Bremen. Die Polizei wird im Laufe des Sonntags alle Rocker wieder frei lassen, die am Freitag und Sonnabend vorläufig festgenommen worden waren. Am Freitagabend hatte es eine Auseinandersetzung mit einem lebensgefährlich Verletzten gegeben.
Am Sonnabend sind bei mehreren Großeinsätzen insgesamt 79 Tatverdächtige vorläufig in Gewahrsam genommen worden. Bereits am Freitag hatten Einsatzkräfte 24 Rocker festgesetzt, die an den Ausschreitungen im Rembertiviertel beteiligt gewesen waren. Bei dieser Massen-Schlägerei war ein 41-Jähriger durch Messerstiche lebensgefährlich verletzt worden.
Um weitere Straftaten zu verhindern, hat die Polize am Sonnabend mehrere Einsätze durchgeführt. Dabei waren der Rembertiring und die B75 zeitweise gesperrt worden. In einer Passage nahe des Bahnhofs haben die Einsatzkräfte 50 Personen festgenommen, die der verbotenen Rockergruppe "Mongols" zugeordnet werden konnten. Die Beamten durchsuchten sie, dabei gab es keine Widerstände. Die festgenommenen Personen kamen in Polizeigewahrsam.
Weitere Polizisten überprüften Autos und deren Insassen sowie eine Gaststätte im Grünenweg. Dabei stießen sie auf Mitglieder der Rockerszene, die sie ebenfalls durchsuchten. Einige hatten Messer oder Schlagstöcke bei sich. Sie blieben über Nacht in Polizeigewahrsam. Die anderen erhielten einen Platzverweis.
Rocker melden sich zurück
Die Polizei bereitet sich auf weitere Zusammenstöße vor, man müsse mit Rache-Aktionen rechnen, sagte am Sonnabendmittag Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) auf einer Pressekonferenz. Die Auseinandersetzung könnte ein Baustein sein, um ein Verbotsverfahren gegen die "Hells Angels" auf den Weg zu bringen, sagte Mäurer weiter. Bereits im Februar hatte die Polizei eine Auseinandersetzung zwischen Rockern der "Mongols" und der "Hells Angels" beendet. Am Freitagabend eskalierte ein erneuter Streit am Rembertikirchweg: Rund 40 Rocker attackierten sich mit Messern, Schlagringen und Hiebwaffen. Die Polizei war mit fast 150 Beamten, darunter Spezialeinheiten, im Einsatz. Die Beamten hätten schnell reagiert und die Schlägerei in relativ kurzer Zeit beenden können, sagte Polizeipräsident Lutz Müller.
Gegen 21 Uhr am Freitagabend hatten zwei Zivilstreifen unabhängig voneinander verdächtige Gruppen am Richtweg und am Rembertiring beobachtet. Sie verfolgten sie bis zum Rembertikirchweg. Als die herbeigerufene Verstärkung dort eintraf, wurden die Beamten angegriffen, berichtete gestern Polizeiführer Stefan Kiprowski. Mit einer brennenden Feuerfackel (Bengalo) sei ein Rocker auf Polizisten zugegangen, eine Gruppe habe einen Polizisten attackiert. Die Polizei gab zwei Warnschüsse ab.
Ein 41-jähriger Mann aus Delmenhorst lag schwer verletzt am Boden. Er hatte sechs Stichwunden davongetragen, darunter zwei lebensgefährliche, und musste notoperiert werden. Ein weiterer Verletzter ist inzwischen aus der Klinik entlassen worden.
Die Polizei konnte den Messerstecher bislang nicht ermitteln, sie nahm am Freitagabend insgesamt 24 Rocker fest. Davon seien 17 den "Mongols" und sieben den "Hells Angels" zuzurechnen, sagte Kiprowski. Alle sind wieder auf freiem Fuß. Sie sollen überwiegend aus Bremen stammen und hier auch schon aufgefallen sein. Der Hintergrund der Schlägerei ist noch unbekannt. Bei Personen- und Fahrzeugkontrollen fanden die Beamten zahlreiche Waffen, darunter Messer, Schlagringe, Bengalos und einen großkalibrigen Revolver. Überprüfungen gab es auch in Delmenhorst, weil der Polizei Erkenntnisse vorlagen, dass sich dort weitere "Hells Angels" aufhielten. Die B75 war wegen der Kontrollen eine Stunde lang in Richtung Bremen gesperrt.
"Hells Angels" formal aufgelöst
Die Bremer "Hells Angels" hatten sich im vergangenen Sommer formal aufgelöst und ihr Vereinsheim in der Innenstadt geschlossen. "Wir haben sie aber nicht aus den Augen verloren", betonte Polizeipräsident Müller. Das gelte auch für die "Mongols", die zwar 2011 in Bremen verboten wurden, "sich aber hier noch aufhalten". Ihre Strukturen seien wenig sichtbar, so Müller. Die Ermittlungen liefen weiter.
Senator Mäurer verwies auf das Kuttenverbot für die "Hells Angels" in Bremen und auf Maßnahmen gegen ihre Motorrad-Ausfahrten. An einem Verbotsverfahren für die sich "neu konstituierende" Bremer Gruppierung werde gearbeitet, so Mäurer. Die Auseinandersetzung am Freitag könne dabei hilfreich sein. Ein Verbot der "Hells Angels" wäre ein "Mosaikstein" bei der Bekämpfung der Rockerkriminalität. "Die Strukturen wird es aber weiterhin geben."
Kritik von der CDU
Der CDU-Abgeordnete Wilhelm Hinners warf Mäurer am Sonnabend vor, die Gefahren krimineller Rockergruppen völlig unterschätzt zu haben. Die CDU werde am Montag eine Sondersitzung der Innendeputation beantragen. "Dass Polizisten Warnschüsse abgeben müssen, um ihre eigene Haut zu retten, zeigt, dass die Rocker zu allem entschlossen sind", so Hinners. Es sei naiv zu glauben, die Rockerbanden ließen sich durch ein Kuttenverbot einschüchtern oder vertreiben. "Die Banden haben sich im Untergrund lediglich neu aufgestellt." (hoe/bib)