Aus Sicht des Bundeskartellamtes ist das Trinkwasser in Bremen zu teuer. Die Behörde hat ein sogenanntes Preismissbrauchsverfahren gegen den Versorger SWB angestrengt.
Zahlen die Bremer Privathaushalte zu viel für ihr Trinkwasser? Diesem Verdacht geht das Bundeskartellamt nach. Bei der Bonner Behörde läuft gegen den örtlichen Versorger, die SWB AG, ein sogenanntes Preismissbrauchsverfahren, das wohl frühestens im Herbst abgeschlossen sein wird. In ähnlich gelagerten Fällen hat das Kartellamt in den vergangenen Jahren bereits Preissenkungen durchgesetzt, zum Teil mit rückwirkenden Erstattungen an die Verbraucher.
Die Behörde glaubt, konkrete Anhaltspunkte dafür zu haben, dass die SWB ihre Kunden zu stark schröpft. Das geht aus einem Schriftsatz des Kartellamtes hervor, der dem WESER-KURIER vorliegt. Ein Vergleich von Daten der Wasserversorgung in den 38 größten deutschen Städten zeige, dass die Netto-Erlöse der SWB bereits in den Jahren 2012 und 2013 „überdurchschnittlich“ gewesen seien.
Auf diese schon hohen Gewinne habe der Bremer Monopolist dann 2014 eine deutliche Preissteigerung draufgesattelt. Deshalb bestehe „der Verdacht, dass die Trinkwasserpreise der SWB AG seit dem Jahr 2014 missbräuchlich überhöht sind“. Aktuell zahlen Haushalte der Hansestadt einen monatlichen Wasserpreis, der sich aus einem Sockelbetrag von 4,06 Euro und einem Verbrauchspreis von 2,13 Euro pro Kubikmeter zusammensetzt.
Zahlreiche Faktoren bedingen Trinkwasserpreis
Bei der SWB tritt man dem Eindruck entgegen, allein am Pranger des Kartellamtes zu stehen. Die Behörde habe eine ganze Reihe von Versorgern aufgefordert, aktuelles Zahlenmaterial zu liefern. „Das Kartellamt wird nun die gesammelten Daten auswerten“, so Unternehmenssprecher Christoph Brinkmann. Er verweist darauf, dass der Bremer Wasserpreis vor der letzten Erhöhung im Jahr 2014 zehn Jahre lang stabil gewesen sei.
Dem Bundeskartellamt liegt nach Darstellung seines Sprechers Kay Weidner eine „sehr umfangreiche Argumentation“ der SWB zu ihrer Preisgestaltung vor. Diese Angaben würden derzeit eingehend geprüft. Im bundesweiten Vergleich lägen die Bremer Trinkwasserpreise „nicht an der Spitze“, wie Weidner einräumt. „Da jedoch die Versorgungsbedingungen im norddeutschen Flachland grundsätzlich günstiger sind als im bundesweiten Durchschnitt und besondere Nachteile in Bremen nicht ohne Weiteres ersichtlich sind, geht das Amt weiter der Frage nach, ob dort eventuell ein erheblicher Preissenkungsspielraum vorhanden ist.“
Mit seinem Hinweis auf die „Versorgungsbedingungen“ berührt Weidner einen wichtigen Punkt. Auf den Trinkwasserpreis wirken in der Tat zahlreiche Faktoren ein, die regional sehr unterschiedlich sein können. Das fängt bei der Frage an, aus welchen Quellen ein Versorgungsunternehmen sein Wasser bezieht. Die SWB beispielsweise verfügt nur über wenige eigene Brunnen. Den größten Teil seiner Ware muss das Unternehmen von Vorlieferanten beziehen, teils über lange Pipelinestrecken bis aus dem Harz.
Zahl der Preismissbrauchsverfahren nimmt zu
Solche Faktoren schlagen ebenso zu Buche wie die Dichte des Versorgungsnetzes, der technische Aufwand bei der Aufbereitung der Wasserqualität oder die Frage, ob Gewinnabführungen an beteiligte Kommunen zu leisten sind. All diese Einflussgrößen können von Versorger zu Versorger stark variieren. Welcher Preis für eine bestimmte Region als angemessen gelten kann, „ist also nicht so einfach zu beurteilen“, sagt ein Branchenfachmann aus dem Bremer Umland.
Nach seiner Erfahrung endet ungefähr ein Drittel aller Preismissbrauchsverfahren beim Bundeskartellamt mit einer Sanktion gegen den Versorger, also etwa der Anordnung einer Preissenkung. In den vergangenen zehn Jahren habe die Zahl der Verfahren spürbar zugenommen. „Davor hatte die Behörde eher die Gasversorger im Visier. Als das Thema abgefrühstückt war, ist das Trinkwasser stärker in den Fokus gerückt“, sagt der Experte.
Beim Wasserverbandstag Bremen/Niedersachsen/Sachsen-Anhalt beobachtet man die Aktivitäten des Kartellamtes aufmerksam. Nach Darstellung von Geschäftsführer Godehard Hennies bildet die Behörde bei ihrer Marktbeobachtung Durchschnittswerte von Unternehmen, die unter ähnlichen Rahmenbedingungen operieren. „Wenn ein Versorger mit seinem Preis um etwa 20 Prozent aus der Gruppe herausragt, schauen die genauer hin“, so Hennies. Der Bremer Wasserpreis war für die Kartellbehörde zuletzt Anfang der Neunzigerjahre ein Thema, damals noch zu Zeiten des Vorgängerunternehmens Stadtwerke Bremen. Seinerzeit ließ sich das Amt die Kalkulation zwar genau vorrechnen, verzichtete dann aber auf eine Intervention.