Die Suche nach Investoren für die private Jacobs University in Bremen-Nord geht in die entscheidende Etappe. Benötigt wird ein strategischer Partner, der Geld für die Weiterentwicklung der akademischen Einrichtung bereitstellt. Für die Sondierungen ist die Wissenschaftsbehörde zuständig, denn Bremen hatte Ende 2020 nach dem Ausstieg der Jacobs-Stiftung indirekt die Mehrheit an der Privathochschule übernommen. Diese Anteile sollen nur so lange gehalten werden, bis ein geeigneter Investor gefunden ist.
Die Jacobs University gilt als akademisch erfolgreich, hat aber seit Jahren große wirtschaftliche Probleme. Es gelang nie, einen Kapitalstock nach dem Vorbild angelsächsischer Privathochschulen zusammenzubringen, die aus den Erträgen einen bedeutenden Teil ihres Haushalts abdecken. Daran änderte auch die 200-Millionen-Euro-Spende nichts, mit der der einstige Bremer Kaffee-Unternehmer Klaus J. Jacobs 2006 auf dem Campus einstieg.
Um die Jacobs University am Leben zu halten, schoss deshalb Bremen immer wieder Geld zu. So übernahm das Land 2018 ein 45-Millionen-Euro-Darlehen. Ende 2020 stand die Jacobs University endgültig am Scheideweg: Gegen eine Schlusszahlung von 63 Millionen Euro zog sich die Stiftung der Familie Jacobs aus der Einrichtung zurück. Dieser Betrag reicht als finanzieller Puffer für eine Übergangszeit. Doch es braucht einen neuen Partner, der den Fortbestand der Privathochschule sichert.
Bisher war Linie des Senats, dass bis zum 30. Juni ein solcher Investor gefunden sein muss. Ende vergangenen Jahres sah es kurzzeitig so aus, als sei man am Ziel. Ein deutsch-chinesisches Konsortium hatte sich formiert, der Senat verkündete die bevorstehende Unterzeichnung eines Vorvertrags. Doch das Projekt platzte, angeblich auch wegen eines Einspruchs aus Berlin gegen die Beteiligung eines chinesischen Partners. Seither hört man nicht mehr viel von Fortschritten bei der Investorensuche.
Nach Informationen des WESER-KURIER sondiert die Wissenschaftsbehörde aktuell mit drei Akteuren. Einer dieser Einstiegsinteressenten ist dem Vernehmen nach ein früherer Spitzenmanager des Thyssen-Krupp-Konzerns, der auch der Bremer Lürssen-Werft verbunden ist. Die Pläne dieses Akteurs sollen einen umfassenden Umbau des akademischen Betriebs vorsehen. Als zweiter Übernahmekandidat gilt ein russisch-schweizerischer IT-Unternehmer, der 2020 im schweizerischen Schaffhausen ein Technologieinstitut gegründet hat. Diese Einrichtung verfolgt einen ehrgeizigen Expansionskurs, der unter anderem darauf abzielt, an weiteren internationalen Standorten Fachleute für Computerwissenschaften und anderen Tech-Disziplinen auszubilden. Beim dritten möglichen Anwärter auf einen Einstieg bei der Jacobs University soll es sich um eine chinesische Universität handeln, die einen Ableger in Europa aufbauen möchte.
Die Wissenschaftsbehörde kommentiert diese Informationen nicht. Sprecher Rainer Kahrs bestätigt, dass „mit verschiedenen Interessenten Gespräche über einen Erwerb der Anteile“ geführt werden, die gegenwärtig über einen zwischengeschalteten Verein indirekt von der Stadt gehalten werden. Den möglichen Partnern sei Vertrauensschutz zugesichert worden, um die Sondierungen nicht zu gefährden. Als neues Datum, bis zu dem eine Einigung erreicht werden soll, gilt der 30. September. Bis dahin werde Bremen seine Mehrheitsanteile an der Jacobs-Uni auf jeden Fall halten.
Die Leitung der Privathochschule hält sich ebenfalls bedeckt, eine Einschätzung zu den Investorengesprächen ist von dort nicht zu erhalten. Man setze den Geschäftsplan für 2021 um, der mit allen gegenwärtigen Anteilseignern – also auch mit dem Senat – abgesprochen sei, sagt Sprecher Heiko Lammers. Dazu zähle unter anderem der Marktstart des neuen Masterprogramms „Data Science for Society and Business“ (Datenwissenschaften für Gesellschaft und Geschäftsleben). Aktuell laufen auf dem Campus die Zulassungstage für das akademische Jahr 2021/22.
Unterdessen kritisiert die CDU-Wissenschaftspolitikerin Susanne Grobien den aus ihrer Sicht intransparenten Umgang der Wissenschaftsbehörde mit der Zukunft der Jacobs-Uni. „Man hat den Eindruck, dass sich der Senat des Problems nur irgendwie entledigen will“, sagt Grobien. Sie erneuert den Vorschlag der CDU, den Nordbremer Campus zu einer „Klima-Universität“ weiterzuentwickeln. Dort könnten die einschlägigen Kompetenzen zusammengeführt werden, die in Bremer und Bremerhavener Forschungseinrichtungen auf diesem Feld bereits vorhanden sind. Eine öffentlich-private Partnerschaft sei die beste Lösung für den Standort.