An Brennpunkten illegaler Müllablagerungen könnten künftig mobile Videoüberwachungsanlagen eingesetzt werden, um Verursacher auf frischer Tat ertappen zu können oder auch abzuschrecken. Die rechtlichen Grundlagen wollen Umwelt- und Innenbehörde noch im laufenden Quartal klären, danach könnte das neue Instrument im Kampf gegen die Vermüllung eingesetzt werden. Das geht aus einer noch unveröffentlichten Antwort des Senats auf eine Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion zum Dauerärgernis Vermüllung hervor. Darin wird auch dokumentiert, welche Dimension dieses Problem in den vergangenen Jahren angenommen hat.
Gibt es eine Zunahme illegaler Müllablagerungen?
Eine detailliertere Statistik existiert hierzu erst seit 2018, als die Abfallentsorgung grundlegend neu organisiert wurde. Die Bremer Stadtreinigung (DBS) erfasst seither Ablagerungen, die größer sind als 100 Liter. Die Anzahl der wilden Müllkippen hat in diesem Zeitraum geschwankt, die Gesamtmengen sind aber kontinuierlich größer geworden. 2018 registrierte die DBS 6899 Ablagerungen über 100 Liter, im vergangenen Jahr waren es 8334. Die höchste Zahl weist die Statistik für 2019 aus (knapp 9000). Bei den Gesamtmengen konnte die DBS für 2018 keine Zahl angeben. Ab 2019 lauten sie 681, 1002 und 1030 Tonnen. Dies sind die Werte für Straßen und Plätze. Separat ausgewiesen sind die Angaben für öffentliche Grünanlagen, in denen der Umweltbetrieb Bremen (UBB) für die Beseitigung verantwortlich ist. Dort war der Anstieg von 53 Tonnen (2019) über 98 in 2020 bis auf 122 in 2021 noch massiver.
Wo lassen sich örtliche Schwerpunkte ausmachen?
Grundsätzlich erreichen die DBS Beschwerden aus allen Stadtteilen über illegale Müllablagerungen, besonders aber aus den Bereichen Gröpelingen/Lindenhof, Altstadt, Bahnhofsvorstadt und Ostertor/Steintor. In Hemelingen, Schwachhausen, Horn, Findorff, Blumenthal und Vegesack konzentrieren sich die Ablagerungen auf einige Brennpunkte.
Was kostet die Entsorgung der Abfälle?
Die finanziellen Aufwendungen von DBS und UBB nähern sich der Millionengrenze. 2019 waren es knapp 924.000 Euro, 2020 etwas weniger, für das vergangene Jahr weist die Statistik gut 938.000 Euro aus.
Was unternehmen Umweltbehörde und DBS gegen die Verursacher?
Um Müllsünder zu identifizieren, verfolgt die Stadtreinigung Hinweise aus der Bevölkerung und untersucht die Ablagerungen nach Anhaltspunkten, die Rückschlüsse auf die Verursacher zulassen. Das können beispielsweise Adressträger, Kontoauszüge oder Korrespondenz sein. Ist eine Identifizierung möglich, kommt es zu einer Ordnungswidrigkeitenanzeige, die von der Umweltbehörde weiterverfolgt wird. Wie viele solcher Verfahren derzeit anhängig sind oder schon erfolgreich abgeschlossen wurden, konnte die Behörde auf Nachfrage des WESER-KURIER nicht beziffern. In vielen Fällen werde die Tat durch die mutmaßlichen Müllsünder abgestritten, heißt es in dem Senatspapier. "Dann ist es entscheidend, ob die Verursacherhinweise der Behörde eine Beweisführung ermöglichen."
Trägt eine zu geringe Zahl von Wertstoffbehältern zum Problem bei?
Das glaubt die Umweltbehörde nicht. Die Gründe für illegale Müllablagerungen seien vielschichtig. Sie reichten von zu geringem Volumen der vorhandenen privaten Müllbehälter in Wohn- und Geschäftshäusern über Unkenntnis des Müllerfassungssystems bis zu "Ignoranz". Die Leerungsintervalle auf Containerplätzen zu erhöhen, sei grundsätzlich nicht erforderlich. Bei punktuellen Problemen sei dies aber in Abstimmung mit den Dienstleistern schon geschehen. "Ein Austausch mit den Betreibern findet regelmäßig statt", wird dazu in dem Senatspapier festgestellt.
Könnte der Anstieg der Müllgebühren der illegalen Entsorgung Vorschub leisten?
Auch hier sieht die Umweltbehörde keinen Zusammenhang. Eine "Zunahme von illegalen Abfallablagerungen" durch den zuletzt kräftigen Preisanstieg sei nicht zu befürchten. Erst recht nicht durch die anstehenden Strukturveränderungen bei den städtischen Recyclingstationen. Das Abgeben von Sperrmüll, der heute einen Großteil der illegalen Ablagerungen ausmacht, sei mittelfristig an sechs statt gegenwärtig an vier Stationen möglich.