Giftköder sorgen des Öfteren für Angst bei Hundehaltern. In Bremen soll offenbar ein Hund an Gift gestorben sein. Es wäre bereits der dritte angezeigte Fall in der Hansestadt seit Jahresbeginn.
Erneut soll in Bremen ein Hund an Gift gestorben sein. Im Horn-Lehe habe Collie „Amy“ einen Giftköder gefressen, am Mittwoch sei das Tier verendet, hieß es. Falls sich der Verdacht bestätigt, wäre dies bereits der dritte angezeigte Fall in Bremen seit Jahresbeginn.
Tierliebhaber in Horn-Lehe sind aufgeschreckt. Normalerweise laufen sie gern mit ihren Hunden im Hollergrund, wo es Grünflächen und Gräben gibt. Doch die Nachricht, dass der Vierbeiner dort einen Giftköder gefressen haben soll, verbreitete sich im Nu und hat viele Hundefreunde alarmiert. „Ja, ich habe es heute Morgen schon gelesen“, sagt Steffi Nawroth, die im Blumenhaus Marotzke arbeitet, das nur einen Steinwurf entfernt liegt vom Hollergrund. Auf Facebook war die Rede von Phosphorsäure im Köder. „Das ist echt schlimm“, sagt Nawroth, selbst Besitzerin eines Labradors.
Ob Collie „Amy“ wirklich an Phosphorsäure starb, wie es die Hundeausführerin Nadine Dickmann berichtet, muss der behandelnde Tierarzt noch mit einem Attest bestätigen. Deshalb konnten die Besitzer bislang keine Anzeige erstatten. Am Donnerstag meldeten sie den Fall der Polizei, wie diese auf Nachfrage bestätigte. Der Tierarzt wollte aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Angaben machen.
Anfang des Jahres war ein ähnlicher Fall in Bremen bekannt geworden. Nach Angaben der Polizei fraß am 16. Januar ein Hund in der Blumenhorster Straße in Vegesack vergiftete Fleischreste, die ein Unbekannter mehrere Wochen lang verteilt habe. Und am 22. Januar ist ein Hund in der Stader Straße (Östliche Vorstadt) vergiftet worden. Zum Vergleich: In den sechs vorangegangenen Monaten verzeichnete die Polizei lediglich vier Fälle mit präparierten Giftködern. Diese fanden sich in Oslebshausen, Osterholz, Blumenthal und Mitte.
Zahlreiche Gruppen warnen auf Facebook
Ob es noch mehr Vorfälle dieser Art in Bremen gegeben hat, lässt sich schwer sagen. Die Polizei leitet nur Fälle, in denen das Tier auch am Gift stirbt, an das Veterinäramt weiter. Dieses kann nach eigenen Angaben keine erhöhte Zahl von Vergiftungen feststellen.
Auf Facebook haben Hundebesitzer eigens Gruppen eingerichtet, in denen sie sich warnen. So ist dort zu lesen, dass Anfang Februar ein mit Nadeln bespickter Apfel in der Gartenstadt Vahr gefunden worden sei. Und im Oslebshauser Park seien mit Rasierklingen und Gift präparierte Würstchen gefunden worden. In der Anzeigenstatistik der Polizei tauchen diese Fälle jedoch nicht auf.
Die Tierärztin Yvonne Wolff sagt: „Wir hatten in letzter Zeit sehr viele Fälle von Rattengift-Vergiftungen.“ Vor allem in Lilienthal, in Horn-Lehe und in der Vahr seien Köder gesichtet worden. Wolff hat ihre Praxis in Katrepel, nur einige Minuten vom Hollergrund entfernt. Nicht immer, sagt sie, sind Vergiftungen die Folge böswilliger Absichten von Hundehassern, manchmal sei auch Unachtsamkeit im Spiel. „Oft setzen ältere Leute leichtsinnig Düngemittel oder älteres Rattengift ein. Das ist im Gegensatz zu dem Gift, das man heute kaufen kann, hoch gefährlich für Hunde und Katzen.“

Mit Nadeln präparierte Hundeköder waren auch schon in Bremen ausgelegt.
Das Fatale: Eine Vergiftung von Haustieren bemerken Besitzer oft viel zu spät. Erst nach drei bis vier Tagen treten Symptome auf. Blutiger Durchfall, Fieber oder Unterkühlung, Krämpfe und Erbrechen seien klassische Anzeichen einer Vergiftung, von denen immer zwei vorliegen müssten. „Die Hunde leiden wahnsinnig“, sagt Yvonne Wolff. Sie rät Haltern, sofort einen Tierarzt aufzusuchen, wenn der Hund etwas Unbekanntes gefressen hat. „Das Tier bekommt dann ein Brechmittel verabreicht.“ Allerdings: Wenn fiese Tierfeinde Wurststückchen mit Nadeln oder Nägeln bestücken, wird das Erbrechen zur Gefahr. Die spitzen Gegenstände können die Magen- und Darmwand aufreißen.
Bundesweite App "Giftköder Radar"
Einige Hundebesitzer schwören auf Kohletabletten, die Gift im Körper wie einen Schwamm aufsaugen sollen. Die Tierärztin ist von deren Wirksamkeit nicht überzeugt: „Man müsste schon täglich 50 Stück verabreichen, damit sie das Tier retten.“ Die Überlebenschance bei Rattengift oder Phosphorsäure betrage weniger als 50 Prozent. Am besten helfe wohl Wachsamkeit, sagt sie.
Zudem gibt es die bundesweite App „Giftköder Radar“, wo Hundehalter auf einer Karte gefundene Köder eintragen können. Die Grundversion ist kostenfrei. Wer einen Alarm im Umkreis seinen Wohnortes einrichten möchte, muss für den Dienst 0,89 Euro im Monat zahlen.
Blumenverkäuferin Steffi Nawroth macht es anders: Den Hollergrund meide sie schon seit einer Weile, erzählt sie. Denn der aktuelle Vorfall sei nicht der einzig, von dem sie gehört habe. Stattdessen gehe sie mit ihrem Hund an der Bergiusstraße Gassi. Die letzte Option, das Tragen eines Maulkorbs, möchte sie dem Tier gerne ersparen.