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Friedrich-Rauers-Straße Neuer Ruheraum für Drogensüchtige

Bereits länger waren neue Ruhe- und Aufenthaltsräume für Drogensüchtige in der Friedrich-Rauers-Straße angekündigt worden. Nun ist das Hilfsprojekt gestartet. Wie das Angebot bisher ankommt.
21.06.2023, 05:00 Uhr
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Neuer Ruheraum für Drogensüchtige
Von Kristin Hermann

Wer harte Drogen wie Crack konsumiert, ist manchmal tagelang wach. Körper und Geist stehen unter permanenter Anspannung, selbstverständliche Dinge wie Essen oder Körperhygiene spielen mitunter nur noch eine untergeordnete Rolle. Das Umfeld der Abhängigen, aber auch Streetworker oder Polizeibeamte finden in diesem Zustand nur schwer einen Zugang zu den Menschen. Besonders rund um den Bremer Hauptbahnhof lässt sich diese Problematik beobachten. Um dagegen anzusteuern, hat in den Räumen des geplanten Drogenkonsumraums in der Friedrich-Rauers-Straße nun ein neues Hilfsprojekt seine Arbeit aufgenommen.

Bevor in der Immobilie die Umbaumaßnahmen starten, sollen die Räumlichkeiten provisorisch genutzt werden. Ziel ist es, dass die Betroffenen dort zur Ruhe kommen. Dafür wurden unter anderem Liegen aufgestellt, auf denen Drogenkranke in einem geschützten Rahmen schlafen können. Für Männer gibt es derzeit acht Plätze, für Frauen wurden zwei Liegen aufgebaut. Betreut wird das neue Angebot von der Drogenhilfe-Einrichtung "Comeback", die einige Meter weiter auch den provisorischen Drogenkonsumraum "Ara" leitet. "Viele unserer Klientinnen und Klienten sind besorgt darüber, dass man sie draußen bestiehlt, während sie schlafen. Hier können sie ihre Wertsachen sicher verstauen und ein bisschen durchatmen", sagt Lea Albrecht, die zum Leitungsteam bei Comeback gehört.

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Größere Empfänglichkeit für Hilfs- und Ausstiegsangebote

Fachkräfte und Stadt erhoffen sich in diesem Rahmen eine größere Empfänglichkeit Betroffener für Hilfs- und Ausstiegsangebote. An anderen Standorten habe man damit bereits positive Erfahrungen gesammelt. Wie berichtet, hat der Senat für die Maßnahme zu Beginn des Jahres rund 430.000 Euro zur Verfügung gestellt. Für den viel diskutierten festen Drogenkonsumraum sind deutlich mehr Mittel vorgesehen. 7,4 Millionen Euro an Miet- und Betriebskosten sind für das langfristige Projekt eingeplant, der Umbau kann jedoch erst im Herbst beginnen, mit der Fertigstellung ist nicht vor Sommer 2024 zu rechnen. Das neue Hilfsangebot soll mit Beginn der Bauarbeiten jedoch nicht wieder schließen, kündigt die Gesundheitsbehörde an. Sofern das Projekt angenommen werde, wolle man an einer Übergangslösung in Form von Containern oder Zelten arbeiten.

Geöffnet ist der sogenannte "Rego" (Ruhe- und Regenerationsort) seit Anfang Juni montags bis samstags in der Zeit von 11 bis 17 Uhr (donnerstags ab 12 Uhr). Perspektivisch sollen die Öffnungszeiten erweitert werden, dafür fehle es momentan jedoch an Personal. Die anvisierte Eröffnung im März hatte sich immer wieder verzögert. Erst wurden Möbel verspätet geliefert, dann dauerte die Brandschutzüberprüfung länger als gedacht, heißt es aus dem Gesundheitsressort.
Aktuell sind zeitgleich zwei Mitarbeiter der Drogenhilfe sowie ein Sicherheitsdienst vor Ort. Wer nicht schlafen will, kann sich dort auch so aufhalten, die Bremer Suppenengel liefern beinahe täglich Getränke und Snacks, erzählt Albrecht. Außerdem erhalten Abhängige bei Bedarf sterile Konsumutensilien, Drogen dürfen dort jedoch nicht genommen werden.

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Projekt wird nach wenigen Tagen gut angenommen

Das Projekt wird laut Comeback bereits kurz nach der Eröffnung gut angenommen. "Wir hatten bereits Tage dabei, an denen mehr als 50 Personen vorbeigekommen sind", sagt Albrecht. Das Angebot profitiert vom Standort. Inzwischen hat zumindest ein Teil der Drogenszene die Friedrich-Rauers-Straße als Alternativort zum Bremer Hauptbahnhof anerkannt. Der provisorische Konsumraum war in den vergangenen Monaten stark ausgelastet und auch ein Blick auf die sogenannte Akzeptanzfläche zeigt, dass sich dort immer mehr Menschen aus dem Milieu aufhalten.

"Die Szene erachtet den Bereich als wichtigen Ort, an dem sie auch zur Ruhe kommen kann", bestätigt der offizielle Koordinator für das Sicherheitsprogramm Hauptbahnhof, Christian Modder. Dadurch habe es im Bereich des Bahnhofes erste Entlastungen gegeben, etwa vor dem Intercity-Hotel. "Natürlich sind damit nicht alle Probleme rund um den Hauptbahnhof gelöst, dafür sind die Herausforderungen zu vielschichtig", sagt Modder weiter.

Szene sucht inzwischen Akzeptanzfläche auf

Neben Bänken und einem Urinal stehen auf der Akzeptanzfläche inzwischen zwei offene Container, in denen sich die Szene eingerichtet hat. Einige von ihnen haben Fahnen verschiedener Nationalitäten auf dem Dach angebracht, in den Containern selbst verteilt sich inzwischen jede Menge Hausrat. Die Polizei fahre entlang der Friedrich-Rauers-Straße täglich Streife, auch um darauf zu achten, dass dort kein rechtsfreier Raum entstehe oder der Wohncharakter dort überhandnehme.

Vor einigen Wochen hatte es Beschwerden von Anwohnern aus der angrenzenden Falkenstraße gegeben, die seit der stärkeren Frequentierung der Friedrich-Rauers-Straße Probleme mit Drogenabhängigen und deren Hinterlassenschaften in ihren Hauseingängen beklagten. Die Beschwerdelage hat sich laut Modder inzwischen aufgelöst.

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