Sie haben verkündet, welche Cluster es geschafft haben, und damit auch gelüftet, welche Hochschulen sich nun – anders als Bremen – um den Titel der Exzellenzuniversität bewerben können. Eine undankbare Aufgabe?
Überhaupt nicht. Ich finde es toll, dass es diesen Wettbewerb gibt, und es begeistert mich, welche Exzellenz sich in Deutschland etabliert hat. Die große Konkurrenz spricht ja auch für die hohe Qualität der Forschung, die wir betreiben. Natürlich hätte ich es schöner gefunden, wenn auch Bremen dabei gewesen wäre. Aber ich weiß auch um die Stärke des bremischen Wissenschaftssystems und um die Souveränität der Wissenschaftler, die das Ausscheiden mit Fassung tragen und sich auch für die anderen freuen können.
Nur ein Bremer Cluster hat es in die Endrunde geschafft. Warum hat es für die anderen nicht gereicht?Ich glaube, ein wesentlicher Punkt war, dass die Anträge nicht in vollem Umfang die Vorzüge der Forschungsbereiche widergespiegelt haben. Zum Teil wurde beispielsweise nicht zu Papier gebracht, wie gut die Vernetzung innerhalb der Universität, aber auch mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen bereits ist. Diejenigen, die die Clusteranträge formuliert haben, haben das genauso ausgewertet. Dazu kommt ein missliches Timing. Sowohl in den Material- als auch in den Sozialwissenschaften sind nur wenig später Sonderforschungsbereiche bewilligt worden. Wäre das vor der Begutachtung passiert, hätte das die Chancen vermutlich verbessert. Darüber hinaus darf man nicht vergessen, dass die Anforderungen immens sind. Für Bremen als noch junge und mittelgroße Universität ist es nicht leicht, sich gegen die große Konkurrenz durchzusetzen.
Andererseits haben es andere Hochschulen in die Endrunde geschafft, die auch nicht größer oder älter als die Bremer Uni sind, beispielsweise die Universität Konstanz.Dass Konstanz es erneut geschafft hat, sich um die Förderlinie der Exzellenzuniversität bewerben zu können, beweist durchaus, dass es möglich ist, auch als junge und mittelgroße Universität erfolgreich zu sein. Das ist uns Ansporn für die nächste Runde. Ein Wermutstropfen ist, dass Konstanz mit einem sozialwissenschaftlichen Cluster erfolgreich war, einem Bereich also, in dem Bremen der Einzug in die Endrunde nicht gelungen ist. Auch das gehört zu einem Wettbewerb, zu sehen: Was haben andere besser gemacht? Was können wir von der Konkurrenz lernen?
Viele erfolgreiche Universitäten forschen im Verbund mit anderen Hochschulen. Ist das auch eine Option für Bremen?Ja, ich denke, mit Blick auf die nächste Exzellenzphase sollte man darüber nachdenken, die Zusammenarbeit auszubauen. Andere Bundesländer haben es da natürlich leichter. In Berlin konnten drei Universitäten gemeinsam einen Verbundantrag stellen. Bundeslandübergreifende Kooperationen sind bislang selten. Aber da es in Bremen nun einmal nur eine Universität gibt, ist das sicherlich eine Konsequenz, die man erwägen sollte und wird.
Weitere wichtige Kategorien bei der Beurteilung der Cluster sind internationale Kooperationen und die Zusammenarbeit mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Dabei sollte es nicht bei einzelnen Projekten bleiben. Sinnvoll wären noch mehr institutionsübergreifende Zusammenschlüsse. Da, wo sich eine dauerhafte Zusammenarbeit anbietet, sollte sie auch erfolgen.
Hätte die Politik die Forschung im Vorhinein besser unterstützen können?Das denke ich nicht. Wir waren und sind immer noch in einem engen Austausch mit der Universität, auch mit den jeweiligen Forschungsbereichen, und haben diese finanziell, aber auch durch Investitionen in die Infrastruktur unterstützt. Das wurde in den Gutachten auch anerkannt. Wir haben die Unterstützung geboten, wo sie gebraucht wurde. Für uns gilt aber auch: Politik forscht nicht. Wir können unterstützen, aber die Universität muss herausfinden, wie sie sich sinnvoll positionieren kann.
Durch den Verlust des Exzellenzstatus steht der Uni deutlich weniger Geld zur Verfügung. Trotzdem werde sich die Forschungsarbeit auch zukünftig vernünftig weiterentwickeln können, haben Sie im vergangenen Jahr angekündigt. Wie wollen Sie das gewährleisten?Derzeit arbeiten wir am Wissenschaftsplan 2025, mit dem wir sicherstellen wollen, dass die Forschungsstärke der Universität weiter befördert werden kann. Im Juni haben wir im Wissenschaftsausschuss ein Konzept der Universität zur Positionierung in der Exzellenzstrategie in sieben Jahren diskutiert. Wir halten es für richtig, die Clusterbereiche, die jetzt nicht weitergekommen sind, weiterhin zu stärken. Außerdem stimmen wir dem Vorschlag zu, die Maßnahmen des Zukunftskonzepts, die sich durch den Exzellenzstatus ergreifen ließen, weiterzuführen.
Inwieweit kann das Land auffangen, was nun an Unterstützung durch den Bund verloren geht?Ich werde im Wissenschaftsplan Vorschläge dazu machen, die in die Haushaltsberatungen eingehen. Am Ende entscheidet der Haushaltsgesetzgeber, wie viel Geld er für die Forschungsstärke und das Wiedererlangen des Titels aufbringen kann. Ich verspüre in der Politik aber ein großes Interesse daran, die Universität zu unterstützen.
Nein, diese Entwicklung stellen wir bislang überhaupt nicht fest. Ich habe ganz im Gegenteil den Eindruck, dass die bittere Nachricht im vergangenen Jahr die Forscher nicht in Schockstarre hat verfallen lassen, sondern den Willen ausgelöst hat, dann eben beim nächsten Mal zu überzeugen. Dazu kommt, dass Bremen derzeit sieben Sonderforschungsbereiche an der Universität hat – so viele wie noch nie. Ich glaube, dass das Land auch weiterhin hochattraktiv für Forscher ist. Hier finden sie Strukturen vor, die innovativ sind und die Raum für Kreativität lassen. Das ist etwas, das hierarchischer strukturierte Hochschulen vielleicht nicht bieten können.
Ist Ihnen ein Stein vom Herzen gefallen, als Sie erfahren haben, dass das Marum es geschafft hat?Ich bin ausgesprochen froh darüber, dass sich die Bremer Meereswissenschaften in einem Wettbewerb mit so großer Konkurrenz durchsetzen konnten. Dass das Marum so gut abgeschnitten hat, zeigt auch, auf welche Punkte sich auch die anderen Forschungsbereiche der Universität noch stärker fokussieren sollten: die Interdisziplinarität, die gute Kooperationsfähigkeit, die Nachwuchs- und Frauenförderung und nicht zuletzt die Kommunikation der Ergebnisse nach außen.
Das Gespräch führte Katharina Frohne.Eva Quante-Brandt
ist seit 2015 Wissenschaftssenatorin. Als stellvertretende Vorsitzende der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz gab sie die Entscheidung für die neuen Exzellenzcluster in Bonn bekannt.