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Präsidentin im Interview „Ich sehe große Chancen“

Die Jacobs University hat im vergangenen Jahr einen Verlust von 1,7 Millionen Euro erwirtschaft. Präsidentin Katja Windt spricht im Interview dennoch davon, dass die Uni besser wird.
14.08.2017, 17:26 Uhr
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„Ich sehe große Chancen“
Von Patricia Brandt

Frau Windt, kann die Uni ab 2018 überleben – wenn die Jacobs Stiftung ihre Zahlungen reduziert und auch von Bremen kein Geld mehr kommt?

Katja Windt: Das steht für mich nicht in ­Frage. Ich bin zuversichtlich, dass wir die gesetzten Ziele erreichen werden. Der Geschäftsbericht 2016 zeigt, dass wir uns auf Wachstumskurs befinden.

Die Bilanz des Geschäftsberichts 2016 weist erstmals einen Fehlbetrag in Höhe von 1,7 Millionen Euro aus. Mit dem Fehlbetrag wird offensichtlich, dass die Jacobs Foundation 2016 statt 21 Millionen Euro nur noch 14 ­Millionen zum Uni-Betrieb zugebuttert hat, richtig?

Ja, das ist ein planhafter Fehlbetrag. Wir haben uns nicht verschlechtert. Wir haben uns sogar verbessert. Gegenüber 2012, das als Referenzjahr für den Restrukturierungskurs gilt, hat sich das operative Ergebnis um 16,6 Millionen Euro verbessert. Ich meine, das sind Zahlen, die man vorzeigen kann. Ich sehe große Chancen für unsere Universität. Bei den Studenten haben wir einen Zuwachs von 57 Prozent.

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Sie sagen, die Zahl der Anfänger ist 2016 auf 470 Studenten angestiegen. Wie kommt es dann, dass sich die Zahl der auf dem Campus lebenden Studenten im Vergleich zu 2015 – da waren es 1164 – nicht wesentlich erhöht hat? Aktuell liegt sie bei 1200 Studenten.

2016 wurde ein vergleichsweise großer Abschlussjahrgang durch eine ebenfalls große neue Kohorte ersetzt. In diesem Jahr hat hingegen ein kleinerer Jahrgang seinen Abschluss gemacht, der 2014 am Anfang unseres Umbruchprozesses gestartet ist. Dieser Jahrgang wird nun aller Voraussicht nach durch eine größere Kohorte ersetzt, die im kommenden Semester startet. Hier zahlt sich aus, dass wir das Studienangebot neu geordnet und das Marketing umgestellt haben. Wir haben auch in diesem Jahr wieder eine Flut von Bewerbungen bekommen, sodass wir Top-Talente aus aller Welt nach Bremen holen können. Dafür geben wir ­heute weniger Nachlass auf die Studiengebühren, als es früher der Fall war. Durchschnittlich sind es 31 Prozent. Je nach finanziellen Möglichkeiten zahlen manche den vollen Betrag, andere kaum etwas. So können wir unserem sozialen Anspruch gerecht werden, denn 45 Prozent unserer ausländischen Studierenden kommen aus Entwicklungsländern zu uns. Wir leben den Wahlspruch von Klaus Jacobs: „Ob jung oder alt, reich oder arm, Frau oder Mann: Jeder hat das Recht auf eine gute Ausbildung.“

Im Geschäftsbericht 2016 ist die Rede von erneutem Personalabbau in der Professorenschaft. Wie viele Professoren und Mitarbeiter wurden entlassen? Wie viele ­Beschäftigte werden Sie noch entlassen?

Wir haben 2015 unser Personal planmäßig um 25 Prozent reduziert. Das wurde im Rahmen eines Sozialplans abgestimmt. Es gab 2016 zwar Fluktuation, aber auch Neueinstellungen. Wir befinden uns auf einem Wachstumskurs. Dafür benötigen wir zukünftig zusätzliche Kapazitäten.

Die Verbindlichkeiten der Jacobs ­University belaufen sich auf 56,9 Millionen Euro. Das heißt, die Uni wächst auf einem Fundament aus Schulden …

Das sind im Wesentlichen Verbindlichkeiten, die aus den Anfangsjahren unserer Universität stammen. 2003 wurde ein Darlehen über 50 Millionen Euro aufgenommen, das wir planmäßig tilgen.

