Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Nordbremer Ärzte zur Grippewelle Für die Impfung ist es zu spät

Mit der Kälte ist auch die Erkältungswelle gekommen. Die Nordbremer Arztpraxen sind voll - in den Wartezimmern sitzen Patienten mit Grippe oder grippalem Infekt.
26.02.2018, 16:41 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Jörn Hildebrandt

Bremen-Nord. „Derzeit erleben wir eine Erkältungswelle, und die Arztpraxen sind gut gefüllt“, sagt Allgemeinmediziner Peter Rudolph, der in Vegesack praktiziert. „Allerdings bringt es wenig, sich noch im Februar gegen Grippe impfen zu lassen.“ Denn bis die Impfung wirkt, dauere es zehn bis 14 Tage, erst dann habe der Körper einen ausreichenden Schutz gegen Grippe aufgebaut.

Um sich für die Wintermonate zu schützen, empfiehlt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) eine jährliche Grippe-Impfung in den Monaten Oktober und November, bisher allerdings nur für bestimmte Gruppen: vor allem für Menschen ab 60 Jahren, Kinder, Schwangere, chronisch Kranke sowie medizinisches Personal.

Die Impfung muss allerdings jährlich aufgefrischt werden, da es sich beim Influenza-Virus, der die Grippe verursacht, um einen extrem wandlungsfähigen Virus handelt, der seine Protein-Oberfläche fortlaufend verändert. Deshalb müssten auch immer wieder neue Impfstoff-Varianten entwickelt werden. Bisher gibt es gegen Grippe einen Dreifach-Impfstoff, der gegen drei Varianten der Grippe schützt, neuerdings kommt sogar ein Vierfach-Impfstoff zur Anwendung.

Die Empfehlung, dass sich nur bestimmte Personengruppen gegen Grippe impfen lassen sollten, wird nun von der Bremer Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt ausgeweitet: Sie empfiehlt allen Altersgruppen, die Grippeschutzimpfung durchführen zu lassen. Damit geht das Land Bremen über die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko) hinaus, diese Position muss aber noch vom Bremer Senat verabschiedet werden.

Die öffentliche Empfehlung bezieht sich auch auf die Masern-Schutzimpfung: Auch Menschen, die vor 1970 geboren wurden, sollten sich impfen lassen. Weiterhin empfiehlt die Senatorin eine HPV-Impfung (Humane Papillom Viren) für Mädchen und Jungen. Bei HPV handelt es sich um Viren, die zur Entstehung von Gebärmutterhalskrebs beitragen können. Tim Müller, praktizierender Allgemeinmediziner in Burg, empfiehlt, dass sich vor allem Mädchen ab dem neunten Lebensjahr bis zum ersten Geschlechtsverkehr gegen HPV impfen lassen.

Uta Busse, die ebenfalls in Vegesack praktiziert, ist von der Empfehlung der Gesundheitssenatorin überrascht. „Bisher zahlen die Krankenkassen die Grippe-Impfung nur, wenn es sich um Personen mit besonders hohem Risikopotenzial handelt“, sagt die Ärztin, „ob sie auch die Kosten für alle Bevölkerungsgruppen übernehmen, muss noch geklärt werden.“

Und Peter Rudolph ist gegenüber der Wirksamkeit der Grippeimpfung skeptisch: „Leider gibt es keine Studie, die zeigt, dass Geimpfte wirklich von der Impfung profitieren“, sagt er. "Gegen Erkältungen schützt die Grippe-Impfung jedenfalls nicht.“ Nach Peter Rudolphs Erfahrungen sei die Impfbereitschaft gegenüber Grippe insgesamt recht gering, denn viele Leute behaupten, sie würden nach der Impfung leichter Erkältungen bekommen. Zudem sei bei manchen die Angst vor Nebenwirkungen da. Doch diese Sorge ist nach Allgemeinmediziner Tim Müller aus Burg unberechtigt, denn Nebenwirkungen würden eher selten auftreten. Er empfiehlt die Grippe-Impfung unbedingt, „allein schon, um andere Menschen besser zu schützen.“

Die Zahl der Menschen, die sich gegen Grippe impfen lassen, sei etwa gleich geblieben, sagt die Vegesacker Ärztin Uta Busse, doch generell zeigt sich in der Bevölkerung seit Jahrzehnten eine sogenannte Impfmüdigkeit: die fehlende Bereitschaft, sich gegen Krankheiten impfen zu lassen, weil sie scheinbar erfolgreich weggeimpft sind. Nach Ansicht von Experten ist es aber nur eine Frage der Zeit, bis sich diese Krankheiten, beispielsweise durch Fernreisen, wieder breit machen können. Sind dann große Teile der Bevölkerung unzureichend geschützt, kann es zu Epidemien kommen, wie vor einiger Zeit in Berlin, wo wieder in großem Umfang die Masern ausbrachen, eine Krankheit, die zum Beispiel in den USA als ausgerottet gilt. Besonders gegen Keuchhusten seien viele Jugendliche und Erwachsene nicht ausreichend geschützt, sagt der Mediziner Tim Müller aus Bremen-Burg. Er empfiehlt, Impfungen gegen die vermeintlich ausgerotteten Krankheiten wieder aufzufrischen.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)