnern Wohnungen angeboten.