Die politisch motivierte Kriminalität hat im Land Bremen 2018 den höchsten Stand seit sieben Jahren erreicht. Knapp die Hälfte der registrierten Straftaten geht mutmaßlich auf das Konto von Rechtsextremisten. Aber auch die linke Szene ist recht agil. Die Zahlen sind dem Entwurf einer Senatsantwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen zu entnehmen. Mit dem Papier wird sich die Landesregierung am kommenden Dienstag beschäftigen.
Insgesamt eröffneten die Strafverfolgungsbehörden im vergangenen Jahr 330 neue Verfahren, die der politisch motivierten Kriminalität zuzuordnen sind. Die Bandbreite reicht von Landfriedensbruch über Körperverletzung, Volksverhetzung und Brandstiftung bis zu Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. Auch ein versuchtes Tötungsdelikt taucht in der Statistik auf. Dabei handelt es sich um eine Gewalttat in einer Behinderteneinrichtung, verübt von einem Mann, der offenbar wahnhafte antimuslimische Vorstellungen entwickelt hatte.
Rechts- und linksextremistisch motivierte Straftaten unterschieden sich 2018 deutlich nach Deliktgruppen. Typisch für das rechte Spektrum waren Propagandadelikte und Volksverhetzung, Gewalttaten ließen sich an einer Hand abzählen. Bei den Linken dominierten eindeutig Sachbeschädigungen, auch mehrere Brandstiftungen standen zu Buche. Zehnmal ermittelte die Polizei wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz, dreimal wegen Landfriedensbruchs, sechsmal wegen Körperverletzung.
Anstieg rechtsextremistisch motivierter Staaten
Der neuerliche Anstieg der Fallzahlen speist sich vor allem aus dem Zuwachs bei mutmaßlich rechtsextremistisch motivierten Straftaten. Von 110 Taten in 2017 gab es hier einen deutlichen Sprung auf 152. Bei den Taten von links lag die Zahl mit 119 knapp unter dem Niveau des Vorjahres.
Insgesamt 34 politisch motivierte Straftaten wurden nach Erkenntnissen der Polizei von Ausländern verübt. Dabei ging es beispielsweise um die telefonische Bedrohung eines mutmaßlichen Mitglieds der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und um eine gefährliche Körperverletzung ebenfalls mit PKK-Hintergrund. In 25 Fällen (2017: 44) war der Tat keine klare politische Stoßrichtung zuzuordnen.
Von den Ermittlungsverfahren bei Polizei und Staatsanwaltschaft abzugrenzen sind die Fälle, die 2018 bei Gericht landeten und dort mit Einstellungen oder Verurteilungen endeten. In dieser Rubrik erkundigten sich die Grünen ausschließlich nach rechten beziehungsweise fremdenfeindlichen Straftaten. In 131 Fällen wurde demnach das Verfahren gegen ermittelte Beschuldigte aus unterschiedlichen Gründen eingestellt. Nur in 17 Fällen kam es zu Verurteilungen, zumeist zu Geldstrafen. Vier Strafprozesse endeten mit Haftstrafen unter zwei Jahren, die allesamt zur Bewährung ausgesetzt wurden.

Die Anzahl der politisch motivierten Straftaten erreichte 2018 den höchsten Stand seit sieben Jahren.
Die mit einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten am massivsten sanktionierte Straftat hatte sich im Bereich Woltmershausen ereignet. Der zum Tatzeitpunkt 30 Jahre alte Rechtsextremist hatte seine Nachbarn nicht nur mit „Ausländer-raus“-Rufen traktiert, sondern auch einen mit brennbarer Flüssigkeit getränkten Stoff vor deren Haustür entzündet. Die Flammen griffen nicht auf das Haus über.
Sechs Monate auf Bewährung brachten einem 77-Jährigen aus Osterholz-Tenever seine verbalen Attacken gegenüber seinen türkischstämmigen Nachbarn ein. Zu dem 47-jährigen Familienvater hatte er gesagt, dass man ihn und seine Angehörigen als Angehörige einer minderwertigen Rasse vergasen müsse. Mit Geldstrafen wurde demnach in der Regel rechtsextremes „Heil-Hitler“-Gegröle geahndet. Ähnliches galt für das Zeigen des Hitlergrußes.
In fünf Fällen wurden 2018 rechtsextrem gesinnte Internet-Nutzer verurteilt. Sie hatten ihrem Ungeist zumeist in sozialen Netzwerken freien Lauf gelassen, wohl in der Annahme, dass dies keine juristischen Folgen haben würde. In fast allen Fällen handelte sich bei den Tätern um Männer. Nur in einem Fall musste sich eine 52-jährige Frau vor Gericht verantworten. Sie hatte auf Facebook gefordert, Asylbewerber und Flüchtlinge sollten vergast werden. 1100 Euro kostete diese menschenverachtende Entgleisung.