Schon klar, und wer will's ihnen verdenken: Meine Betreuer vom Amt für Straßen und Verkehr haben zurzeit anderes zu tun. Ihnen bröckeln über der Weser die Brücken weg, nicht schön. Darauf wird jetzt natürlich alle Anstrengung gelenkt, jede Tat- und Entschlusskraft. Leises Verständnis also, dass ich ein wenig aus dem Blick geraten bin. Doch soll das so weitergehen? Und was blüht mir am Ende? Die ewige Verdammnis?
So weit ist es mit dem Poller in der Langenstraße gekommen, dass er nicht nur vergessen wird, sondern, wie an diesen Zeilen zu merken, auch noch kultureller Aneignung ausgesetzt ist. Der Mensch, hier in seiner spezifischen und zuweilen absonderlichen Ausprägung als Zeitungsfritze, verwandelt sich in die Sache, über die er schreibt.
Ja, der Poller, das bin jetzt mal ich und kann deshalb aus meinem Leben erzählen. Als ich der Kanzlerin im Weg stand und nicht weichen wollte. Radfahrern hinterrücks einen Schubs verpasste. Und auch sonst unvermittelt hoch- und runterfuhr. Das war lustig, das hat Spaß gemacht. Weniger Freude, überhaupt keine, machten mir die Angriffe, denen ich ausgesetzt war. Ständig diese Dusseleien, wenn Autofahrer, meist solche im Lastwagen, mich förmlich aus den Socken hauten. Vor Weihnachten erst wieder, rumms!
Seitdem, seit zwei Monaten schon, verharre ich in Dunkelheit, bin gefangen im Erdreich der Langenstraße. Meine Betreuer hatten Hilfe versprochen. Doch das ist lange her und blieb ohne Folgen. Hallo!, rufe ich. Ich bin noch da, auch wenn mich niemand mehr sieht. Poller in Not! Kommt mal jemand und holt mich hier raus?