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Die Uni wurde zuletzt fünf Jahre mit je drei Millionen Euro jährlich vom Land Bremen gefördert. Der Rechnungshof hat zeitnahe Verwendungsnachweise gefordert, nachdem er Lücken beim Controlling des Wirtschaftsressorts festgestellt hat. Haben Sie inzwischen Rechenschaft abgelegt über die 15 Millionen Euro?

Unsere Dokumentation ist lückenlos. Da gibt es keinen Zweifel. Als mittelständisches Unternehmen mit einem Haushalt von fast 50 Millionen und rund 400 Mitarbeitern erfüllen wir selbstverständlich unsere Berichtspflichten termintreu. Unser Berichtswesen kann sich sehen lassen.

Sie haben dieser Tage auf Flächen ­verzichtet, die das Land für seine Sportvereine braucht. Damit ist der Streit um die Nutzung der Bezirkssportanlage Oeversberg beendet. Wie viel zahlt Ihnen Bremen für den Oeversberg?

Wir stehen zur Lösung der Oeversberg-­Frage mit dem Land in intensiven Verhandlungen. Wichtig ist uns dabei, dass wir als verantwortungsvoller Akteur unserer Verpflichtung für den Stadtteil und seine Menschen, für die Sportvereine und ihre Mitglieder sowie für unsere Mitarbeiter und Studierenden gerecht werden. Wir möchten in guter Nachbarschaft leben. Das liegt uns am Herzen.

Also ist der Oeversberg-Deal keine heimliche Fortführung der Bezuschussung?

Das Ganze ist auf der Grundlage entstanden, dass wir eine Einigung mit dem Stadtteil erreichen wollten.

Es heißt seit Jahren, dass die Uni ein weiteres Studenten-Wohnheim in Grohn bauen will. Werden Sie es bauen?

Wir wachsen. 2016 hatten wir einen Zuwachs von 57 Prozent bei den Studienanfängern, in diesem Jahr erwarten wir ein erneutes Plus. Diesen Entwicklungen stellen wir uns. Wir sind in konkreten Verhandlungen zur Erweiterung unserer College-Kapazitäten.

2016 sollte das Jahr der Neuorganisation des Unternehmens werden. Sie wollten neue Produkte entwickeln. Welche?

Wir haben außerhalb unseres Kerngeschäfts auch Weiterbildungsprogramme für Mitar­beiter von Unternehmen aufgelegt. In diesem Bereich haben wir einen ­siebenstelligen Betrag in unseren Auftragsbüchern stehen.

Das heißt, die Jacobs Uni profitiert auch vom Fachkräftemangel?

Wir profitieren eher von dem Bedarf an zusätzlicher Qualifikation für Mitarbeiter von Unternehmen. So bilden wir Mitarbeiter von Firmen aus unterschiedlichen Industriebranchen aus, die zum Beispiel auf dem chinesischen Markt aktiv sind. Es dabei im Wesentlichen um die Themenfelder Digitalisierung, Industrie 4.0, um technikrelevante Themen sowie logistische Optimierung.

Wie sieht Ihr Plan für 2018 aus?

Wir streben an, unsere Kerngeschäftsfelder so weiterzuentwickeln, dass wir einen ausgeglichenen Haushalt nach Zahlung der Jacobs Stiftung erreichen können.

Wie viel Geld werden Sie noch bekommen?

Wir haben die Aussicht, ab 2018 für die nächsten zehn Jahre insgesamt 100 ­Millionen Schweizer Franken von der Jacobs Foundation zu bekommen. Im Change-Prozess ­haben wir harte Anstrengungen auf uns genommen. Das waren schwere Zeiten, aber die Anstrengung hat sich gelohnt und ich bin froh, dass wir so viele neue Studenten für unsere Jacobs University begeistern konnten. Es ist mir darüber hinaus ein Anlie­gen, die hohe Qualität in Forschung und ­Lehre hier auf unserem Campus in Bremen-Nord nicht nur zu halten, sondern weiter zu steigern.

Das Interview führte Patricia Brandt.

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