Hinter dem neuen Johann-Jacobs-Haus soll sich ein neuer Platz auftun - der Jacobs-Hof. Über den Plan, der Anfang kommenden Jahres in Angriff genommen werden soll, sind erste Details bekannt geworden.
Die Obernstraße als Balkon, so muss man sich das vorstellen. Der Blick reicht weit hinunter – durch ein Haus hindurch, dem neuen Johann-Jacobs-Haus. Dahinter wird sich ein Platz auftun, der Jacobs-Hof. Und weiter dann durch die historische Stadtwaage, deren hintere Fassade großzügig geöffnet wird. Das ist der Plan, Anfang kommenden Jahres soll er in Angriff genommen werden. Erstmals sind jetzt die Details bekannt geworden.
Das neue Haus zunächst – ist eine Ansage. Es wird auf einem Grundstück gebaut, auf dem heute zwei Gebäude stehen. Das eine ist das Stammhaus der Bremer Kaffee-Dynastie Jacobs. Im Jahr 1914 hatte Johann Jacobs dort einen Verkaufsbetrieb mit Kaffeerösterei eröffnet.
Beide Gebäude werden abgerissen
Nach dem Krieg stand kein Stein mehr auf dem anderen, und Jacobs machte sich an den Wiederaufbau. Daneben steht ein weiteres Geschäftshaus. Die beiden Gebäude werden abgerissen und machen Platz für einen Bau, der sich in der Obernstraße allein schon wegen seiner Größe herausheben wird.

So soll es hinter dem Jacobs-Haus aussehen.
Er ist höher und eben auch breiter als das alte Johann-Jacobs-Haus. Die Fassade trägt Backstein, wenn möglich wollen die Architekten Steine aus den Bestandsbauten verwenden. Die Fenster – sind groß. So erst und durch den entsprechenden Innenausbau wird möglich, was die Senatsbaudirektorin vorgeschlagen hat.
Iris Reuther, die zusammen mit Landesdenkmalpfleger Georg Skalecki die Pläne von Christian Jacobs eng begleitet hat, wünscht sich den freien Blick von der Obernstraße durch das Johann-Jacobs-Haus auf die Stadtwaage. Und so wird es nun kommen.
Stolze Gebäude für Bremen
Stolze Gebäude, stolzes Bremen: Ein Leitspruch aus dem Dossier des Investors, das er für das Projekt anfertigen ließ. „Irgendeiner muss ja mal anfangen“, steht darin. Als nach dem Krieg die nahezu zerstörte Obernstraße neu aufgebaut wurde, sei auf den kleinen Grundstücken kaum viel anderes übrig geblieben, als zurückhaltend zu bauen. „Doch das war und ist nicht Bremen.“

So wird es aussehen: Das neue Johann-Jacobs-Haus in der Obernstraße.
Bezug nehmen die Architekten mit ihrem Entwurf deshalb auf andere Gebäude als solche in der unmittelbaren Nachbarschaft. Auf das alte Bankhaus Schröder zum Beispiel, in dem heute das Kaufhaus Peek & Cloppenburg untergebracht ist. Oder auf die Gebäude am Marktplatz.
Mit der Planung beauftragt wurde das Berliner Architekturbüro Felgendreher Olfs Köchling. Im Vorfeld hatte es einen Architekturwettbewerb gegeben, aus dem die Berliner als Sieger hervorgingen. Spricht man mit Christian Felgendreher und fragt ihn nach den stadtplanerischen Bezügen seines Entwurfs, fällt auf, dass er sich für jemand von weither mit den Örtlichkeiten sehr gut auskennt.
Architekt ist in Bremen geboren
Ungewöhnlich. Der Grund ist, wie sich während der Unterhaltung herausstellt, dass Felgendreher Bremer ist, geboren und aufgewachsen in dieser Stadt. Er hat auch immer noch ein Ohr dran, was in Bremen so los ist.
Im neuen Johann-Jacobs-Haus wird es ein Café geben, das liegt nahe. Es öffnet sich nach hinten zum Hof hin und teilt sich dort den Platz mit den Tischen des Restaurants, das für die Stadtwaage geplant ist. Das historische Gebäude gehörte bis vor Kurzem der Sparkasse Bremen. Jacobs hat es der Bank abgekauft, um die Idee des Jacobs-Hofs überhaupt erst richtig entwickeln zu können.
Die Stadtwaage hat es in dieser Funktion an der Stelle tatsächlich mal gegeben. Urkunden belegen das für die Zeit ab 1440. Das Gebäude, wie es heute in der Langenstraße steht, ist allerdings ein ganz anderes. Erbaut wurde es im Jahr 1587 von Lüder von Bentheim. Der Bremer Steinhändler gilt als Erfinder der Weserrenaissance, eines Baustils, der sich bis heute an den Außenmauern der historischen Stadtwaage ablesen lässt.
