Um gute Reden halten zu können, muss man mit sich selbst im Reinen sein. Das sei das Geheimnis erfolgreicher Sprecher, sagt Gerd Köster. Die Ethik, die Ehrlichkeit seien am Wichtigsten. Deshalb fange er seine Monologe meistens mit Beispielen aus dem eigenen Leben an. Der Wahlbremer (64) tritt seit acht Jahren bundesweit auf die Bühne. Köster moderiert und hält Reden über Lebenskunst und Erfolg im Unternehmen. Sein Schwerpunkt: Ethik im Management und Identifikation mit dem eigenen Betrieb.
Kürzlich hat Köster am Internationalen "Speaker Slam" in München teilgenommen. Ein „Speaker Slam“ ist ein Wettbewerb unter Rednern, die ähnlich wie in einem „Poetry Slam“ auf die Bühne treten und vor dem Publikum einen kurzen Monolog halten. Das Publikum oder eine Fachjury bestimmt die Gewinner. Die Veranstaltungsform ist relativ neu: In New York, Wien und Frankfurt fand sie vor drei Jahren zum ersten Mal statt.
„In München saßen viele Kollegen in Publikum, und sie gehen meistens mit positiven Gefühlen rein“, erinnert sich Köster. Die Atmosphäre sei angenehm gewesen. Das Lampenfieber, diese Nervosität, bevor man auf die Bühne tritt, sei jedoch immer dabei, erzählt er. Und das ist auch gut so: Die Spannung hilft bei der Performance. "Solange man nicht vor Angst gelähmt ist, kann eine gewisse Nervosität von Vorteil sein", sagt er. Wenn sie fehle, werde der Auftritt in der Regel nicht gut.
Bei dem Wettbewerb kamen die Teilnehmer vorwiegend aus Bayern, einige aus Hamburg und einzelne aus dem Ausland. Die 54 Speaker in München brachen sogar einen Weltrekord, da sie insgesamt fünf Stunden lang ohne Pause geredet hatten. Vielleicht könnte man etwas Ähnliches auch in Bremen organisieren?, überlegt Köster. "Wieso sollten wir es den Bayern überlassen?". Nach der Veranstaltung hat er jedenfalls erst einmal die Einladung bekommen, in New York aufzutreten und an einem Workshop an der renommierten Lee-Strassberg-Schauspielschule teilzunehmen. „Ich bin sehr gespannt darauf“, sagt er mit einem Lächeln.
Kösters Beruf hat grundsätzlich viel mit dem Glück, mit dem Glücklichsein, zu tun. Denn seine Reden drehen sich meistens um Themen des beruflichen Erfolgs und der persönlichen Zufriedenheit. „Glück bedeutet, Ja zum Leben zu sagen“, sagt er. Das dürfte ein wenig nach Yoga am Morgen und „Positive thinking“-Handbuch klingen. Doch von New-Age-Trends, esoterischen Lebensanweisungen und positivem Denken hält der Wahlbremer nichts. „Ich bin kein Anhänger davon“, sagt er mit einem Ausdruck, der jeden Zweifel über seine Haltung ausräumt.
Der 64-Jährige wirkt im Nadelstreifenanzug und mit heller Krawatte wie ein erfahrener Bühnenmoderator, während er auf dem schwarzen Ledersessel in seinem Büro über Zufriedenheit im Beruf und Unternehmensführung redet. Als würden in ihm beide Rollen, die des Bühnenredners und die des Lebensberaters, stets unter der Oberfläche schlummern. Denn der gebürtige Oldenburger arbeitet nicht nur als Speaker, sondern vornehmlich als Berater. Er coacht Privatpersonen, aber auch und vor allem Geschäftsleute, die ein Problem in ihrem Unternehmen haben oder besser im Beruf werden wollen. Die Erfahrungen, die er in dieser Tätigkeit sammelt, fließen dann in seine Reden ein.
Über die Anfänge seiner Leidenschaft für die Bühne sagt er nicht viel. Außer: „Reden halten konnte ich schon immer.“ Zum ersten Mal habe er in seiner Studienzeit in einem Auditorium vor dem Publikum gesprochen. Das Thema: die bevorstehenden Studentenwahlen. „Ich ging rein, redete, und alles war gut“, erinnert er sich. „Das zweite Mal war allerdings schlecht", fügt er hinzu und lacht. Sich gut vorzubereiten, sei beim Halten einer Rede zentral – selbst, wenn man locker aussehen wolle. „Und das habe ich damals natürlich nicht getan“, sagt er mit einem Schmunzeln. So etwas lerne man auch mit der Zeit.
Als Jugendlicher wollte Gerd Köster eigentlich Mediziner werden. Doch dann änderte er seine Pläne. Er studierte Germanistik und Sozialwissenschaften – aber diese Fächerkombination führte ihn zunächst in die Arbeitslosigkeit. "Wir waren damals die erste Generation, die mit diesen beiden Fächern arbeitslos wurde", erinnert er sich. Also studierte er Betriebswissenschaften und trat in die Fußstapfen seines Vaters, der eine Baufirma besaß. Erst später absolvierte er die Ausbildung als Moderator. Und jetzt sei er wieder beim Lehren gelandet, sagt er.
Denn bei der Beratung gelte es, die jeweilige Person zu leiten und sie selbst das Problem lösen zu lassen. Das Wichtigste dabei sei auch das Schwierigste: zuhören und Geduld haben. Als Coach darf Gerd Köster lediglich Fragen stellen. Urteile oder Anweisungen sind verboten. „Ein Berater ist wie eine Hebamme: Sie ist da, aber das Kind kommt schon alleine auf der Welt“, sagt er. Ganz im Gegenteil zu seiner Tätigkeit auf der Bühne: Dort gilt es vor allem, gehört zu werden.