Jeder kann Leben retten – mit dem Tag der Ersten Hilfe, der jedes Jahr am zweiten Sonnabend im September stattfindet, wollen Organisationen wie das Deutsche Rote Kreuz die Menschen dazu aufrufen, sich in Erster Hilfe auszubilden, und die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung stärken. Denn ob im Straßenverkehr, in der Firma, beim Sport oder im Haushalt: Es kann überall und jederzeit zu brenzligen Situationen kommen. Wie fit fühlen sich die Bremerinnen und Bremer, wenn es um Erste Hilfe geht? Der WESER-KURIER hat nachgefragt.

Grit Haberkern
"Viele haben Sorge, etwas falsch zu machen."
Grit Haberkern (50): "Ich fühle mich in dem Bereich sehr sicher, denn ich schließe gerade meine Ausbildung als Erste-Hilfe-Lehrkraft ab. Ich werde künftig beim Deutschen Roten Kreuz Kurse geben, für Führerscheinanwärter, aber auch für andere Gruppen. Dass ich das Thema nach vielen Jahren in einem anderen Job jetzt zu meinem Hauptberuf mache, liegt an einem Notfall im familiären Umfeld. Ich habe dadurch festgestellt, wie wichtig es ist, dass Menschen ohne Scheu helfen. Die meisten machen einen Kurs für den Führerschein und kommen dann nie wieder mit Erster Hilfe in Berührung. Es gibt zudem eine große Sorge, etwas falsch zu machen, und deshalb gehen viele bei einem Notfall schnell weiter. Ich will den Menschen die Angst nehmen, einzugreifen."

Martina Dietrich
"Es sollte zum Allgemeinwissen gehören."
Martina Dietrich (65): "Ich bräuchte zwar einmal eine Auffrischung, aber die stabile Seitenlage und die Herzdruckmassage bekomme ich auf jeden Fall noch hin, weil ich für meine Trainerausbildung im Sport einen Erste-Hilfe-Schein machen musste. Ich habe sogar einmal selbst sehr von dem Kurs profitiert, als ich mich mit einem Glassplitter im Auge verletzt habe. Es sollte eigentlich zum Allgemeinwissen dazugehören, wie man Erste Hilfe leistet, nicht nur im Straßenverkehr, sondern auch im Alltag. Für viele ist es aber eine große Hürde, im Notfall zu helfen. Dabei haben doch heute alle überall ihr Handy dabei. Da kann man zumindest einen Notruf absetzen. Wenn jemand in Not ist, darf man nicht vorbeigehen. Nichts zu tun, ist das Schlimmste."

Tanja Nadolny
"Die Bremer sind sehr hilfsbereit."
Tanja Nadolny (39): "Auf einer Skala von eins bis zehn sehe ich mich leider eher bei drei. Die Grundlagen vom Führerschein wüsste ich wohl noch und ich würde in einem Notfall auch definitiv helfen. Aber ich hätte schon etwas Sorge, etwas kaputtzumachen. Vielleicht wäre es ganz gut, wenn es eine Verpflichtung gäbe, das Wissen regelmäßig aufzufrischen. Ich habe selbst schon einmal Glück gehabt, dass mir Menschen spontan geholfen haben, als ich Hilfe brauchte. Auch bei einem Fahrradunfall habe ich schon beobachtet, dass sofort Leute da waren. Ich habe das Gefühl, dass die Bremer sehr hilfsbereit sind."

Bettina von Maurich
"Die 112 wählen kann jeder."
Bettina von Maurich (54): "Ich war lange betriebliche Ersthelferin, müsste mein Wissen aber auch mal wieder auffrischen. Die stabile Seitenlage und die wichtigsten Handgriffe bekomme ich immer noch hin, aber es würde nicht schaden, nach einiger Zeit einen Kurs zu machen, um auf den aktuellen Stand zu kommen. Ich musste zum Glück noch nie selbst eingreifen und Wunden versorgen oder einen Defibrillator einsetzen, aber schon einmal einen Rettungswagen rufen. Ich fände es sehr gut, wenn das Basiswissen zur Ersten Hilfe schon in Schulen vermittelt würde. Es geht ja gar nicht unbedingt darum, alles selbst zu können. Es reicht oftmals schon, nicht wegzuschauen und Hilfe zu holen. Die 112 wählen kann doch jeder."

Philipp Schröder
"Das Wissen sollte in Schulen vermittelt werden."
Philipp Schröder (39): "Wenn es nach Schulnoten ginge, würde ich mich so mit drei minus einschätzen, denn ich kenne nur noch ein paar Grundlagen vom Führerschein. Es wäre gut, wenn das Wissen schon in den Schulen vermittelt würde, man sollte da ganz selbstverständlich hineinwachsen. Ich habe zum Glück selbst noch nie Erste Hilfe gebraucht und musste auch noch nie eine Herzdruckmassage machen. Aber ich habe schon mal erlebt, dass jemand sich verschluckt hat und zu ersticken drohte, und habe geholfen. Es kann im Alltag immer etwas passieren, und da ist es gut, wenn man weiß, wie man eingreifen kann. Ich fände es auch sinnvoll, wenn man Erste-Hilfe-Kurse regelmäßig wiederholen müsste."

Dirk Struck
"Oftmals fehlt das Verständnis für Notsituationen."
Dirk Struck (58): "Ich muss mich als betrieblicher Ersthelfer regelmäßig fortbilden, daher fühle ich mich damit gut. Ich erlebe aber, dass der Wissensstand in der Bevölkerung eher schlecht ist. Viele machen nur für den Führerschein einen Erste-Hilfe-Kurs und befassen sich dann nie wieder mit dem Thema. Dabei ist es in vielen Bereichen wichtig. Ich habe früher auch einmal einen Kurs in Erster Hilfe bei Kindern gemacht. Heute fehlt bei vielen Menschen das Gespür für Notsituationen, ein Beispiel ist die Rettungsgasse auf der Autobahn. Auch wenn eine Person hilflos in einer Ecke sitzt, gehen viele Menschen vorbei. Da kann man auch einmal fragen, ob Hilfe gebraucht wird. Vielleicht könnten die Unternehmen in dem Bereich mehr tun und kostenlose Schulungen für ihre Mitarbeitenden anbieten. Es ist zwar schwierig, Menschen zu motivieren, etwas freiwillig zu machen. Aber es kommt schließlich allen zugute, wenn möglichst viele Erste Hilfe leisten können."