Ein zeitloser Raum: „Wenn du dich treiben lässt, vergisst du die Zeit“, sagt Felix Grundmann. In eine stickige Bar mit rotem Licht und viel zu wenig Platz auf engem Raum zu gehen, kann sich derzeit wohl kaum jemand vorstellen. Aber genau das macht das Konzept der Bremer Bar Heartbreak Hotel im Viertel aus. „Der Laden geht gegen jeden Trend“, sagt Bar-Besitzer Grundmann. Hier sei jede Generation von alt bis jung vertreten und die verschiedensten Menschen, von arm bis reich. Auch besonders in der Raucher-Bar sei die Musikauswahl: alter Soul, Rock ’n‘ Roll, aber auch „schräge Sachen“ wie die 80er. „Entweder man liebt es oder man hasst es“, ist Grundmann überzeugt. Eine Mitte gebe es da nicht. Die Atmosphäre im Heartbreak zu beschreiben falle ihm schwer, das müsse man selber erlebt haben, sagt er. Aber die Leute, die es nicht mögen sagen: „Es ist zu voll und zu eng.“ Ein Szenario, welches sich zu Corona-Zeiten im Heartbreak jedoch nicht erfüllt.
Rund sechs Monate lang musste Grundmann die Bar schließen. Mit einem Konzert der Band Lord Super und einer Gruppe von zehn Leuten öffnete er seinen Laden wieder. Maximal 16 Leute können das Heartbreak derzeit besuchen. Aber auch nur, wenn sich eine größere Gruppe von zehn Personen unter ihnen befindet, die er dann in eine Ecke setzen kann. Ansonsten ist der Laden derzeit mit zwölf Personen voll. „Normalerweise passt hier ein Vielfaches an Personen rein“, berichtet Grundmann.
Dadurch habe sich auch die Atmosphäre verändert. Jetzt sei die Stimmung den ganzen Abend über immer wie unter normalen Umständen zwischen acht und elf Uhr abends. „Die Stimmung ist natürlich eine andere und man hat hinter der Bar mehr Zeit für die Gäste“, berichtet Grundmann. Die meisten Leute, die in den Laden kommen, kennt der Besitzer. Doch gebe es immer irgendeinen Gast, der sich nicht an die Corona-Auflagen halte. Sei das die Eintragung in die Liste oder das Aufsetzen der Maske. „Aber dafür haben wir jetzt ein Mikro“, sagt der Bar-Besitzer. Das mache das Ermahnen der Gäste einfacher.
„Klar mache ich minus“, verrät er. Unter diesen Bedingungen lasse sich kein Gewinn machen, das sei „utopisch“. Im besten Falle kann er hier mit plus minus null rausgehen. Doch das ist derzeit noch nicht der Fall. Doch Hoffnung naht, wenn er und sein Team mehr Gäste bedienen können. Im Juni beantragte er die Genehmigung für eine Außenbestuhlung. „Das wurde gnadenlos abgelehnt“, berichtet Grundmann. Die Gründe für die Ablehnung könne er nicht nachvollziehen. Direkt vor der Tür wollte er einen kleinen Bereich für Tische und Stühle freihalten.

Besitzer Felix Grundmann
Zwei Plätze zur Auswahl
So, dass die Autos noch Platz haben durch die Einbahnstraße zu fahren und auch der Fußgängerweg frei bleibt. Doch das wurde abgelehnt, weil der Platz, den Grundmann vorgesehen hatte, frei bleiben müsse, berichtet er. Das könne er nicht verstehen, da Autos den Platz zum Parken nutzen und der Bereich dadurch sowieso nie frei wäre, sagt der Bar-Besitzer. Jetzt drei Monate später, Mitte September, bekam er eine Zusage für seine Außenbestuhlung. Doch wo er die Stühle hinstellen kann, steht immer noch nicht fest. Zwei Plätze stehen zur Auswahl, nun wartet Grundmann auf die Bestätigung. Für ihn sei es nicht nachvollziehbar, dass er solange auf eine Bestätigung warten musste. „Ich hätte mir da mehr Unterstützung von der Stadt gewünscht“, sagt er.
Jedoch freut er sich, wieder arbeiten zu können. Obwohl er sich derzeit eher im Hintergrund hält und sich um die Organisation kümmert. Denn die Schichten hinter dem Tresen überlässt der Besitzer seinen derzeit acht Mitarbeitern. „Ich habe den Laden nur für meine Mitarbeiter wieder geöffnet, das ist der einzige Grund“, erklärt er. Denn die bräuchten auch eine Arbeitsstelle. Das Heartbreak gibt es seit 1996. Grundmann arbeitet seit 1997 in der Bar und finanzierte damit sein Biologie Studium. 2001 übernahm er das Heartbreak von seinem damaligen Chef und beschäftigt heute selbst unter anderem Studierende in der Bar. Vor Corona hatte Grundmann 14 Mitarbeiter, davon sind aktuell noch acht über. Das liegt daran, dass sich die Mitarbeiter im Lockdown, als Grundmann den Laden im März schließen musste, eine andere Beschäftigung suchen mussten.
Gerade für Studierende sei der Lockdown schwierig gewesen, weiß der Bar-Besitzer. „Die sind bei allem hinten rausgefallen“, berichtet er. Von seinen beschäftigten Studierenden bekam niemand die Soforthilfe der Stadt Bremen. Deshalb startete Grundmann einen Spendenaufruf und verteilte den Großteil unter seinen Mitarbeitern. „Aber sogar das muss ich versteuern“, berichtet er. „Wir sind eine coole Crew, wir sind wie eine eingeschweißte Familie“, sagt Grundmann über das Team. Einmal im Monat treffen sie sich zu Besprechung. Seine Mitarbeiter berichten dann über ihre Schichten, manchmal machen sie auch Schulungen zum Cocktail mischen. Gerade in der Anfangszeit von Corona habe er sein Team vermisst.
„Das Aufhaben hat zwei Seiten, ich freue mich, präsent zu sein und die Tore des Heartbreaks wieder zu öffnen“, sagt Grundmann. „Aber auf der anderen Seite, stimmt es mich sehr traurig, dass ich das für was das Heartbreak eigentlich steht, nicht anbieten kann.“ Denn das Heartbreak stehe für zeitlose Abende, an denen die Gäste sich treiben lassen. Manche Gäste kämen abends um elf Uhr in den Laden rein und seien vor morgens um sieben Uhr nicht mehr draußen, weil sie die Zeit vergessen. Seinen Gästen will er zeigen: „Wir sind noch da.“