Die Kosten für den geplanten Drogenkonsumraum in Bahnhofsnähe steigen nochmals deutlich. Wie der WESER-KURIER aus zuverlässiger Quelle erfahren hat, billigte der Senat in dieser Woche eine überarbeitete Kostenplanung der Gesundheitsbehörde, die für das Projekt zuständig ist. Demnach wird die Stadt für die Nutzung der Immobilie bis Ende 2039 insgesamt gut 7,4 Millionen Euro zahlen.
Die geplante Einrichtung soll einen Beitrag dazu leisten, dass sich die offene Drogenszene nicht mehr so stark im Bereich des Hauptbahnhofs konzentriert. Schon jetzt gibt es unweit des künftigen Konsumraums eine provisorische Anlaufstelle. In dem Container können Süchtige unter hygienischen und kontrollierten Bedingungen Drogen zu sich nehmen. Die geplante stationäre Einrichtung soll auch das Kontakt- und Beratungszentrum des Betreibers Comeback aufnehmen, das derzeit im Tivoli-Hochhaus ansässig ist.
Die Kosten für das Projekt sind in der dreijährigen Planungsphase stetig angestiegen, während der Eröffnungszeitpunkt immer weiter in die Ferne rückte. Untergebracht wird der Konsumraum in einer ehemaligen Lagerhalle in der Friedrich-Rauers-Straße. Sie ist Teil einer größeren Immobilie, die zum Breitenweg hin das Islamische Kulturzentrum beherbergt. Noch 2021 war in einer Senatsvorlage von einem Baukostenzuschuss der Stadt in Höhe von gut 500.000 Euro die Rede. Damit sollte es eigentlich sein Bewenden haben. Den Rest der Umbaukosten von damals geschätzten knapp zwei Millionen Euro würde der Eigentümer aus den monatlich fließenden Mietzahlungen der Stadt bestreiten, hieß es damals.
Inzwischen gibt es ganz andere Zahlen. Die Stadt schießt zu den Umbaukosten gute drei Millionen Euro zu. Auch die Miete steigt drastisch. Waren zuletzt 5 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter vereinbart, so verlangt der Besitzer jetzt das Doppelte – und bekommt es auch.
Bremen zahlt für Drogenkonsum ab sofort Miete
Insgesamt wird Bremen bis Ende 2039, wenn der Mietzeitraum ausläuft, gut 7,4 Millionen Euro für den Drogenkonsumraum gezahlt haben. Rechnet man den Baukostenzuschuss, Verwaltungskosten und andere Nebenpositionen in die Quadratmetermiete ein, so ergibt sich ein Wert von 27,28 Euro. Wer in Schwachhausen eine Wohnung in bester Lage mietet, fährt günstiger. Die Miete wird übrigens ab sofort gezahlt, obwohl die offizielle Inbetriebnahme des Objektes erst für den Frühsommer 2024 angepeilt ist.
Warum kommt die Gesundheitsbehörde den Forderungen des Gebäudeinhabers so weit entgegen? Weil sie im näheren Bahnhofsumfeld keine anderen Möglichkeiten hat, wenn sie auf das Projekt nicht verzichten will. In einem Senatspapier, das dem WESER-KURIER vorliegt, werden alle denkbaren Alternativen durchgespielt, jeweils mit negativem Ergebnis. Beispiel: das benachbarte Jakobus-Haus, auch als Papageienhaus bekannt. Dort bestünde ein erheblicher Bedarf an Sanierung und Nachrüstung beim Brandschutz, die Kosten würden den Aufwand in der ehemaligen Lagerhalle noch deutlich übersteigen. Auch eine Nutzung des benachbarten ehemaligen Versorgungsamtes ist offenbar kein gangbarer Weg. Es wird weiterhin für die Unterbringung von Flüchtlingen benötigt. Und für einen Neubau im Bahnhofsumfeld gibt es keine geeignete Fläche.
In der Gesundheitsbehörde wollte man sich am Freitag nicht zu Vertragsinhalten äußern. Der Vorgang werde auch in den zuständigen parlamentarischen Gremien vertraulich behandelt, sagte Sprecher Lukas Fuhrmann. Das Projekt an sich sei sinnvoll. "Es geht darum, die Schwerstsüchtigen vom Bahnhof wegzubekommen", so Fuhrmann, und ihnen in einer geschützten Umgebung Betreuungsangebote machen zu können, die sie langfristig von der Sucht wegbringen.
Bleibt die Frage: Was ist, wenn das Angebot nicht im erhofften Umfang angekommen wird? Beispielsweise weil den Süchtigen der Weg von ihrem üblichen Aufenthaltsort am Hauptbahnhof bis zur geplanten Einrichtung kurz vorm Findorfftunnel zu weit ist? Gibt es dann eine Ausstiegsklausel für Stadt? Diese Frage bleibt einstweilen offen.
Unterdessen sollen im Umfeld des provisorischen Drogenkonsumcontainers weitere Ad-hoc-Maßnahmen realisiert werden. Ende November war dort ein Aufenthaltsbereich im Freien angelegt worden – von der Straße mit Pollern abgegrenzt und mit Mülleimern und Spritzenbehältern ausgestattet. In Kürze sollen ergänzend zwei überdachte offene Container aufgestellt werden, in denen sich die Abhängigen aufhalten können. Auch an eine Gestaltung des Areals mit Pflanzen ist gedacht, damit der Bereich nicht ganz so unwirtlich wirkt wie jetzt. Kostenpunkt hier: rund 628.000 Euro für dieses und das nächste Jahr.