Illegaler Verkauf von Hundewelpen sei ein Thema, "dass uns Tierärzten allen auf der Seele brennt", sagt Bärbel Schröder. "Es ist wirklich gruselig, was da passiert. Da scheint sich eine regelrechte Mafia zu bilden." Doch zur Wahrheit gehört für die Leiterin des Tierschutz- und Veterinäramtes des Landes Bremen auch eine weitere Erkenntnis: "Es ist wahnsinnig schwer, da wirklich ranzukommen."
Der jüngste Fall aus Bremen, der zumindest teilweise in dieses Muster passt: Mitte Mai meldete sich ein Autofahrer bei der Polizei. Er habe beobachtet, dass auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums in Osterholz aus einem Transporter heraus Hunde verkauft würden. Vor Ort traf die Polizei auf eine 24-jährige Frau und einen 26-jährigen Mann aus der Ukraine, in deren Kastenwagen fünf junge Hunde untergebracht waren. Ohne Klimaanlage, ohne Decken, die Transportkisten so klein, dass die Tiere darin nicht aufrecht stehen konnten.
Das Pärchen wurde erkennungsdienstlich behandelt und kam nach Hinterlegung einer Sicherheitsleistung wieder auf freien Fuß. Die Welpen wurden ins Tierheim gebracht. Dort landeten sie – bis sicher ist, dass sie keine Tollwut haben – in einer Quarantänestation. Ein Trauerspiel für Schröder: "Die Hunde sind acht, neun Wochen alt, eigentlich für sie die wichtigste Sozialisierungszeit – stattdessen sitzen die armen Tiere jetzt im Heim."
Ein knappes Dutzend ähnlicher Fälle gab es 2020 in Bremen, in diesem Jahr waren es bislang vier mit insgesamt neun Hunden. "Und jedes Mal sind wir nur durch Zufall darauf gestoßen", berichtet die Behördenleiterin. Sicher, mit schärferen Kontrollen sei mehr machbar – die Verkaufswege im Internet intensiver zu beobachten, zum Beispiel. Oder zum Schein als Käufer aufzutreten. "Aber dafür haben wir zu wenig Personal." Auch von den Behörden wie dem Ordnungsamt, wo die Hunde angemeldet werden müssen, oder bei der Anmeldung für die Hundesteuer, sei in dieser Hinsicht nichts zu erwarten. "Die interessiert nicht, wo der Hund herkommt", sagt Schröder.
Verkäufer haben dazu gelernt
2017 habe man die illegalen Einfuhren sogar zum Schwerpunktthema gemacht und ein Jahr lang die gängigen Internetforen wie unter anderem Ebay nach Angeboten aus dem Ausland durchsucht, erzählt Schröder. Der Erfolg blieb überschaubar. Auch die illegalen Verkäufer hätten dazu gelernt. Vorbei die Zeiten, in denen die Hunde in denkbar schlechtem Deutsch angeboten wurden. "Wir vermuten, dass es da inzwischen ziemliche Strukturen im Hintergrund gibt", so die Behördenleiterin.
Dass Hunde gewerbsmäßig nach Deutschland eingeführt werden, ist nicht ungewöhnlich. Läuft alles ordnungsgemäß, dann haben die Tiere eine Gesundheitsbescheinigung, die in ein EU-weites Portal eingetragen wird. Auch ihr Transport wird in einem eigens dafür geschaffenen Portal gemeldet. Es gibt vernünftige Verträge; und die Behörde in Bremen bekommt Bescheid, wer den Hund aufnehmen will.
Nicht selten seien dabei auch Tierschutzorganisationen aus den Herkunftsländern eingebunden, doch auch diese arbeiteten nicht immer korrekt, sagt Schröder. Zumal unter dem Siegel "Tierschutz" längst auch Geschäfte gemacht würden, gerne auch über die Mitleidstour. "Bringt aber nichts. Wer das mitmacht, unterstützt letztlich nur den ganzen Wahnsinn." Wem es wirklich um Mitleid gehe, solle sich lieber an ein Tierheim wenden.
Am schlimmsten seien jedoch die Fälle, in denen die Tiere nicht über Organisationen, sondern über Händler aus dem Ausland nach Deutschland kämen, vor allem aus Osteuropa. "Die züchten keine Hunde, denen geht es nur um Vermehrung", sagt Schröder. Entsprechend schlecht versorgt seien in der Regel die Welpen. Eine Gefahr nicht nur für die Hunde, betont die Tierärztin: "Wenn die Tiere ohne Tollwutimpfung eingeführt werden, ist das auch für die Menschen gefährlich, die sie kaufen." Auch deshalb sei es für sie unverständlich, "wie jemand auf die Idee kommt, einen Hund über Ebay zu kaufen".
Eine Anschaffung für über 15 Jahre
Zumal wegen der großen Nachfrage zu Corona-Zeiten auch dort die Preise explodiert seien. "Selbst auf Ebay werden die Welpen inzwischen für über 1000 Euro angeboten", betont Schröder. Zum Vergleich: Bei einem Züchter des Verbands für das deutsche Hundewesen (VDH) sind Welpen in der Regel für etwa zwischen 700 bis 1500 Euro zu haben. Das Schielen auf ein paar Hundert Euro weniger beim Kauf eines Welpen kann Schröder ohnehin nicht nachvollziehen. "Das ist doch eine Anschaffung für über 15 Jahre." Und ein Hund koste auch anschließend Geld – für Futter, Tierarzt oder Pflege.
Auch Gaby Schwab, Sprecherin des Bremer Tierschutzvereins, warnt vor dem Hundehandel auf Parkplätzen. 90 Prozent der Hunde, die aus "Vermehrungsstationen" kämen, seien krank, schätzt sie. Die Welpen seien häufig nicht geimpft und würden oft ihren Müttern zu früh weggenommen. Außerdem befänden sich meist schon die Mutterhündinnen in erbärmlichem Zustand.
Bei dem in Osterholz aufgeflogenen Hundeverkauf gehe es aber nicht um einen typischen Fall von illegalem Welpenhandel. "Es sind ganz normale Junghunde, wahrscheinlich aus irgendeinem Tierheim in der Ukraine, also nicht aus einer Zucht", erklärt Schwab. "Nur der Transport und die Papiere waren nicht in Ordnung. Die Hunde sollten ja auch zu Adoptanten gebracht werden." Die Tiere seien aber extrem verängstig. "Und wir wissen nicht, wie sie vorher gehalten wurden."
Ein schwebendes Verfahren
Wie es mit den fünf Mischlingshunden weitergeht, ist unklar. Als die Polizei eintraf, war ein Tier bereits verkauft. Die Käuferin wurde ermittelt, der Hund zurückgeholt. Die anderen Hunde sollten angeblich zu Käufern in Frankreich geliefert werden. "Das ist ein Problem", sagt Schwab. "Hätte man deutsche Adoptanten, dann könnte man mit Vorkontrollen prüfen, ob alles in Ordnung ist. So geht das jetzt leider nicht."
Letztlich sei dies alles aber ein schwebendes Verfahren. Die Entscheidung liege beim Veterinäramt und bei der Staatsanwaltschaft, die wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz und Urkundenfälschung ermittelt. "Ich hoffe, dass die Hunde hier bei uns bleiben und wir etwas Vernünftiges für sie finden", sagt Schwab.