Es ist eine Art Doppelleben, das Kim Tränka momentan führt. In dem einen – nämlich dem, das er schon jahrelang hat – ist er Autoverkäufer, Katzenbesitzer, ehrgeiziger Sportler. In dem zweiten – und das ist nun neu hinzugekommen – ist er Prinz.
Als solcher hat er zwar nicht in einem Schloss gelebt, aber in einer Villa immerhin, ganz alleine, auf einem Berg auf der griechischen Insel Kreta. Und er ist auf der Suche nach der großen Liebe – deswegen das ganze Abenteuer. In dem kommen außerdem noch 20 weitere Männer vor, etliche Küsse und Tränen und – nicht zu vergessen – die Kameras des Fernsehsenders RTL.
Deswegen steckt Tränka momentan auch tief im Presserummel. Weil nun mal viele wissen wollen, wie es sich so lebt als Prinz, der schwarze Krawatten an seine Auserwählten verteilt, solange, bis nur noch zwei übrig bleiben, und schließlich nur noch einer. Im besten Fall die große Liebe. "Prince Charming" – so lautet Tränkas Titel in diesem zweiten Leben und der Name jener TV-Show, dessen Protagonist er nun ist. Jeden Dienstag erscheint eine neue Folge auf TV Now, der Streaming-Plattform von RTL.
Für einen Adeligen kommt der über 1,90 Meter große Tränka allerdings angenehm unkompliziert daher: locker geöffnetes Hemd, die langen, blonden Haare hinten zu einem Dutt zusammengebunden, die Bräune Kretas noch immer erkennbar. "Es war auch ein bisschen wie Urlaub", sagt Tränka, wenn er auf die zweiwöchigen Dreharbeiten im April zurückblickt. Die Nachricht, dass er der Prinz wird, hat er Anfang des Jahres schon bekommen, erzählt er. Ein Anruf von der Produktionsfirma, da saß er gerade zusammen mit seiner besten Freundin in der Straßenbahn. "Ich musste meine Freude erstmal ein bisschen unterdrücken." Dann der erste Gedanke nach dem Telefonat: "Oh Gott, was habe ich hier überhaupt gemacht?!" Der zweite: "Ich brauche neue Klamotten!"
Das mit dem Dating ist ja schließlich so eine Sache, und auch ohne weltweite Pandemie schon kompliziert genug. "Die gängigen Dating-Apps habe ich alle mal ausprobiert", sagt Tränka, "und dann nach einer Woche wieder gelöscht, weil es mich so genervt hat." Er hat die ersten beiden Staffeln von "Prince Charming" schon verfolgt. "Ich habe mich dann natürlich gefragt, ob ich mir das auch zutraue und ich Menschen daran teilhaben lassen möchte, wie ich jemanden kennenlerne".
Nach der Bewerbung – als normaler Kandidat, noch nicht als Prinz – habe es etliche Gespräche mit dem Sender und der Produktionsfirma gegeben. "Ich dachte dann, dass es wirklich eine coole Zeit und eine super Erfahrung werden könnte." Sich in der Show zu präsentieren, emotional wie körperlich, damit hatte der 31-Jährige dann auch keine Probleme. "In den ersten Tagen habe ich die Kameras schon noch wahrgenommen, aber irgendwann springt es um", sagt Tränka. "Dann werden die Kameras egal und man macht einfach."
Dass in der Dating-Show des Privatsenders zwischendurch auch mal die Hüllen fallen, versteht sich wohl von selbst. Doch in der Vergangenheit konnten selbst TV-Kritiker der Sendung Positives abgewinnen, lobten etwa den erfrischenden und respektvollen Umgang mit den Kandidaten. Und wie selbstverständlich thematisiert die Unterhaltungsshow auch Themen wie Akzeptanz, Sexualität und Probleme von schwulen und lesbischen Menschen. Im vergangenen Jahr gewann "Prince Charming" den renommierten Grimme-Preis.
"Ich glaube, wir alle haben durch die Show noch etwas dazugelernt", sagt Tränka, "mich selbst eingeschlossen." Im Laufe der Dreharbeiten habe er Kandidaten näher kennengelernt, die er wohl im echten Leben nicht angesprochen hätte. Er habe immer jemanden treffen wollen, der sehr maskulin ist, kantig, charakterstark. "Unterm Strich ist mir jetzt bewusst geworden, dass ich mich dadurch ganz vielen Menschen verschlossen habe." Dieses Schubladendenken sei ein Fehler gewesen: "Weil hinter vielen Menschen so viele tolle Geschichten stecken."
Die Geschichte von Kim Tränka ist vor allem eine sportliche: Aufgewachsen ist er in Stade, zusammen mit seiner älteren Schwester. Als Kind beginnt er mit dem Schwimmen, als Achtjähriger mit Kunstturnen, als 16-Jähriger mit Reiten. "Und ab da hieß es: Vollgas!" Ein Motto, das dann auch beim Tanzen galt, das er mit Anfang Zwanzig professionalisierte. "Auf einem Ball habe ich den Grün-Gold-Club aus Bremen gesehen und gedacht: Wow, das möchte ich auch!"
Neun Jahre tanzt er Lateinformation, zwischenzeitlich in Düsseldorf. Seit fast sechs Jahren lebt er wieder in Bremen, 2016 gewinnt er mit dem Bremer Grün-Gold-Club die Deutsche Meisterschaft. Tränka erinnert sich an seinen Wochenrhythmus damals: dreimal von 19 bis 22 Uhr in der Halle, dienstags Technik-Training, donnerstags Einzeltraining, vor Meisterschaften zusätzlich noch das komplette Wochenende. "Man muss für diesen Sport auch ein bisschen gaga im Kopf sein", sagt Tränka.
Er hat eine Ausbildung zum KfZ-Mechatroniker absolviert, weil er eigentlich KfZ-Design studieren wollte. Doch mit 19 Jahren kommt der Wendepunkt: Tränka wird Vater. "In dem Moment wurde das Geldverdienen wichtiger als der berufliche Werdegang", sagt er. Er arbeitet sich hoch innerhalb des Autohauses, vom Schrauber zum Serviceberater, dann zum Serviceleiter und schließlich zum Verkäufer. Ehrgeiz und Disziplin ziehen sich durch das Leben des Kim Tränka. "Wenn ich mir etwas vornehme, möchte ich auch gut darin sein", sagt er. "Ich möchte, dass es Erfolg hat, egal ob auf der Arbeit oder im Privatleben. Ich bin da schon sehr ziel- und leistungsorientiert."
Ob er als "Prince Charming" sein großes Ziel erreicht hat, werden die kommenden Wochen erst noch zeigen. Verraten, wie die Show ausgegangen ist, darf er natürlich nicht. Eine "emotionale Achterbahnfahrt" sei es am Ende geworden, bei der ihm auch die Redaktion kaum reingeredet habe: "Es sind alles meine Worte, meine Gedanken und meine Entscheidungen." Ein bisschen Zeit als Prinz wird er noch verbringen müssen. Über eine nächste Show habe er noch nicht wirklich nachgedacht. Wobei – "Let's Dance", das würde er schon gerne moderieren. Mit dem Ehrgeiz des Kim Tränka könnte das durchaus bald passieren. Und ab dann heißt es: Vollgas.