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Bremer Ticketing-Unternehmen stimmt Freigabe zu Eventim will Maut-Verträge offenlegen

Bisher hat Bundesverkehrsminister Scheuer so getan, als ob er nach der gescheiterten Pkw-Maut die Verträge mit dem Firmenkonsortium nicht veröffentlichen darf. Nun muss er, weil es Eventim und Kapsch so wollen.
17.07.2019, 21:12 Uhr
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Eventim will Maut-Verträge offenlegen
Von Florian Schwiegershausen

Im Streit um die geplatzte Pkw-Maut wollen die ursprünglich vorgesehenen Betreiber, die Bremer CTS Eventim AG sowie die österreichische Kapsch Trafficcom, die Verträge ungeschwärzt veröffentlichen. Dies teilten die beiden Unternehmen am Mittwoch mit. Der Unternehmenssprecher von CTS Eventim, Christian Steinhof, sagte dem WESER-KURIER: „Wenn es nach uns geht, kann das unverzüglich passieren.“

Als Begründung sagte er, dass in den vergangenen Tagen das öffentliche Interesse an den Inhalten der Pkw-Maut-Betreiberverträge deutlich gestiegen sei. Das Bundesverkehrsministerium hatte zuvor eine Veröffentlichung abgelehnt und berief sich dabei auf eine Klausel, die das nur mit Zustimmung der Vertragspartner erlaube. Dass CTS Eventim und Kapsch Trafficcom nun keine Probleme damit haben, kommentierte ein Sprecher von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) so: „Man ist zunächst überrascht gewesen, aber jetzt erfreut und erleichtert.“ Es seien aber noch Details zu klären.

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Das Interesse an den Verträgen ist groß, da sich daraus nach dem Scheitern der geplanten Maut vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Juni Schadenersatzforderungen der geplanten Betreiber ergeben könnten. Ob das so ist und wie teuer es für die Steuerzahler werden könnte, dürfte sich aus den Vertragsdetails ergeben. Scheuer hatte die Verträge zur Erhebung und +Kontrolle der Maut unterschrieben, bevor Rechtssicherheit bestand, und unmittelbar nach dem Urteil gekündigt. Grüne, FDP und Linke hatten deshalb mit einem Untersuchungsausschuss gedroht, die AfD hält das für überzogen.

Watsche für Scheuer

Die Abgeordneten konnten die Verträge bisher in der Geheimschutzstelle des Bundestags vertraulich lesen, aber nicht öffentlich darüber sprechen. Das große Interesse hat laut Steinhof nun zu der Entscheidung geführt: „CTS Eventim und Kapsch befürworten eine vollständige und ungeschwärzte Veröffentlichung, einschließlich sämtlicher Anlagen.“ Dies hatten sie zuvor mit der Begründung abgelehnt, die Verträge enthielten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Scheuer hätte sie nach eigenen Angaben sonst bereits auf die Internetseite des Ministeriums gestellt. Details wolle man nun schnell mit den Unternehmen klären. Zudem gebe es von Kapsch noch keine Zustimmung, auch den Vertrag über die Maut-Kontrolle offenzulegen – dafür ist nur Kapsch zuständig.

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Die Pkw-Maut war ein Prestigeprojekt der CSU, das die Bayern gegen den Widerstand der SPD und Bedenken in der CDU durchgesetzt hatten. Das EU-Gericht kippte sie im Juni unter anderem, weil sie aus Sicht der Richter Ausländer diskriminiert hätte. Inländer wären nach den Plänen bei der Kfz-Steuer so entlastet worden, dass sie insgesamt nicht mehr gezahlt hätten. Laut „FAZ“ sind Planungskosten in Höhe von 50 Millionen Euro entstanden, um die Maut auf den Weg zu bringen.

Grünen-Abgeordneter hatte Klage eingereicht

Der Grünen-Abgeordnete Stephan Kühn hatte nach eigenen Angaben Anfang dieser Woche beim Verwaltungsgericht Berlin Klage auf Offenlegung der Verträge eingereicht. Nun habe die Klage „offenbar etwas bewegt“, sagte er am Mittwoch. Sollten die Verträge öffentlich werden, könnten sich auch Experten „ein Bild davon machen, was Minister Scheuer 2018 für den Bund unterschrieben hat“. Er erwarte außerdem, dass Scheuer die interne Kommunikation im Ministerium zur Pkw-Maut offenlege. „Ansonsten kommt der Minister nicht um einen Untersuchungsausschuss herum“, sagte Kühn.

Der FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic forderte, dass Scheuer nun die Verträge „auch unverzüglich offenlegt und ohne Abstriche über die genauen Kosten und Folgen seines Maut-Desasters informiert“. Er pochte darauf, dass Scheuer auch interne Vermerke und Ministervorlagen den Abgeordneten des Bundestages zur Verfügung stellen solle. „Wir müssen den genauen Hergang nachvollziehen können und ob Scheuer intern vor einer Vertragsunterzeichnung vor einem Urteilsspruch des EuGH gewarnt wurde“, sagte Luksic.

Am Mittwoch soll sich im Bundestag der Verkehrsausschuss mit der Pkw-Maut und den Folgen für die Steuerzahler beschäftigen. Im Dezember hatten Eventim und Kapsch den Zuschlag für die Erhebung der deutschen Pkw-Maut erhalten. Gerade für Eventim hätte das den Schritt in ein zusätzliches Geschäftsfeld bedeutet. Die Aktiengesellschaft hat ihren Verwaltungssitz in Bremen. Vorstandsvorsitzender ist der Unternehmensgründer Klaus-Peter Schulenberg, der damit im Jahr 2000 an die Börse ging.

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