So richtig schlau wird Achim Kaschub aus der geplanten Erhöhung der Präsenzzeit für Lehrkräfte nicht. „Diese Präsenzzeit kann definitiv nicht gelebt werden“, sagt der Vorsitzende der Schulleitungsvereinigung. Zur Begründung beschreibt er die Verhältnisse an seiner Schule, dort gebe es gerade mal acht Arbeitsplätze für 70 Kollegen. „Und diese Ausstattung ist schon gut.“ Ins gleiche Horn stößt der Personalrat Schulen. „Viele Arbeiten erfordern einen echten Arbeitsplatz“, sagt dessen Vorsitzender Jörn Lütjens. „Aber die Schulen können ihn nicht zur Verfügung stellen.“ Sein Fazit: „Die Erhöhung der Präsenzzeit bringt faktisch gar nichts.“
Um die Neuerung gibt es einiges Rätselraten. Im Eckwertepapier der Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und Linken zu den Haushalten 2026/27 war am 11. Juni zwar von einer Erhöhung der Wochenarbeitszeit für verbeamtete Lehrkräfte auf 41 Stunden die Rede und einer Anpassung der Altersermäßigung an niedersächsische Verhältnisse. Von einer Aufstockung der Präsenzzeit stand in dem Papier aber nichts. Dieser Passus tauchte erst eine knappe Woche später im Eckwertebeschluss des Senats für die Haushaltsaufstellung auf. Unter Punkt 33 heißt es, der Senat beschließe die Erhöhung der Präsenzzeit von Lehrerinnen und Lehrern. Die Änderung soll zum 1. Januar 2026 in Kraft treten, die Bildungssenatorin will rechtzeitig eine Neufassung der rechtlichen Regelung vorlegen.
Offen bleibt im Senatsbeschluss, in welchem Umfang die Präsenzzeit erhöht werden soll – wenn auch die Bildungsbehörde schon mal eine Stunde genannt hatte. Die bisherige Präsenzzeit-Verordnung sieht für Vollzeitbeschäftigte eine maximale Präsenzzeit von 35 Stunden pro Woche vor. Bei einer Unterrichtsverpflichtung (Deputat) von 25 Stunden müsste die Lehrkraft also weitere zehn Stunden präsent sein – laut Personalrat Schulen aber nicht unbedingt nur in der Schule, auch Schulfahrten und Wandertage gehörten zur Präsenzzeit. Als Aufgaben werden in der Verordnung unter anderem Vor- und Nachbereitungen genannt, Aufsichten sowie im Rahmen der Kooperationszeiten die Planung des Unterrichts im Team, schulinterne Fortbildungen, Elternberatungen und Beratungen mit Schülerinnen und Schülern. Nach diesem Modell bleiben bei einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden noch fünf Stunden für Schreibtischarbeit in den eigenen vier Wänden.
In den Schulen wird der Spielraum der Präsenzzeit-Verordnung offenbar eher selten in vollem Umfang ausgeschöpft. „Keine Schule sagt zu ihren Lehrkräften, ihr bleibt jetzt 35 Stunden hier“, so Kaschub. Unterdessen bleiben die Gründe für die Erhöhung im Dunkeln. Womöglich handelt es sich einfach nur darum, mit der höheren Wochenarbeitszeit Schritt zu halten. Von der Bildungsbehörde ist dazu keine Auskunft zu erlangen. Weil der Senatsbeschluss vorliege, „müssen und werden wir diesen Beschluss umsetzen“, sagt Ressortsprecherin Patricia Brandt. Die Verordnung werde entsprechend angepasst. „Die Details werden gerade erarbeitet.“