Die Baumaschinen und Bagger standen in den Startlöchern. In den Sommerferien sollten die schweren Geräte an der Brill-Kreuzung anrücken. Der Plan war, vom 22. Juli bis 5. September die Gleise, Weichen und Kreuzungen der Straßenbahn auszutauschen. Eine millionenschwere Großbaustelle, die für Staus, stockenden Verkehr und Umleitungen für Autos, Busse und Bahnen gesorgt hätte. Doch daraus wird vorerst nichts: Die Baumaßnahme muss um ein Jahr verschoben werden. Der Grund: Das von der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) beauftragte Bauunternehmen hat Lieferengpässe und kann nach Informationen des WESER-KURIER die Weichen nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen. Das bestätigte Hajo Müller, kaufmännischer Vorstand und Sprecher des Vorstandes der BSAG.
Sechs Weichen, vier Schienen-Kreuzungen und alle Gleise sollten an dem Verkehrsknoten Brill eins-zu-eins ausgetauscht werden. Kosten: Mehrere Millionen Euro. An zwei Power-Wochenenden sollte ein Großteil der Arbeiten zwischen City und Stephaniviertel umgesetzt werden. Die Baumaßnahmen an der großen Kreuzung, auf die vierspurige Fahrbahnen zulaufen, war eigentlich mit Vorlauf geplant, die entsprechenden Materialien bestellt. Dann kam in dieser Woche die Absage, die beauftragte Firma kann die Fristen nicht einhalten. "Das Unternehmen hätte die Weichen frühestens im September liefern können", sagt BSAG-Vorstand Müller.
Doch dann seien bereits andere Baustellen wie der Umbau der Endhaltestelle in Huchting terminiert. Durch die Corona-Pandemie gebe es in ganz Deutschland Lieferengpässe, das betreffe zahlreiche Branchen, sagt Müller. Die Sanierungsarbeiten am Brill werden nun auf die Sommerferien 2022 verschoben, also erneut ein Zeitraum, in dem weniger Verkehr auf den Straßen ist. "Wir prüfen natürlich unsere Regressansprüche gegenüber der Baufirma", sagt Müller.
In der eigentlich geplanten Bauzeit von sechseinhalb Wochen in diesem Jahr wären durch die umfangreichen Sanierungsarbeiten am Brill die Linien 2 und 3 nicht durch die Obernstraße gefahren. Wie man die Straße ohne Straßenbahn nutzen kann, wollten der Handel und die Stadt während der Gleisbauarbeiten ausprobieren. Die Bahnen wären über die Neustadt geleitet worden. Dafür hatten die Bremer City-Initiative und Einzelhändler wie auch die BSAG mehrere Aktionen und Veranstaltungen geplant.
Von Konzerten bis zu einer Oldtimer-Show war einiges vorgesehen. "Es ist natürlich schade, dass wir die Obern- und Hutfilterstraße in diesem Jahr nicht in Szene setzen können, auch um herauszufinden, wie sich der Straßenzug ohne Straßenbahnverkehr erleben lässt, beispielsweise zum Flanieren", sagt Carolin Reuther, Geschäftsführerin der City-Initiative Bremen. Aber man werde bis auf die Straßengestaltung selbst alle Projekte, das heißt Veranstaltungen umplanen und somit durchführen können. "Dazu stehen wir mit der BSAG im engen Austausch", so Reuther.
Kein Einfluss auf Verkehrsversuche
Die vorgesehenen Verkehrsversuche in der Martinistraße sind von der Verschiebung der Baustelle nicht betroffen. "Das hat keinen Einfluss auf die weiteren Überlegungen zur Martinistraße", sagt Gunnar Polzin, Leiter der Verkehrsabteilung bei Senatorin Maike Schaefer (Grüne). Vom Sommer an soll auf der Straße ein großes, einjähriges Verkehrsexperiment stattfinden: Zwei Fahrspuren weniger, Tempo 20, teilweise Einbahnstraße, eine Vollsperrung und jede Menge Aktionsflächen für Skaterparks, Wasserrutsche und -spiele oder Außengastronomie sind geplant. Das Projekt gehört zum Aktionsprogramm Innenstadt und ist mit 1,3 Millionen Euro veranschlagt. Später soll die derzeit vierspurige Martinistraße dauerhaft zurückgebaut werden, um die Innenstadt stärker mit der Schlachte zu verbinden.
Immer wieder ploppt die Forderung auf, die Straßenbahn von der Obernstraße in die Martinistraße zu verlegen. Jüngst regten die Fraktionen der SPD, CDU und FDP in der Diskussion um den Umbau der Domsheide an, dies genauer zu prüfen. Auch die Handelskammer forderte eine Machbarkeitsuntersuchung für die Verlegung. Die Studie dafür ist beauftragt, im Sommer soll es Ergebnisse der Prüfung geben. Bauressort und BSAG gehen davon aus, dass eine Verlegung zu teuer wird. Die Handelskammer hatte im vergangenen Jahr auch vorgeschlagen, die Straßenbahn für acht Wochen aus der Obernstraße zu nehmen, um zu sehen, welchen Effekt das für die Innenstadtbelebung hat. Die BSAG hatte sich eigentlich dagegen ausgesprochen, doch mit den umfangreichen Sanierungsarbeiten am Brill wären die Bahnen nicht durch die Obernstraße gefahren.