Diese Zahl spricht für sich: 54 Prozent der Menschen in der Hansestadt wissen nicht, was die Bremische Bürgerschaft ist. Das ist das Ergebnis zu dem 31 BWL-Studenten der Bremer Uni in Zusammenarbeit mit der Werbefirma Ströer im Rahmen eines Plakatprojektes gekommen sind. Die Studentinnen und Studenten sollten sich im Rahmen ihres Masterstudiums Entwürfe überlegen, mit denen sie eine junge Zielgruppe ansprechen. Auftraggeber waren die Bremische Bürgerschaft und die Polizei Bremen. In der Bürgerschaft präsentierten die Teilnehmer am Dienstag auch ihre Ergebnisse.
Als Anfang Juli in Bremen insgesamt 200 Plakate in der gesamten Stadt hingen, überprüften die Studierenden anhand von Umfragen, wie wirksam ihre Werbebotschaften waren, die sich vor allem an die junge Zielgruppe wenden sollte. Die Werbebotschaft lautet: „Du als Taktgeber:in.“ Über einen QR-Code können sich Interessierte über Smartphone weitere Infos holen. Anschließend befragten die Studenten insgesamt 700 Personen – vor allem Personen zwischen 20 und 29 Jahren.
Bei der Plakatkampagne konnten sich zumindest knapp drei Viertel der Befragten an die Bremische Bürgerschaft als Absender der Werbebotschaft erinnern. Bei der Frage, was denn die Bremische Bürgerschaft ist, antworteten 54 Prozent, dass sie diese nicht kennen. Der Rest konnte mit der Institution etwas anfangen. Zumindest falle das Plakat wegen des knalligen Orangetons auf, sagte ein Großteil der Befragten.
Dass so viele Menschen in Bremen mit der Bürgerschaft nichts anfangen können, dazu sagte Bürgerschaftspräsident Frank Imhoff (CDU), der gleichzeitig Schirmherr des Projekts ist: „Das zeigt doch, dass wir den richtigen Weg damit gehen, um zu zeigen: Hier in der Bürgerschaft spielt die Musik, hier kannst Du Taktgeber werden.“ Gleichzeitig gab Imhoff zu, dass noch viel Arbeit auf die Politik zukomme: „Wir müssen den Menschen mehr zeigen, was wir hier machen.“
Die Studierenden gaben Tipps: „Die Bürgerschaft soll es beispielsweise mit einem Podcast versuchen, mehr junge Menschen für sich zu gewinnen. Im Podcast soll es persönlich zugehen, damit die Zuhörer erkennen, dass Politiker auch nur Menschen sind.“ Ein Student sagte bei der Präsentation: „Es geht darum, dieses Vorurteil abzubauen, dass die Politiker da oben sind und nicht auf Augenhöhe mit den Bürgern.“

"Bremen, bleibt aufmerksam!" sagt das Werbeplakat der Bremer Polizei. Davor stehen (von links) der Bremer Marketing-Professor Christoph Burmann, der Bremer Ströer-Niederlassungsleiter Bernd Sonnemann, die BWL-Studierenden Lara Haidar, Burcu Sahin, Max Busch, Amir Aburok und Frank Erhardt vom Präventionszentrum der Bremer Polizei.
Noch polarisierender war das Ergebnis bei der Plakatkampagne für die Bremer Polizei mit dem Slogan „Bremen, bleib aufmerksam!“ Ziel ist es, die Menschen für mehr Sicherheit am Steuer zu gewinnen und während der Autofahrt die Hände vom Smartphone zu lassen. Polizist Frank Erhardt vom Präventionszentrum und seine Kollegen entschieden sich für einen Entwurf, bei dem ein Smartphone in einen roten Sportwagen gesteckt ist, der so gegen die untere Plakatkante geknallt ist, dass Vorderreifen und andere Autoteile durch die Luft wirbeln. Jüngeren Menschen konnten dem Plakat etwas Positives abgewinnen, die eher älteren Befragten dagegen weniger.
50 Prozent Zustimmung
Neben der Wirkungsanalyse machten die Studenten nebenbei noch eine Erfahrung, mit der sie nicht gerechnet hatten: „Bei unserer Befragung im Viertel hatten wir so einige, die nicht gut auf die Polizei zu sprechen waren.“
50 Prozent der Befragten fanden die Kampagne nach eigener Aussage gut. Frank Erhardt von der Polizei sagte dazu: „Bereits 50 Prozent werten wir als Erfolg. Jeder einzelne, den wir damit erreichen, der danach sein Verhalten anpasst, ist schon ein Erfolg.“ Parallel zur Plakatkampagne hatte die Polizei auch Verkehrskontrollen gemacht, die sie vorher angekündigt hatte.
Der Bremer Marketing-Professor Christoph Burmann sagte am Dienstag: „Man sollte dies als Teil einer ‚integrierten Kommunikation‘ betrachten und seine Botschaft an möglichst vielen Stellen mit verschiedenen Kommunikationsinstrumenten transportieren.“ Ein einzelnes Plakat könne da allein nicht viel bewirken: „Man darf da auch die Rolle der Kommunikation nicht überbewerten.“ Zu den Kanälen gehöre auch Social Media, um die junge Zielgruppe zu erreichen.
Bernd Sonnemann von der Firma Ströer sagte: „Es waren extrem schwierige Aufträge. Beide Institutionen sollten an dieser Stelle weiterarbeiten – auf den Gleisen, die für sie jeweils Sinn machen.“ Die Auseinandersetzung mit der Polizeiarbeit scheint dabei auch an anderer Effekte erzielt zu haben: Eine Studentin erkundigte sich nach der Präsentation nach einem Praktikum bei der Polizei in der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit.