Seit der Eröffnung des Toleranzraumes für Suchtkranke in der Friedrich-Rauers-Straße im vergangenen Monat haben die Beschwerden aus den benachbarten Wohnquartieren zugenommen. "Die Crack-Süchtigen turnen inzwischen in unseren Vorgärten herum", sagt Ingrid Kreiser-Saunders. Sie wohnt nach eigenen Angaben seit Jahrzehnten in der Bahnhofsvorstadt und ist stellvertretende Vorsitzende des CDU-Stadtbezirksverbandes Mitte. Die Drogenszene habe sich vom Bahnhof verlagert, es gebe immer wieder Straftaten im Zusammenhang mit Beschaffungskriminalität. Nach ihrer Aussage überlegen die Anwohner nun, Videokameras installieren zu lassen. Kreiser-Saunders Forderung: Die Polizei müsse wesentlich mehr Präsenz zeigen.
Video-Überwachung als Lösung?
Eine Videoüberwachung ist in den roten Klinkerblocks der Brebau mit rund 250 Wohnungen in unmittelbarer Nachbarschaft der Friedrich-Rauers-Straße bisher kein Thema. Beschwerden darüber, dass rund um die Hochhäuser und Querblocks zunehmend gedealt, Crack geraucht und Drogenbesteck weggeworfen werde, gibt es aber auch hier. Aus dem Gesundheitsressort heißt es, es lägen keine Beschwerden vor, man nehme die Sorgen aber sehr ernst. Bei der Innenbehörde sind dagegen Beschwerden aufgelaufen, nach Angaben einer Ressortsprecherin ging es dabei in drei Fällen um die Präsenz von Drogensüchtigen rund um die Wohnblöcke in der Falkenstraße.
Die Polizei hat den Angaben zufolge umgehend reagiert. Zu Schulbeginn und -schluss zeigten Kontaktbeamte und der Ordnungsdienst am Alten Gymnasium demnach erhöhte Präsenz. Auch das Umfeld des Toleranzraumes werde eng betrachtet, um unerwünschte Rückzugsorte frühzeitig aufzulösen. Die Kontaktbeamten seien mit der Quartiersbeauftragten Iris Wensing, aber auch mit der Brebau im engen Informationsaustausch, sagt die Sprecherin. Denn die Sorgen und Ängste der Nachbarschaft seien bekannt. "Wichtig ist, dass uns Hinweise auf Missstände und Probleme auch erreichen."
Ruheliegen für Crack-Süchtige
Wie berichtet, wird der Bau eines integrierten Drogenkonsumzentrums in der Friedrich-Rauers-Straße vom Senat vorangetrieben. Dort soll auch ein Ruheraum mit gut einem Dutzend Liegen für Cracksüchtige entstehen. Der Bauantrag liegt vor. Eva Carneiro Alves, Suchtreferentin im Gesundheitsressort, hatte in mehreren Sitzungen des Beirats Mitte berichtet, dass die Crackszene stetig größer wird. Darunter befänden sich nicht nur schwer Traumatisierte und Geflüchtete, sondern auch Menschen aus der Partyszene. "Die Ruheliegen sollen dazu dienen, mit den in Folge von Schlafmangel oft zur Psychose neigenden Cracksüchtigen, die auch untereinander nicht freundlich miteinander sind, ins Gespräch zu kommen", sagte die Suchtreferentin. Laut Innenressort ist klar, dass die Drogensüchtigen durch die starken Suchtprobleme nur bedingt ansprachefähig seien und ihre Probleme mitnähmen.
Bei seiner jüngsten Sitzung am Dienstag stimmte der Beirat Mitte nach hitziger Diskussion dem Bauantrag für den Ruheraum am Dienstag gegen die Stimmen der CDU-Fraktion zu. Das Fazit der Beiratsmitglieder: Den drogenkranken Menschen müsse mit verschiedenen Angeboten geholfen werden. Laut Gesundheitsressort müssen aber weitere, dezentrale Anlaufstellen und Hilfsangebote für die schwerkranken Süchtigen gefunden werden. Nach Angaben von Carneiro Alves haben Beschwerden wegen des Verdrängungseffektes vom Hauptbahnhof auch in Stadtteilen wie Gröpelingen, der Neustadt und in Vegesack zugenommen.