Mehr Studierende, höhere Einnahmen aus der Lehre, erfolgreiche Drittmittel-Projekte: Die private Jacobs University im Bremer Ortsteil Grohn meldet mit ihrem aktuellen Geschäftsbericht vor allem eines – Wachstum. Die Nachricht kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bilanz der Universität einen Fehlbetrag von rund 1,7 Millionen Euro ausweist. 2015 hatte der Lehrbetrieb noch einen Überschuss von 3,5 Millionen Euro erzielt. Uni-Präsidentin Katja Windt sagt im Gespräch mit dem WESER-KURIER: „Das ist ein planhafter Fehlbetrag. Wir haben uns nicht verschlechtert. Wir haben uns sogar verbessert.“
2016 war für die rund 400 Beschäftigten auf dem Campus mit etwa 1200 Studenten aus aller Welt ein weiteres Jahr der Strukturreform, die Uni-Präsidentin Katja Windt 2014 eingeleitet hat. Mehr als 40 Professoren-Stellen wurden 2015 eingespart und das Angebot an Studiengängen abgespeckt. 2016 sollte im Zeichen des Aufbaus stehen. Laut Geschäftsbericht gab es dennoch einen erneuten Personalabbau im Bereich der Professorenschaft. Aktuell arbeiten 70 Professorinnen und Professoren auf dem Gelände mit den roten Backsteingebäuden und seinen weiten, parkähnlichen Grünflächen.
Jacobs University macht Umsatzplus
Der Sanierungskurs sollte das Leistungsniveau nicht herabsenken. Das war erklärtes Ziel der Uni-Leitung. Das Ziel hat sie offenbar erreicht. Gerade wurde die „Class of 2016“ verabschiedet. 96,1 Prozent haben mit einem Bachelor-Grad erfolgreich abgeschlossen. In Hochschulvergleichen erzielte die Uni Spitzenergebnisse. „Die Nachfrage nach unseren Studienangeboten und unserem Forschungsprofil zeigt, dass das neue Kapitel in unserer Unternehmensgeschichte eine eindeutige Überschrift trägt: Wir wachsen“, sagt Katja Windt.
Starteten in Bremen-Nord 2015 noch 300 junge Menschen ins Studentenleben, waren es ein Jahr später 470 – ein Zuwachs von 57 Prozent. Mit Studien-Vorbereitungsjahren für Abiturienten, Master-Programmen und Weiterbildungsangeboten erzielte die Uni nach eigenen Angaben fast 1,6 Millionen Euro Umsatz – mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr. Die Bachelor-Studiengänge brachten mit mehr als 15,6 Millionen Euro fast eine halbe Million mehr Umsatz als 2015.
Die Erträge im Bereich Forschung und Transfer sind zwar leicht gesunken, von 13,1 Millionen auf 12,7 Millionen Euro. Gern wird dieser Tage auf dem Campus aber die Erfolgsgeschichte von Mathematikprofessor Dierk Schleicher erzählt, der für sein Projekt Hologram 2016 vom Europäischen Forschungsrat 2,3 Millionen Euro erhielt – eine der höchsten Forschungsförderungen, die der Rat bisher an einen Mathematiker vergeben hat. Nicht nur Schleicher hat Mittel geworben. Jeder Professor warb 2016 durchschnittlich 200.000 Euro an Drittmitteln ein. Im Vorjahr waren es nur 176.000 Euro.
56,9 Millionen Euro Verbindlichkeiten
Aber reicht das? Das Wachstum findet auf dem Fundament von Schulden statt. Zurzeit belaufen sich die Verbindlichkeiten laut Geschäftsbericht auf 56,9 Millionen Euro. Dazu kommt, dass die Jacobs Stiftung die Uni in Zukunft nicht mehr in dem Umfang fördern wird wie bisher. Zahlte die Stiftung 2015 noch 21 Millionen Euro, waren es 2016 nur noch 14 Millionen Euro. Die Zuschüsse werden weiter sinken. Katja Windt rechnet ab 2018 für die nächsten zehn Jahre mit nur noch acht bis zehn Millionen Euro im Jahr.
Gleichzeitig stellt Bremen mit diesem Jahr seine Zuwendungen ein. Das Wirtschaftsressort sieht die Uni auf einem guten Weg. Es sei aber zu früh, aufgrund der Zahlen im Geschäftsbericht 2016 über Perspektiven zu sprechen. Nur so viel: „Wir haben ein hohes Interesse daran, dass die Jacobs University erfolgreich ihren Weg in Bremen-Nord fortsetzen kann, deshalb stehen wir als Freie Hansestadt immer zur Verfügung“, sagt Ressortsprecher Tim Cordssen.
Die Uni-Präsidentin gibt sich optimistisch: „Wir streben an, unsere Kerngeschäftsfelder so weiterzuentwickeln, dass wir einen ausgeglichenen Haushalt unter Berücksichtigung der Zuwendung der Jacobs Foundation erreichen können.“ Das operative Ergebnis gegenüber dem Referenzjahr 2012 habe sich um 16,6 Millionen Euro verbessert. In Erwartung weiterer Studenten plant die Uni den Bau eines Wohnheims.
Auf einen Teil ihrer nicht genutzten Flächen auf der Sportanlage Oeversberg hat sie aber zugunsten der Sportvereine verzichtet. Die Frage, ob sich hinter dem Oeversberg-Deal ein versteckter Zuschuss verbirgt, beantwortet Windt so: „Das Ganze ist auf der Grundlage entstanden, dass wir eine Einigung mit dem Stadtteil erreichen wollten.“