Die Stadtwaage ist etwas besonderes
„Die Stadtwaage ist ein Kleinod, so etwas haben wir in Hamburg nicht“, schwärmt Jean Jaques de Chapeaurouge, Geschäftsführer der Hanseatischen Projektentwicklung GmbH, die für Jacobs als Bauherr fungiert. „Wir werden das Haus beleben und einen Durchgang schaffen, der Jacobs-Hof und Langenstraße miteinander verbindet.“
Nun müsse allerdings erst einmal der Bebauungsplan verändert werden, was bis zum Herbst gelingen sollte. „Wir warten das Ende des Weihnachtsgeschäfts ab und fangen dann an zu bauen.“
Dem Vernehmen nach hatte Jacobs an der Obernstraße und der Seite zur Stadtwaage hin eigentlich noch etwas Größeres vor. Er wollte dort zwei weitere Gebäude erwerben, scheiterte aber an den Eigentümern, die nicht verkaufen wollten. „So haben wir die Nachbarn jetzt zu unseren Partnern gemacht“, sagt de Chapeaurouge.
Keine Autos mehr auf dem Hof
Was das heißt: Die hinteren Fassaden der beiden Häuser werden angeglichen und folgen dem Stil des neuen Johann-Jacobs-Hauses. Vor allem aber kommen die Parkplätze weg. Kein Auto mehr auf dem Hof. Die Zufahrt von der Langenstraße aus bleibt aber erhalten. Das geht nicht anders, wegen des Lieferverkehrs und der Feuerwehr, die im Fall der Fälle von hinten an die Obernstraße ran muss.
Der Jacobs-Hof wird von zwei Gassen eingefasst, die zwischen Obernstraße und Langenstraße liegen. Das sind die Kleine und die Große Waagestraße. Verbindungen treppauf, treppab, die wie eine Hürde wahrgenommen werden. Der Höhenunterschied beträgt drei Meter. In Zusammenarbeit mit der Stadt will Jacobs die beiden Gassen neu gestalten. „Es ist vorgesehen, dass sich der Durchgang zum Jacobs-Hof weitet“, beschreiben die Architekten den Plan.
Die Große Waagestraße werde dadurch besser belichtet. „Große Schaufenster und eine großzügige Freitreppe begleiten den Fußgänger zum Hof. Die Treppe setzt sich im Inneren des Gebäudes fort.“
Die Stadt soll an den Fluss heranrücken
Alles zusammengenommen, wird mit der Planung ein Schritt gemacht, dem andere folgen sollen. Im Jacobs-Konzept bekommt das eine Überschrift: Am Handlauf zur Weser. „Die Weser muss quasi bis in die Obernstraße schwappen. Bildlich gesehen. Schlachte und Innenstadt werden eins.“ Das ist das, was der Bremer Senat früher einmal als Ziel ausgeben hat: Die Stadt soll an den Fluss heranrücken.
Jacobs denkt deswegen weiter, er schaut über die Langenstraße hinweg und nimmt dort das Kontorhaus in den Blick, ein imposantes Gebäude, 105 Jahre alt und reich verziert. Jacobs will es kaufen und neu entwickeln, doch noch ist es nicht so weit. Eigentümer des Kontorhauses, das in seinen Anfängen mal eine Bank beherbergt hat, ist die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB), die dort ihren Hauptsitz hat.
„Im Rahmen der Quartiersentwicklung in der Langenstraße bezieht Herr Jacobs auch das Kontorhaus in seine Überlegungen mit ein“, bestätigt die WFB, „wir möchten die städtebauliche Entwicklung in diesem Bereich gern unterstützen und führen Gespräche mit dem Investor. Es ist jedoch noch keine Entscheidung für einen Verkauf der Immobilie gefallen.“
Martinistraße im Weg
Das Kontorhaus wäre ein weiterer Baustein, Innenstadt und Schlachte besser miteinander zu verbinden. Sie kommen sich dadurch näher. Allerdings: „Das Problem ist die Martinistraße“, heißt es im Jacobs-Konzept, „sie liegt wie ein Balken zwischen der Innenstadt und der Weser und verhindert, dass die Menschen leicht und gefahrlos von der einen zur anderen Seite pendeln können.“
Zu beobachten ist das jedes Jahr in der Adventszeit. Tausende wogen jeden Tag zwischen Weihnachtsmarkt und Schlachtezauber hin und her – jäh gestoppt von der vierspurigen Martinistraße, wo die Menschen vor der Fußgängerampel im Stau stehen und nicht selten den Autos in die Quere kommen. Ein beredtes Beispiel, wie sehr die Martinistraße eine Barriere ist.
Straße soll zurückgebaut werden
Pläne, das zu ändern, gibt es schon lange. Sie sind nur nie konkret geworden. Die Martinistraße, entstanden erst nach dem Krieg, soll zurückgebaut werden, versprechen die Behörden. Doch wie? Im Gespräch ist jetzt offenbar ein Mittelstreifen. So breit vielleicht, dass aus vier Fahrspuren zwei werden. Noch kein Handlauf zur Weser zwar, er wäre weiterhin unterbrochen, aber die Kluft wäre nicht mehr so groß.
Christian Felgendreher, der Bremer in Berlin und Planer für Jacobs, sieht den großen Zusammenhang: „Ursprünglich kamen die Waren direkt von der Weser zur Stadtwaage“, sagt er. Heute liegen vier Fahrspuren dazwischen. Der tiefe Sinn seiner Ideen und die seines Auftraggebers, die jetzt zumindest wenigstens schon mal im Quartier rund um die Stadtwaage verwirklicht werden, kollidiert mit einer Straße.
„Es wäre schön, wenn die Martinistraße kein Hindernis mehr wäre“, wünscht sich Felgendreher, „das würde Bremen ein Stück seiner Geschichte, das durch den Krieg verloren gegangen ist, wieder zurückgeben.“