Was Eingeweihte längst erwartet haben dürften, ist nun auch offiziell: Der sogenannte Kirkeby-Turm auf der Domsheide steht jetzt unter Denkmalschutz. Wie Landeskonservator Georg Skalecki bestätigte, ist die Unterschutzstellung bereits am 18. Dezember vorgenommen worden. Von einem Überraschungscoup kann man aus seiner Sicht allerdings nicht reden. „Unser Vorhaben hatten wir allen Beteiligten schon lange angekündigt“, sagte Skalecki. Der formale Akt nehme nur immer eine bestimmte Zeit in Anspruch.
Für einige Unruhe hatte die Nachricht am Montag im Fachausschuss Bau, Mobilität und Verkehr des Beirats Mitte gesorgt. Die Befürchtung mit Blick auf die anstehenden Umbaupläne des zweitgrößten Verkehrsknotenpunkts in Bremen: Mit der Unterschutzstellung dürfe der rote Backsteinturm „um keinen Zentimeter“ versetzt werden. Dem allerdings widerspricht Skalecki vehement. „Im Vorfeld haben wir deutlich signalisiert, dass eine Verschiebung vorstellbar ist.“
Allerdings zeigt Skalecki auch die Grenzen einer Neuaufstellung auf. „Der Turm soll nicht auf irgendeinem Bauhof oder der Blockland-Deponie aufgestellt werden.“ Vielmehr müsse der räumliche Zusammenhang erhalten bleiben. Wenn der Turm verschoben werde, dann nur auf dem Areal der Domsheide. „Irgendwo in zentraler Stellung muss für ihn ein Platz gefunden werden.“ Zu beachten sei auf jeden Fall, dass der Turm nicht einfach abgeräumt und dabei womöglich zerstört werde.
Über die Standortfrage macht sich Skalecki keine Sorgen, er setzt auf eine enge Abstimmung zwischen Bauressort, Bremer Straßenbahn AG (BSAG) und Kulturbehörde. „Wir finden eine Lösung, da bin ich mir sicher.“
Zugleich lässt er keinen Zweifel daran, dass die Unterschutzstellung einen präventiven Charakter hat. Mit anderen Worten: Mit dem Siegel der Landesdenkmalpflege soll möglichen Überlegungen, sich des Turms als lästigem Verkehrshindernis kurzerhand zu entledigen, von vornherein ein Riegel vorgeschoben werden.
Einiges Rätselraten haben die zeitlichen Kriterien für eine Unterschutzstellung hervorgerufen. Immerhin ist der Backsteinturm des vor knapp zwei Jahren verstorbenen dänischen Bildhauers Per Kirkeby noch relativ jung, er wurde erst 1988 errichtet. Vielfach herrscht die Auffassung, nur betagte Bauten seien ein Fall für den Denkmalschutz.
Doch das ist laut Skalecki eine irrige Annahme. Die Denkmalpflege habe die Aufgabe, charakteristische Zeugnisse aus sämtlichen Architekturepochen sicherzustellen. Eine klar definierte zeitliche Grenze für Unterschutzstellungen sieht das Gesetz nicht vor. Gleichwohl haben sich die deutschen Landesdenkmalämter auf einen Zeitabstand verständigt. „Und der liegt bei einer Generation, also bei 30 Jahren.“
Turm wurde speziell für den Platz entworfen
Der Kirkeby-Turm passt mithin exakt ins Raster. Theoretisch könnten allerdings auch jüngere Objekte in den Genuss einer Unterschutzstellung kommen. „Bei Objekten, die noch keine 30 Jahre alt sind, müssen aber schon schwerwiegende Gründe vorliegen.“ Die er im Falle des Kirkeby-Turms durchaus für gegeben hält. Nicht nur, weil der Turm das Werk eines prominenten, international anerkannten Künstlers sei. Sondern auch, weil Kirkeby ihn ganz speziell für diesen Platz entworfen habe. „Das allein wäre schon ausreichend gewesen, die Schamfrist von 30 Jahren nicht einzuhalten.“
Nach Angabe der vom Kulturressort betreuten Website „Kunst im öffentlichen Raum“ ist der Turm die einzige „benutzbare“ Skulptur des Künstlers. Sein Auftrag: Er sollte ein technisches Bauwerk errichten, das gleichzeitig den Ansprüchen eines Kunstwerks genügt. Backsteinskulpturen gelten als sein besonderes Markenzeichen. Ursprünglich für die BSAG gebaut, diente der Turm zwei Jahrzehnte lang als Verkehrsleitzentrale. Nach der Umstellung auf elektronische Überwachung 2008 wurde das Bauwerk als Depot genutzt.