Eine Situation, die Eltern von Kleinkindern nur zu gut kennen: Eigentlich sollte der Nachwuchs betreut sein, doch allzu häufig müssen Kitas oder Ganztagsangebote in Grundschulen tage- und auch wochenweise schließen oder können nur Notgruppen anbieten, weil nicht ausreichend Fachkräfte für die Betreuung zur Verfügung stehen. Schätzungen zufolge könnten im Jahr 2030 alleine in Westdeutschland zwischen 50.000 und 90.000 Fachkräfte in diesem Bereich fehlen. Deshalb wollen Bund, Länder und Kommunen jetzt dafür sorgen, dass mehr Erzieherinnen und Erzieher ausgebildet werden.
Zu diesem Zweck wurde jetzt gemeinsam mit Experten die Gesamtstrategie "Fachkräfte in Kitas und Ganztag" erarbeitet, die am Dienstag von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und der Bremer Bildungssenatorin Sascha Karolin Aulepp (SPD), derzeit Vorsitzende der Jugend- und Familienministerkonferenz, vorgestellt wurde.
Das Strategiepapier umfasst knapp 50 Punkte, darunter eine Menge Prüfaufträge, aber auch ein paar handfeste Empfehlungen. Um ausreichend Erzieherinnen und Erzieher zu gewinnen, müsse eine flächendeckende Vergütung der Ausbildung erreicht werden, forderte Aulepp. Dafür solle die bereits in einigen Bundesländern existierende sogenannten praxisintegrierte Ausbildung (Pia) weiter ausgebaut werden. Hier können sich junge Männer und Frauen - wie anderswo in der Wirtschaft auch - mit einem Praxis- und Schulteil zur Erzieherin oder zum Erzieher ausbilden lassen. Aktuell ist im Koalitionsvertrag des rot-grün-roten Bremer Senats geplant, die Zahl der Pia-Plätze zu vervierfachen – auf 200 Plätze im Land.
Sprachkenntnisse können folgen
Aber auch Menschen mit ausländischen Bildungsabschlüssen sollen schneller in diesem Beruf arbeiten können und gegebenenfalls begleitend weiter qualifiziert werden. "Bei den Sprachkenntnissen muss es ja nicht immer sofort der Goldstandard sein", macht Aulepp deutlich. Man könne auch auf einem niedrigeren Niveau einsteigen und sich dann Schritt für Schritt weiterbilden. Weiter wollen Paus und Aulepp prüfen lassen, ob nicht auch bereits in einem verwandten Bereich erworbene Qualifikationen, zum Beispiel von Jugend- oder Übungsleitern, für die Ausbildung anerkannt werden könnten.
Sascha Karolin Aulepp (SPD) machte aus Bremer Sicht deutlich, dass bei der Finanzierung weitere Hilfe des Bundes notwendig sei, um gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland zu garantieren. Für 2023 und 2024 unterstützt der Bund die Länder im Rahmen des sogenannten Kita-Qualitätsgesetzes mit rund vier Milliarden Euro. Lisa Paus will das gerne weiterführen, doch das steht unter dem Vorbehalt der Haushaltsverhandlungen für das kommende Jahr. Die Bundesfamilienministerin wies allerdings darauf hin, dass sich die Ausgaben für Kitas auch wirtschaftlich rechneten, da betreuende Frauen (oder Männer) dann schneller wieder in den Beruf einsteigen könnten. Das sei angesichts des Fachkräftemangels in der Wirtschaft dringend notwendig.