Bremen. Die Auseinandersetzung der rivalisierenden Motorradklubs "Hells Angels" und "Mongols" am vergangenen Wochenende zeigt, dass Bremen auch weiterhin im Fokus der Rocker steht. Max Polonyi sprach mit Andrea Wittrock, stellvertretende Leiterin der Bremer Kriminalpolizei, über ein Kuttenverbot und mögliche Vergeltungsaktionen im Milieu der Rockergruppen.
Warum ist die Stadt Bremen für Rockerklubs wie die "Hells Angels" und "Mongols" von Interesse?
Andrea Wittrock: Das ist kein spezielles Phänomen der Stadt Bremen. Insgesamt ist im Bundesgebiet der Trend festzustellen, dass derartige Vereinigungen sich sehr stark in Großstädten niederlassen und von dort Ausweitungsbestrebungen oder eben teilweise auch kriminelle Handlungen durchführen.
Am Wochenende kam es erneut zu Auseinandersetzungen zwischen den beiden Motorradklubs in Bremen. Wie erklären Sie sich die Geschehnisse?
Die Ermittlungen zu diesem Vorfall dauern an. Aus diesem Grund kann ich zu dem Vorfall am Wochenende aktuell noch keine Angaben machen.
In den vergangenen Monaten kam es auch bundesweit vermehrt zu Eskalationen im Konflikt zwischen den Klubs. Die "Hells Angels" in Bremen hatten eigentlich ihre Auflösung verkündet. Nun der Vorfall am Wochenende: Sind die Rocker zurück in der Stadt?
Wir gehen davon aus, dass der Klub seit dem Sommer 2012 nicht mehr Bestand hatte, sich aber die Mitglieder auch weiterhin in Bremen aufgehalten haben und auch in ihrem Umfeld weiter agiert haben. Anfang des Jahres hatten die "Hells Angels" erklärt, dass sie sich in Bremen wieder formiert haben, nun haben sie sich, zumindest laut ihrem Internetauftritt, am vergangenen Wochenende wieder aufgelöst.
Was unterscheidet die beiden Gruppierungen, die sich am Wochenende die Auseinandersetzung lieferten?
Aus polizeilicher Sicht unterscheiden sich "Hells Angels" und "Mongols" grundsätzlich gar nicht. Sie ähneln sich in ihrer hierarchischen Struktur und in ihrer Vorgehensweise. Es sind die Klubs selbst, die großen Wert auf die Abgrenzung zu den anderen Gruppierungen legen. Auch das ist ein Grund für die Rivalitäten untereinander.
Wenn es den Klubs um das Motorradfahren und ihre Bruderschaft geht, wie sie von sich selbst häufig behaupten, warum können dann nicht mehrere zusammen in einer Stadt existieren?
Das kann man sich so vorstellen wie bei Fußballvereinen. Diese sind direkte Konkurrenten, da geht es allerdings um sportliche Aktivitäten. Bei den Rockerklubs geht es um die unterschiedliche Klubphilosophie, aber es geht natürlich auch um Gebietsansprüche.
Wie gefährlich sind die Vereine für die Bremer Bürger?
Das martialische Auftreten von solchen, größeren Personengruppen sorgt grundsätzlich für ein Unsicherheitsgefühl in Teilen der Bevölkerung. Das muss nicht der realen Gefährdungslage entsprechen, sorgt aber für Unbehagen. Darüber hinaus besteht natürlich, wie bei der Auseinandersetzung am Wochenende, durchaus die Gefahr, dass Unbeteiligte, die sich zufällig gerade in der Nähe aufhalten, zwischen die Fronten der verfeindeten Klubs geraten. Direkte Angriffe auf Außenstehende sind aber die Ausnahme. Klassischerweise finden die Auseinandersetzungen zwischen den Klubs im Milieu statt. Die haben ihre eigenen Regeln, und möchten Konflikte unter sich klären.
Würde ein Kuttenverbot, wie Innensenator Ulrich Mäurer es vorgeschlagen hat, das Problem lösen, oder würden die Klubmitglieder einfach ohne Kutte weiter ihren Geschäften nachgehen?
Die Kutte ist ein wichtiger Bestandteil, mit dem die Mitglieder ihre Zugehörigkeit zu einem Klub ausdrücken. Ein Kuttenverbot ist ein Mosaik im staatlichen Maßnahmenbündel und würde uns weitere rechtliche Möglichkeiten bieten, gegen kriminelle Rockergruppen vorzugehen.
Wie muss man Ihrer Meinung nach mit den Klubs umgehen, um die Problematik in den Griff zu bekommen?
Jede staatliche Behörde, nicht nur in Bremen, ist gut beraten, entsprechende Verbotsverfahren zu prüfen, wenn Rockerklubs sich nicht an rechtsstaatliche Regeln halten. Ein solches Verhalten kann nicht geduldet werden.
Befürchten Sie, dass es in Zukunft noch zu Vergeltungsaktionen für den Vorfall am Wochenende und zu weiteren Auseinandersetzungen kommen wird?
Die Erfahrungen im Bundesgebiet zeigen, dass starke Rivalität zwischen einzelnen Klubs vorhanden ist. In der Regel lässt eine Seite es nicht auf sich beruhen, wenn ein Rivale in Aktion getreten ist. Insofern stellen wir uns auf mögliche Vergeltungsaktionen ein und bereiten uns auf entsprechende Reaktionen vor.
Zur Person: Andrea Wittrock, 43, ist seit Juli 2012 stellvertretende Leiterin der Bremer Kriminalpolizei. Sie ist die erste Frau, die ein hohes Führungsamt bei der Bremer Polizei bekleidet.